Oberbaudirektor Jörn Walter räumt der Idee einer U-Bahn auf der Wilhelmsburger Reichsstraße indes keine Chance ein

Wilhelmsburg. Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter räumt der Idee des Wilhelmsburger Politikwissenschaftlers Michael Rothschuh keine Chance ein, die U4 als Stadtbahn oberirdisch auf der jetzigen Trasse der Wilhelmsburger Reichsstraße entlang zu führen, wenn die Bundesstraße voraussichtlich 2019 verlegt sein wird. Selbst wenn die geplanten 4000 zusätzlichen Wohnungen auf den Elbinseln gebaut sein werden, hätte Wilhelmsburg mit dann mehr als 60.000 Menschen zu wenig Einwohner, damit eine U-Bahn allein für den Stadtteil rentabel würde. Das sagte Jörn Walter am Mittwochabend bei einer Diskussion zur Stadtentwicklung im Bürgerhaus Wilhelmsburg. Gastgeber war der Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg.

In Hamburg gebe es dringlichere Strecken, die realisiert werden müssten. Stadtteile mit 100.000 oder gar 150.000 Menschen seien noch ohne Anbindung an den schienengebundenen Nahverkehr. „Die werden mit Sicherheit eher kommen“, sagt Jörn Walter.

Eine U-Bahn auf der Trasse der jetzigen Wilhelmsburger Reichsstraße hätte laut Jörn Walter einen erheblichen Nachteil: Die Strecke läge zu nah an der vorhandenen S-Bahntrasse. Die „Rothschuh-Trasse“, wie der Oberbaudirektor selbst sagt, würde weder das Reiherstiegviertel noch den Ortsteil Kirchdorf-Süd ausreichend anschließen. Sollte die U4 einmal in den Hamburger Süden verlängert werden, dann werde sie genau in diese Quartiere führen.

Weiter mache es seiner Meinung nach wenig Sinn, den Wilhelmsburger Süden am Haulander Weg an eine U-Bahn anzuschließen. Das Quartier sei so dünn besiedelt, dass es schon schwierig sei, einen Linienbus dorthin zu kriegen. „Den Schienenverkehr, dorthin zu kriegen, wo keiner ist, dass ist das Problem der Idee einer U-Bahn auf der Reichsstraße“, so Jörn Walter.

Selbst für den Fall, dass Senat und Hochbahn den Vorschlag realisieren wollten: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er in den nächsten 20 Jahren realisiert wird“, so Jörn Walter weiter. Vielleicht hätte die Idee eine Chance, sollte Hamburg Ausrichter der Olympischen Sommerspiele werden.

Ist die Idee einer U-Bahn als Stadtbahn auf der jetzigen Wilhelmsburger Reichsstraße parallel zu einem Fahrradweg damit beerdigt? Für die mehr als 100 Besucher der Diskussion offenbar nicht. Nachdem Michael Rothschuh seine Idee in den Grundzügen präsentiert hatte, erhielt der dafür großen Applaus.

Mehrere Besucher äußerten Zweifel an der Einschätzung des Oberbaudirektors, dass die „kritische Masse“ für eine derartige U-Bahn in Wilhelmsburg nicht vorhanden sei. Sie berichten von überfüllten S-Bahnzügen und Bussen während des Berufsverkehrs. „Es ist eine Katastrophe in der S-Bahn“, sagte Jürgen Wunder.

Der Ideengeber selbst teilt die Bedenken zur Finanzierbarkeit nicht. Im Gegenteil: Die Trasse sei vorhanden, der Grund und Boden im öffentlichen Besitz. „Das wäre die billigste U-Bahn, die man in Hamburg überhaupt bauen könnte“, entgegnet Michael Rothschuh. Grundsätzlich hält er die Strategie für falsch, erst Neubaugebiete auf den Elbinseln zu errichten und anschließend eine U-Bahn zu planen.

Michael Rothschuh appelliert, keine Entscheidung zu treffen, die von vornherein eine U-Bahn auf der Trasse der jetzigen Reichsstraße verhindert. Der geplante Abriss des Damms und der Bau von Gebäuden auf der Trasse zwischen dem Bürgerhaus und dem Gebäude der Behörde für Stadtentwicklung würde seiner Meinung nach auf absehbare Zeit jede U-Bahn in Wilhelmsburg verhindern. 20 Millionen Euro würde der Rückbau des Damms kosten. Das hat die IBA Hamburg inzwischen von einem Gutachter ermitteln lassen. Geld, dass die Stadt besser sparen könnte, so Michael Rothschuh.

Wie die Wilhelmsburger ihre Interessen vertreten sollten, will Moderator Hartmut Sauer am Ende von Jörn Walter wissen. Der Oberbaudirektor rät zu einer zurückhaltenden Sachlichkeit. Andere Hamburger Stadtteile hätten ihre Projekte zurückstellen müssen. Wilhelmsburg habe die meisten Schulneubauten erhalten. „Sie sollten nicht beim Rest der Stadt den Gesamteindruck erzeugen“, so Jörn Walter, „Wilhelmsburg kriege den Hals nicht voll.“ Billstedt etwa sei auch ein Stadtteil, der viel aushalten müsse.