Nach mehr als fünf Jahren Diskussion um das Clement-Grundstück hat der Gemeinderat eine Entscheidung getroffen

Jesteburg. Es ist entschieden: Nach mehr als fünf Jahren Diskussion wird auf dem Clement-Grundstück im Dorfkern Jesteburgs ein Gesundheitszentrum gebaut. Dies hat der Gemeinderat bei der ersten Sitzung des Jahres am vergangenen Mittwoch beschlossen.

Viele Einwohner wollten sich diesen Abend nicht entgehen lassen, die Zuschauerreihen waren voll besetzt, einige Anwesende mussten sogar stehen. „Es muss doch auch mal was entschieden werden“, mahnte Ortsbürgermeister Udo Heitmann, bevor er die fast zweieinhalbstündige Diskussion um den betreffenden Tagesordnungspunkt eröffnete. Zunächst stellten die beiden konkurrierenden Architekten gemeinsam mit ihren Investoren noch einmal ihre Konzepte für die Bebauung des östlichen Teils des prominenten Grundstücks vor. Sowohl was die Architektur als auch die Nutzung angeht, unterschieden sich beide Entwürfe nur minimal voneinander. Beide Interessenten planen eine Kombination aus Gewerbe und Eigentumswohnungen. Im Erdgeschoss sollen Arztpraxen, eine Apotheke und Räumlichkeiten für einen ambulanten Pflegedienst entstehen. Die Nutzung des ersten Stocks könnte variabel aus Wohnungen, Praxen oder auch Büros bestehen, das Dachgeschoss ist ausschließlich für Wohnungen reserviert. Der Buchholzer Architekt Johann Klaus Tipke hatte am Mittwochabend als erster die Gelegenheit, sein bauliches Konzept zu präsentieren. Er wollte einen Bau in U-Form realisieren. Die beiden Gebäudeteile sollten durch einen Durchgang verbunden werden, der als kleine Fußgängerzone hätte fungieren können. Investor Lücking wollte mit Tipke in den darüber liegenden Geschossen maximal 14 barrierefreie Eigentumswohnungen errichten. Optisch sehr ähnlich ist das Konzept des Investorenteams Bernatzki/Brauer. Der Itzenbütteler Architekt Axel Brauer hatte sein Gebäude allerdings schon vor mehr als einen Jahr geplant und der Gemeinde damals auch schon gemeinsam mit dem Pflegedienstbetreiber Ole Bernatzki eine Nutzung als Gesundheitszentrum vorgeschlagen. Sein Bau ist etwas kompakter, wird aber aufgelockert durch die nach oben hin gestaffelte Fassade und große Fenster. Außerdem präsentierte er zum ersten Mal seine Investoren, zum einen den Marxener Bauunternehmer Wolf Dietrich Witt und den Zimmerermeister Björn Bardowicks aus Stöckte. Bevor Architekt Brauer den Gemeinderatsmitgliedern seinen neusten überarbeiteten Entwurf präsentierte, ergriff sein Kompagnon Ole Bernatzki das Wort. Er sprach sich als Betreiber des örtlichen ambulanten Pflegedienstes mit mehr als hundert Mitarbeitern ganz explizit für das Konzept aus, das er gemeinsam mit Brauer auf den Weg gebracht hatte, einer Zusammenarbeit mit Investor Lücking erteilte er eine definitive Absage.

Nachdem beide Architekten ihre Planungen vorgestellt hatten und anschließende Fragen geklärt worden waren, rief Ortsbürgermeister Udo Heitmann nach zwei Stunden Tagung erst einmal eine Sitzungspause aus. Im Anschluss wurden dann tatsächlich Nägel mit Köpfen gemacht. Nachdem die Ratsmehrheit zunächst grundsätzlich dafür plädiert hatte, die 2608 Quadratmeter große Fläche nicht länger brach liegen zu lassen, wurde in geheimer Wahl abgestimmt. Das Ergebnis war eindeutig: Von 20 Anwesenden stimmten 14 für die Investoren Brauer/Bernatzki, vier sprachen sich für das Konzept Lückings aus, ein Ratsmitglied enthielt sich der Stimme.

Wie emotional diese Entscheidung letztendlich war, sah man auch an dem enthusiastischen Applaus aus den Reihen der Zuschauer, als das Abstimmungsergebnis verlesen wurde. Weiterhin beschloss man, die Stimmzettel dieser für Jesteburg durchaus historischen Entscheidung zu archivieren. „Ich freue mich, dass die Jesteburger sich für meinen Entwurf, hinter dem ich mit vollem Herzen stehe, entschieden haben“, sagte ein erleichterter Axel Brauer im Anschluss.

Dennoch gibt es nach wie vor Skeptiker innerhalb der Jesteburger Bevölkerung. Hansjörg Siede vom Jesteburger Bürgerforum kritisiert die Entscheidung des Gemeinderats und spricht von vertanen Chancen: „Statt einer offenen, sachlichen und konstruktiven Diskussion mit den Bürgern wurde, fachlich nicht nachvollziehbar, die Entscheidung getroffen, die Diskussion über das Clement’sche Areal endlich zu einem Ende zu bringen.“ Blindlings habe der Gemeinderat nach dem Leckerbissen geschnappt, der ein Ende der Diskussionen versprochen habe und viel Geld in die Gemeindekassen spülen werde. Er habe sich selbst „in völlig unprofessioneller und fahrlässiger Art und Weise“ fast jeden Verhandlungsspielraum genommen.

Wenn der Kauf des Grundstücks im Wert von über 620 000 Euro abgewickelt ist, wird das Projekt konkret. Sind die Änderungen des Bebauungsplans und die Genehmigungsverfahren durch, könnten in der zweiten Jahreshälfte dann die Bagger anrollen. Wenn alles reibungslos verläuft, könnte in Jesteburg tatsächlich 2016 das neue Gesundheitszentrum eingeweiht werden.