Mehrere Fraktionen fordern, das Neugrabener Areal nicht mehr als Überschwemmungsgebiet auszuweisen

Neugraben. Die Ausweisung des Falkengrabens als Überschwemmungsgebiet sorgt weiterhin für jede Menge Diskussionsstoff. Wie bereits berichtet, war die Risikoeinstufung des Gewässers kurz vor dem Jahreswechsel nach einer umfassenden Analyse durch die Umweltbehörde (BSU) erfolgt. Im Vorfeld der nächsten Bezirksversammlung am Dienstag, 27. Januar, haben nun gleich mehrere Fraktionen die Rücknahme dieser Entscheidung gefordert.

In einem interfraktionellen Antrag fordern die Grünen, die Linken, die Neuen Liberalen und der FDP-Abgeordnete Carsten Schuster „eine Aufhebung des Überschwemmungsgebiets Falkengraben/Scheidebach durch die zuständige Fachbehörde“. Die Einschränkungen für die Eigentümer und Anlieger seien erheblich und vor allem unnötig. Bliebe es bei der Einstufung, hätte das Auswirkungen beispielsweise auf Neubauvorhaben, die den Bauherren deutlich aufwendigere Schutzmaßnahmen aufzwingen würden.

Aus Sicht der Antragsteller weisen Falkengraben und Scheidebach nicht die Eigenschaften eines oberirdischen Gewässers auf, die eine Ausweisung als Überschwemmungsgebiet rechtfertigen würden. So hätten beide keine Quelle und würden überwiegend als Straßenbegleitgräben fungieren, die vor allem „Niederschlagswasser vom Falkenbergsweg, dem Haferacker und anliegenden Grundstücken aufnehmen und Abwasser vom Wasserwerk Falkenbergsweg ableiten“.

Somit seien Falkengraben und Scheidebach wasserrechtlich Abwassergräben, die laut EU-Richtlinie 2007/60/EG keiner Ausweisung als Überschwemmungsgebieten unterlägen. Falkengraben und Scheidebach wären faktisch „vergleichbar mit einem unterirdischen Regenwassersiel. Und diese seien auch in Übereinstimmung mit Paragraf 72 des nationalen Wasserhaushaltsgesetzes von einer Überschwemmungsbetrachtung ausgenommen.

Die Antragsteller führen aber noch weitere Argumente ins Feld. Gemäß Angaben des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) umfasst das Einzugsgebiet des Falkengrabens/Scheidebachs 14,33 Quadratkilometer. Davon sollen aber 6,91 Quadratkilometer außerhalb Hamburgs liegen, nämlich im Land Niedersachsen. Die Landesgrenze liegt etwa 400 Meter vom Beginn des Grabens an der Wendeschleife Waldfrieden entfernt.

„Es gibt keine Verbindung von der niedersächsischen Seite in Form von Gräben zum Falkengraben. Damit gibt es auch kein berechenbares Strömungsvolumen, das in den Falkengraben fließt“, sagt Grünen-Fraktionschefin Britta Herrmann. Dadurch reduziere sich das Einzugsgebiet auf 7,42 Quadratkilometer. „Für Einzugsgebiete unter zehn Quadratkilometern sind gemäß LSBG-Bericht Nummer 15, Seite 8 aber keine Überschwemmungsgebiete auszuweisen“, so Herrmann.

Gegen die Risikobewertung spreche zudem, dass zahlreichen Querungen wie B 73 und S-Bahn den Wasserablauf in die Überschwemmungsgebiete ohnehin bremsen würden. In der Vergangenheit sei es vor allem im Bereich südlich der B73 zu Problemen gekommen, wie zuletzt im Sommer 2014, nicht aber in den vorgesehenen Überschwemmungsgebieten nördlich der B 73. „All dies lässt Zweifel an der Richtigkeit der angewandten Niederschlags- und Abflussmodelle sowie der gesetzlich vorgeschriebenen Validierung und Plausibilitätskontrollen aufkommen“, sagt Kay Wolkau, Fraktionschef der Neuen Liberalen. Damit seien Sinn und Zweck der Ausweisung der Überschwemmungsgebiete nicht erkennbar. Weshalb grundsätzlich der Instandhaltung und partiellen Beseitigung von Schwachstellen den Vorzug zu geben sei gegenüber der Ausweisung von Überschwemmungsgebiete. Die schließlich einen massiven Eingriff in das Eigentum der Bürger bedeuten würde.

Die Behörde sah das bislang anders. „Entscheidend für die Neuausweisung waren sogenannte Signifikantskriterien für das Einzugsgebiet des Grabens“, so Olaf Simon vom BSU-Referat Überschwemmungsgebiete. Im Falle einer Überflutung des Falkengrabens seien nicht nur bis zu 37 Gebäude betroffen, darunter der Standort An der Falkenbek der Katholischen Schule Neugraben, sondern auch die Autobahn 7 und die Bundesstraße 73. Weil der Falkengraben der Tiefpunkt des Einzugsgebietes sei und es Zuflüsse aus allen umliegenden Flächen gebe, wie die Unwetterlagen am 1. August 2002 und am 9. Juli 2014 gezeigt hätten.

Aus Sicht der Großen Koalition ist die Einschätzung der Umweltbehörde durchaus plausibel. „Sämtliches oberirdisches und unterirdisches Wasser innerhalb des Einzugsgebietes fließt auf das Gewässer zu. Wenn man diesem Gedanken folgt, dürfte es zu keiner Aufhebung des Überschwemmungsgebietes Falkengraben kommen“, heißt es in dem gemeinsamen Antrag von SPD und CDU.

Allerdings habe die BSU eine Prüfung aller Überschwemmungsgebiete in Hamburg verbindlich zugesagt. Festgestellt werden soll, ob beispielsweise Aufhebungen, Verkleinerungen oder generell Veränderungen möglich seien. „Das Überschwemmungsgebiet Falkengraben/Scheidebach ist Bestandteil dieses Prüfungsverfahrens, dessen Ergebnis im 1. Quartal 2015 vorgelegt werden soll. Wir erwarten, dass die Fachbehörde die den Bezirk Harburg betreffenden Resultate Bezirksverwaltung und Bezirksversammlung dann unverzüglich zugänglich macht“, so die Fraktionschefs Jürgen Heimath und Ralf-Dieter Fischer unisono.