Bernd, Bruno, Claus, Conny, Holger, Jan, Jürgen, Lars, Piet, Sven und Werner kochen jeden Monat auf Spitzenniveau

Meckelfeld. Egal wo und mit wem man feiert: Die Küche ist das Herz der Party. Und wenn sowieso alle am Herd feiern, können sie sich auch gleich ans Werk machen, dachten sich die Männer vom Kochclub „Cuisine Culinaire“. Einmal im Monat treffen Sie sich zum Kochen und Essen auf höchstem Niveau. Dabei wird geklönt, geflaxt und gelacht und nebenbei werden flaschenweise gute Tropfen absorbiert. Die wenigsten fahren danach mit dem eigenen Auto nach Hause.

Ein Gewerbegebiet, Freitagabend, 18 Uhr. Das Vertriebszentrum eines Haushaltsgeräteherstellers hat seit einer halben Stunde geschlossen. Alle Fenster sind dunkel. Bis auf eines. Da beginnt der Parkplatz, sich wieder zu füllen. Männer tragen Kisten und Kartons ins Gebäude. Heute ist ihr Tag!

Bernd, Bruno, Claus, Conny, Holger, Jan, Jürgen, Piet, Sven und Werner packen aus. Sie haben Zutaten mitgebracht und Küchengeräte, die selbst in der hypermodernen Schauküche nicht vorhanden sind – dabei steht hier nur das Modernste vom Modernsten; schließlich dienen die Kochkurse, die hier sonst veranstaltet werden, auch der Werbung für die Weißware. Ein Vakuumiergerät, eine Eismaschine und einen Vakuumgarer gibt es hier jedoch nicht. Die Männer sind ausgerüstet. Der eine hat dies, der andere hat das, nur Piet hat etwas vergessen: die Austernmesser und den Trüffelhobel. Er wird gleich in die Strafrunde müssen: Ab nach Hause, Sachen holen.

Erst einmal ist jedoch Lagebesprechung angesagt. Die Männer setzen sich an den großen Tisch und gehen das Menü des Tages durch: Austern in Champagnersoße, Seeanemonen von der Jacobsmuschel, Schwarzfußhuhn Royale, Terrine vom niederländischen Käse. Nicht alle Zutaten waren zu bekommen. Das Schwarzfußhuhn, eine naturgefütterte französische Freilandrasse, wurde durch Neu Wulmstorfer Maispoularde ersetzt und auch die Terrine wird keine rein niederländische mehr sein. Das fuchst vor allem Piet etwas, denn er kommt aus dem Land von Arjen Robben und Frau Antje. Von dort brachte er die Idee des Kochclubs mit.

„Die Liebe hat mich nach Deutschland verschlagen“, sagt der Computer-Experte, „Aber zu meinem Kochclub nach Amsterdam fuhr ich immer noch möglichst einmal im Monat.“ Das bekam Bernd mit, der zu Piets Kunden gehört. Bernd war interessiert. Piet nahm ihn mal mit.

„Die 500 Kilometer nach Amsterdam haben wir uns über alles Mögliche unterhalten“, sagt Bernd, „die ganzen 500 Kilometer zurück nur noch über das Kochen und wie wir so einen Club in Hamburg aufziehen können.“

Gesagt, getan. Beide kennen viele Leute und hatten bald die „Cuisine Culinaire Rosengarten“ gegründet. Die Menüs und Rezepte bezieht Piet vom Club in Amsterdam. Heute hat er noch einen Punkt hinzuzufügen: Weil endlich eine Eismaschine da ist, kommt hinter den Käse noch ein süßes Dessert: Lavendeleis.

Bevor es losgeht, wird mit dem Küchenwein angestoßen. Der weiße Spanier wird nachher auch zur Jakobsmuschel gereicht und wird die Männer, die sich mittlerweile alle in schicke Kochhemden gekleidet haben, noch den ganzen Abend über die Hitze am Herd ertragen lassen. Gleich neben dem Kochwein liegen einige Meterbrote, Butter und Aufschnitt, damit man bis zum ersten Gang nicht verhungert.

Die Teams sind aufgeteilt. Die meisten kümmern sich um den Hauptgang: das Schwarzfußhuhn, das gar keines ist. Acht Vögel müssen zerlegt und filetiert werden. Währenddessen machen sich die anderen jeweils zu zweit an die anderen Gänge, bis auf Jürgen und Piet. Jürgen hat die Austern und Piet muss die Messer holen – und den Trüffelhobel, den brauchen Werner und Jan nachher für die Jacobsmuscheln. Erst einmal können die zwei jedoch so loslegen: Das Muschelfleisch muss fein eingeschnitten werden, damit es beim Braten aufgeht, wie eine Seeanemone. Das macht Werner. Jan bereitet derweil das Selleriepüree vor, auf dem sie die zwei Muscheln anrichten. Conny macht sich an die Käseterrine.

Piet ist wieder da, liefert die Werkzeuge ab und beschäftigt sich ab sofort nur noch mit dem Eisdessert. Währenddessen dreht Rita schon mal eine Runde. Sie ist die einzige Frau, die bei den Jungs geduldet ist. Rita ist die Hausherrin. Sie betreut hier sonst die Kochkurse. Heute hält sie sich meistens im Nebenraum auf, passt auf, dass nichts kaputtgeht, beantwortet die Wo-ist-Fragen und ab und an räumt sie den Kerlen auch mal hinterher. Die sind nämlich mit wichtigerem beschäftigt: Holger plattiert die Hühnerbrüste im kombinierten Tim-Mälzer-André-Aggassi-Stil mit einem Hauch von Hau-den-Lukas. Drei andere stehen um ihn herum und geben Tipps.

„Zu Tisch!“ ruft Piet zum ersten Mal. Alle unterbrechen ihre Arbeit und kommen. Die Austern sind fertig. Schon optisch ein Gedicht, mit feinen Seetangstreifen angerichtet. Die Augenweide erweist sich als Gaumenschmaus: Die leichte Säure der Champagnersoße und der Seegeschmack von Auster und Tang ergeben eine ungeahnte Kombination. Dazu gibt es Prosecco, danach Manöverkritik. Jeder muss sich äußern. Alle schwärmen. Der Abend geht gut los.

Das Hühnerteam muss derweil die Filets vakuumieren und die Vakuumbeutel in die Sous Vide – den Vakuumgarer – geben. Dort sollen sie bei Niedrigtemperatur im Wasserbad ziehen. Der Rest der acht Vögel wird zu Soße zerkocht und reduziert. Aus den Lebern bereitet Bernd ein Püree. Das soll in kleinen Portionen gefroren und später zum Huhn gereicht werden.

„Zu Tisch!“ Die Jacobsmuscheln sind wieder ein Volltreffer. Nicht nur, dass sie schön aufgegangen sind und tatsächlich wie Seeanemonen aussehen. Sie sind auf den Punkt gegart und zergehen auf der Zunge. Dazu eine Kräuter-Trüffel-Tapenade, die alle begeistert und als Überraschung des Tages das einfache aber sehr schmackhafte Selleriepüree.

Das Hühnerteam muss sich ranhalten. Ein erster Probeschnitt in eines der Filets macht Sorgen: Gar ist anders! Nun muss man das Rezept übergehen und länger garen als angegeben. Nicht so schlimm: Auch die Soße braucht noch etwas. Sie wird mit je einer Flasche Cognac und Wein verfeinert. Nach und nach macht sich bei den Kochenden ein deutlicher Dinner-for-one-Effekt bemerkbar.

Am Tisch sorgt das Huhn für geteilte Meinungen. Dass das Fleisch im Vakuum-Wasserbad unglaublich zart geworden ist, bestreitet niemand. Einige bemängeln jedoch, dass es höchstens einen Hauch von Eigengeschmack mitbringt. Umso mehr Geschmack ist in der Soße, „Aber dass wir den größten Teil von acht Tieren, die getötet wurden, um uns zu ernähren, nur verwendet haben, um eine leckere Soße zu kriegen, finde ich bedenklich“, sagt Claus. Das Leber-Eis fällt ganz durch. Alle finden, dass der Aufwand für das Rezept das Ergebnis nicht rechtfertigt, aber dass der rote Franzose, der den Gang begleitet, ein Gedicht ist.

Auch die Käseterrine findet nicht nur Freunde in der Runde. Connys Portwein-Balsamico-Sirup, mit dem sie angerichtet ist, wird allerdings gelobt.

Nun fehlt nur noch das Eis. Und hier hat Piet bewiesen, dass sich großer Aufwand doch lohnen kann: In einem See aus pürierten Beeren steht ein Podest aus glasiertem Schokoladenkuchen und Mousse, das einen Korb aus Karamellfäden trägt, worin eine Kugel Lavendel-Eiscreme thront.

Man ist zufrieden mit dem Abend. Das Aufräumen ist schnell erledigt, das meiste wurde dem Club ja schon diskret abgenommen. Die Telefone werden gezückt und die Abholungen arrangiert. Die Männer überlegen, ob sie beim nächsten Mal nicht ihre Partnerinnen einladen wollen. Besser beim übernächsten, ist der Beschluss. Es ist 1 Uhr nachts. Die Autos holen die Männer morgen.