In der TUHH-Versuchshalle testeten zukünftige Ingenieure die Haltbarkeit ihrer Modelle – mit erstaunlichen Ergebnissen

Harburg. Schönes Brückenmodell, dies ist dein Ende. Während der vergangenen drei Monate, zum Abschluss des fünften Semesters, hatten rund 100 Studierende des Bachelor-Studiengangs Bau- und Umweltingenieurwesen an der Technischen Universität Hamburg Harburg (TUHH) nach eigenen Vorstellungen und Berechnungen insgesamt 27 Holzbrückenmodelle angefertigt.

Was die Konstruktionen taugen, lässt sich in der Theorie annähernd mit mathematischen Formeln zu Papier bringen. Doch was ist die Theorie schon gegenüber der Praxis, wenn echte Kräfte auf Hölzer und Spanndrähte einwirken, wenn Messgeräte anzeigen, welche Belastung an der Konstruktion zerrt und schließlich Holzleisten knacken, zersplittern und im nächsten Moment aus gut zwei Metern Höhe zu Boden fallen.

Am Freitagvormittag war es soweit. In der gemeinsamen Versuchshalle der Institute für Stahlbau und Massivbau an der Denickestraße 15 hatten sich die Studierenden mit ihren Modellen eingefunden, um zusammen mit Massivbau-Institutsleiter Prof. Dr. Viktor Sigrist, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Björn Schütte und Mitarbeiter Harald Finger die hydraulische Belastungsmaschine in Aktion zu sehen. Mit Smartphones und Tablets in den Händen drehten Studierende Videos vom Ende ihres Modells. Wenn das Holz knackte und splitterte, flossen keine Tränen. Im Gegenteil: Gelächter und heitere Sprüchen waren jedes Mal zu hören.

Vor allem aber gab es jede Menge Worte der Anerkennung vom Professor. Besonderes Lob ernteten die Studierenden Paul Vogel, Zheng Fang und Jonas Müller, deren Bügelbrücke mit knapp 1,2 Tonnen die höchste Belastbarkeit erreichte. „Man könnte einen Kleinwagen an diese selbst nur 1,5 Kilogramm schwere Holz- und Drahtkonstruktion hängen“, lobte Viktor Sigrist. „Ein wirklich herausragendes Ergebnis.“ Bei der Konstruktion, die eine gewisse Ähnlichkeit mit der Fehmarnsund-Brücke hat, sorgten die Studierenden als einzige beim Verleimen für eine Vorspannung der unter den Bügeln hängenden Straße. „Das hat die zusätzliche Belastbarkeit gebracht“, sagt Paul Vogel.

Und er erklärt, dass sie die Spannung in die geleimte T-Träger-Konstruktion mit untergelegten Leisten und Schraubzwingen erreichten. Etwa zehn Tage lang hatte jedes Team an seinem Modell gebaut. „Wir haben täglich etwa drei bis vier Stunden daran gearbeitet“, sagt Jonas Müller. Konstruiert wurde zumeist in der von Hartmut Gieseler geleiteten Holzwerkstatt der TUHH.

Alle Studierenden hatten als vorlesungsbegleitende Übung dieselbe Aufgabe vorgelegt bekommen. Vorgegeben war die Spannweite von 80 Zentimetern und eine ein Zentimeter starke und sechs Zentimeter breite Holzleiste als Fahrbahnplatte. Der Auflagerüberstand beträgt beidseitig fünf Zentimeter. Für die tragende Konstruktion war eine maximale Bauhöhe von zwanzig Zentimetern nach oben oder unten als Begrenzung festgelegt.

Lediglich Holz und Stahldraht sowie Leim durften als Baumaterialien verwendet werden. Jedes Team musste selbst je nach Konstruktion die benötigte Menge ermitteln und die Bestellung bei Björn Schütte aufgeben.

Und letztlich wurden für die angefertigten Modelle auch einige Punkte vergeben. Für die Bewertung der Konstruktionen waren drei Kriterien festgelegt. Zunächst ging es um die Ästhetik der Brücke, die von Sigrist und einer Gruppe Mitarbeitern beurteilt wurde. In weiterer Betrachtung war die statische Effizienz der Konstruktion zu beurteilen, die im Verhältnis zum Eigengewicht stehende Traglast. Und letztlich wurde auch die planerische Qualität geprüft. Dabei wurde das Gewicht des ausgegebenen Baumaterials mit dem Gewicht des Brückenmodells verglichen.

Aber letztlich zeigte der Belastungstest doch die wahre Qualität. Und manche vorher abgegebene Prognose musste nach dem krachenden Ergebnis korrigiert werden. Was auf den ersten Blick massiv und stabil wirkt, hält eventuell weniger aus, als ein schlankes und drahtiges Gebilde.