Eine Fläche im neuen Nenndorfer Gewerbegebiet wollten die Gremien nicht zur Verfügung stellen. Es fehlen 1496 Plätze

Nenndorf. Einmal mehr wurde am Dienstagabend im Rathaus der Gemeinde Rosengarten deutlich, wie groß die Not bei der Unterbringung von Flüchtlingen ist. Die Zeit drängt. Freie Flächen und Gebäude sind kaum verfügbar. Immer noch kommen jede Woche 40 Flüchtlinge in den Landkreis. Obwohl in Winsen derzeit eine Unterbringung entsteht und die Landkreisverwaltung 16 Objekte und Grundstücke prüft, fehlen zurzeit noch 1496 Plätze, um den Flüchtlingen, die in diesem Jahr in den Landkreis Harburg kommen, Unterschlupf zu bieten. Denn bis Ende 2015 erwartet der Landkreis schätzungsweise 1853 Asylbewerber. Lediglich 357 Plätze in Containern, Hotels und anderen Unterkünften sind bislang gesichert. „Die Fallzahlen überrollen uns. Ab März müssen wir über Notunterkünfte sprechen“, sagte Monika von der Heide, Leiterin der Abteilung Soziale Leistungen bei der Landkreisverwaltung.

Wenn die Gemeinde Rosengarten eines verhindern möchte, dann ist es, Turnhallen als Notunterkünfte für Flüchtlinge bereitstellen zu müssen. Und so war schon vor der Sitzung am Dienstagabend im Rathaus Nenndorf klar, dass in jedem Fall am Ende konkrete Vorschläge von Flächen und Objekten auf dem Tisch liegen müssen. Die gab es auch. Allerdings nicht zwei, wie von der Verwaltung erhofft, sondern nur ein Grundstück. Es handelt sich um eine etwa 4000 Quadratmeter große Fläche nördlich des Nenndorfer Friedhofs an der Eckeler Straße. Der ehemalige Bürgermeister Dietmar Stadie hatte noch vor Ende seiner Amtszeit dafür gesorgt, dass die Gemeinde das Grundstück kauft, um es für die Flüchtlingsunterbringung bereit zu halten. Die Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses und des Jugend- und Sozialausschusses und der Ortsrat Nenndorf empfahlen, das Areal dem Landkreis anzubieten.

Die Sache hat nur einen Haken: Das Grundstück würde den Landkreis viel Geld kosten. Es ist nicht erschlossen und so müssen schätzungsweise 60.000 Euro investiert werden. Ein Problem angesichts der bereits explodierten Kosten und des erwarteten Defizits von 18 Millionen Euro für den Landkreis in diesem Jahr. Deshalb wiederholte Bürgermeister Dirk Seidler gebetsmühlenartig seinen dringenden Appell, auch andere Flächen anzubieten. Zur Diskussion stand neben der Fläche am Nenndorfer Friedhof ein Grundstück im Gewerbegebiet Ost in Nenndorf. „Wir können nicht mehr auswählen. Wir müssen jedes Grundstück zur Verfügung stellen, auf das wir schnell zugreifen können“, sagte Seidler. Er fürchtet, dass der Landkreis – sollten die Gemeinden ihm nicht genügend Unterkünfte melden – sich am Ende genötigt fühlt, die Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung an die Gemeinden zu übertragen. Eine berechtigte Angst. Erst vor wenigen Wochen hatte Landrat Rainer Rempe in einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt betont, dass alle solidarisch ihren Beitrag leisten müssten. „Geschieht das nicht, ist es denkbar, dass wir die Unterbringung der Flüchtlinge wieder auf die Gemeinden übertragen.“ Seidler dazu: „Wir haben gar nicht das Personal dafür, um das zu leisten. Es ist wichtig, dass wir den Landkreis weiter im Boot haben.“ Doch es half nichts.

Mit einer knappen Mehrheit entschieden die Gremien, zwar die Unterbringung am Friedhof in Nenndorf auf den Weg zu bringen, aber zunächst die Finger von der Fläche am Eingang des neuen Gewerbegebiets in Nenndorf zu lassen. Offenbar reagierte die Politik so zurückhaltend, weil das Grundstück im Nenndorfer Gewerbegebiet so gut wie verkauft ist.

Die Gemeinde wird nicht umhin kommen, dem Landkreis weitere Grundstücke anzubieten. Schließlich muss sie in diesem Jahr insgesamt 120 Flüchtlinge aufnehmen. Über Alternativflächen soll der Verwaltungsausschuss in seiner nächsten Sitzung befinden. Diese drei weiteren Flächen, auf die die Gemeinde schnell zugreifen kann, weil sie ihr gehören, sind noch im Gespräch: ein Grundstück in Eckel an der Eckeler Straße neben dem Sportplatz. Das ist aber eigentlich für ein Backhaus des Heimatvereins reserviert. Ein weiteres gemeindeeigenes 4,5 Hektar großes Grundstück befindet sich in Nenndorf an der Groteschen Heide, ist aber für die Wohnbebauung vorgehalten. Dann ist da noch ein freies Grundstück am Friedhof in Klecken. Da aber Klecken bereits mehr als die Hälfte der 70 Flüchtlinge in der Gemeinde Rosengarten aufgenommen hat und Einigkeit darüber herrscht, die Asylbewerber auf die einzelnen Dörfer aufzuteilen, ist auch diese Fläche umstritten.

Allerdings verhandelt der Landkreis auch mit Privateigentümern. So ist es für Steffen Lücking, der das Apartmenthaus Rosengarten in Tötensen kürzlich vom Ehepaar Heitmann erworben hat, durchaus vorstellbar, dort Flüchtlinge wohnen zu lassen. Empört reagierten Karin und Horst Dieter Heitmann darauf, dass neben dem Apartmenthaus auch ihr Hotel Rosengarten, das sie bislang nicht verkauft haben, in der Sitzung als mögliche Flüchtlingsunterkunft gehandelt wurde.

Noch ein weiteres Angebot des Investors sorgt für Überraschung

Wie das Hotel Rosengarten auf die Liste von eventuellen Unterkünften gelangte, konnte am Ende keiner mehr erklären. Im Laufe ihrer Präsentation stellte Monika von der Heide vom Landkreis Harburg aber klar: „Der Eigentümer ist nicht bereit zu vermieten.“ Auch Karin und Horst Dieter Heitmann betonten gegenüber dem Abendblatt, dass der Hotelbetrieb aufrechterhalten bleibe und das Haus nicht für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung stehe.

Für Überraschung sorgte ein weiteres Angebot des Investors Lücking. Er erwägt, auch in Vahrendorf an der Ehestorfer Straße eine Containeranlage für 60 Flüchtlinge aufstellen zu lassen – neben einer Immobilie mit Eigentumswohnungen und Tiefgarage, die er finanziert hat. Er weiß, dass ihm sein Vorhaben Protest einhandeln könnte. „Ich bin mir aber meiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst“, sagt er.