Feierstunde an der Lüneburger Leuphana-Universität, doch es gibt auch immer noch Proteste

Lüneburg. Seine Zähne sind zackig, Geldscheine flattern in den Schlund des Monsters auf dem Aufkleber an der Fußgängerampel zum Campus der Leuphana Universität Lüneburg. „Bildung statt Prestige“ fordert der Zeichner darunter. Auf der anderen Seite der Straße lächelt ein strahlender Mann mit blonden Locken Dutzende Menschen an: „Schön, dass Sie da sind. Wunderbar. Gell?“ Das Monster aus der kritischen Karikatur feiert in der Realität Richtfest: das neue Zentralgebäude der Hochschule, entworfen von Daniel Libeskind, das Geldscheine im Wert von mehr als 70 Millionen Euro kosten wird.

„Willkommen an der Leuphana Universität“, heißt es von einem Banner auf dem Sichtbeton, dessen Rohbau gut dreieinhalb Jahre nach der Grundsteinlegung fertiggestellt ist. Den großen Saal hat das Präsidium für diesen Tag zur Festhalle gemacht. Bierzeltbänke bieten Sitzplätze für 700 Menschen, jeder Popo hat ein eigens für den Anlass hergestelltes Kissen unter sich.

Weiße Hussen machen aus einfachen Bänken festliche Reihen, ein junger Pianist spielt am Konzertflügel, zwei riesige Bildschirme übertragen Redner und Musiker für die Festschar – darunter macht es das Trio aus Präsident, Vize und Architekt nicht.

Viel mehr als 700 Menschen sind an diesem Mittag in das aufregendste Bauprojekt der kleinen Stadt der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart gekommen. Viele von ihnen Studierende. Und wie immer, wenn es um das protzige Projekt der 9000-Studenten-Uni geht, nicht nur Fans.

„Wenn wir das hier nicht hätten, könnten wir uns Hörsäle leisten“, ruft jemand durch die Halle, als Holm Keller auf die Bühne tritt. Und der Vizepräsident, ehemaliger Opernregisseur und Unternehmensberater, ehemaliger Geschäftspartner von Architekt Daniel Libeskind und einstiges Objekt staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, sagt ins Mikrofon: „Möchten Sie aussprechen? Dann haben Sie jetzt Gelegenheit.“

Der junge Mann verstummt. Keller ist Vollprofi. Mit einem weißen Bauhelm auf dem Kopf steht er auf der Bühne zwischen den zwei Bildschirmen, die seinen Kopf wie bei einem Pop-Konzert bis ganz nach hinten sichtbar machen.

„Die Finanzierung ist sicher“, sagt Holm Keller. So wie die Rente?, mag es denen durch den Kopf schießen, die noch den ursprünglichen Kostenrahmen von 57,7 Millionen Euro im Kopf haben. „Auch für mögliche Risiken hat die Universität Vorsorge getroffen.“ Mit seinem Energiekonzept werde das Zentralgebäude „wohl eines der nachhaltigsten öffentlichen Gebäude Europas sein“. Nun aber das Wichtigste: „Jeder darf sich sein Kissen mitnehmen.“ Applaus.

Karim Said setzt sich ans Piano, mit Mütze auf dem Kopf füllt er den Raum mit Musik. Drei Stücke, dann kommt Daniel Libeskind.

Der Architekt trägt edelste Cowboystiefel und keinen Helm. Spricht ins Mikro, er sei „really thrilled“, wirklich begeistert, hier zu sein. Erzählt, dass er sein Arbeitsleben als Musiker begonnen hat, von der musikalischen Struktur von Gebäuden, von der Zukunft der Menschen auf der Erde und im Weltall. Ein Haus, sagt er, habe eine Aufgabe: Menschen zusammenzubringen.

Das soll das neue Zentralgebäude nicht nur in Seminarräumen und dem Auditorium Maximum, sondern auch in einem Raum der Stille, von der katholischen und der evangelischen Kirche sowie jüdischen Gemeinden und der Klosterkammer Hannover gemeinsam getragen.

Und in ziemlich genau zwei Jahren sollen sich sehr viele der mehr als 700 Menschen an dieser Stelle: zur Einweihung des teuersten und spektakulärsten Baus der ganzen Region.