Beim Surfen im Web gucken die Einwohner des Dorfes in die Röhre. Dabei liegen zwei Breitbandanschlüsse im Ort

Cranz. Mit Übertragungsraten unter 100.000 Kilobyte pro Sekunde (kb/s) wirbt kaum ein DSL-Anbieter noch um Kunden. Zum Teil ist auch die doppelte oder dreifache Geschwindigkeit im Angebot – gefolgt von einem Sternchen, das auf einen klein gedruckten Halbsatz am Fuß der Reklame hinweist: „*abhängig von Verfügbarkeit.“

Mit der Verfügbarkeit ist das so eine Sache: In vielen Hamburger Wohngebieten geht die Geschwindigkeit nicht über 50.000 kb/s hinaus. Auch das ist für den Privatgebrauch noch ziemlich flott, aber eben nicht das Werbeversprechen. Über das können die Bewohner von Cranz sowieso nur den Kopf schütteln: Ihre Internetgeschwindigkeit entspricht dem idyllischen Dorfbild: Als wäre die Zeit stehen geblieben.

„Mit viel Trickserei komme ich auf 4000 kb/s“, sagt der Cranzer Fritz Komossa, „meine Nachbarn erreichen höchstens die Hälfte.“ Eine Recherche bei der Serviceseite der Telekom bestätigt: Für Cranz werden nur 2000 kb/s abgeboten. Nachfragen bei der Telekom-Pressestelle ergeben, dass der Magenta-Konzern auch nicht plant, dies zu ändern. Dass Komossa manchmal schneller surft, liegt daran, dass er Experte ist: Der gelernte Fernmeldeelektroniker schließt große Firmen an superschnelle Breitbandnetze an.

„Und wenn ich nach Hause komme, herrscht wieder Langsamkeit. Das ärgert mich natürlich“, sagt er. Was Komossa nur im Privaten ärgert, ist für andere ein wirtschaftliches Problem: „Hier in Cranz gibt es einige, die von zu Hause aus arbeiten“, sagt die Cranzer Kommunalpolitikerein Gudrun Schittek, „die sind gegenüber schnell angeschlossener Konkurrenz im Nachteil“.

Die Cranzer sind über ihre Telefondrähte mit dem Internet verbunden. Diese Leitung knüpft eineinhalb Kilometer entfernt, in Neuenfelde, ans Glasfasernetz an.

„Dabei gibt es zwei Breitbandanschlüsse im Dorf“, sagt Komossa: „Die Schule und die Polizei haben Leitungen. Wenn man daran anschließen könnte, wäre die Verbindung zeitgemäß schnell.“

Das ginge aber nur, wenn diese Leitungen der Telekom gehörten, und das tun sie nicht. Wahrscheinlich gehören die Leitungen der Stadt Hamburg selbst, beziehungsweise der öffentlich-rechtlichen Anstalt Dataport, die die IT-Netze der Hansestädte Hamburg und Bremen sowie aller norddeutschen Flächenländer verwaltet.

Das würde den Cranzern wenig nützen: „An Leitungen von Behörden können wir unsere Leitungen nicht anschließen – aus technischen und aus betrieblichen Gründen“, sagt Telekom-Pressesprecher George-Stephen McKinney.

Ohne Glasfaserkabel im Dorf bliebe den Cranzern nur ein weiteres Versprechen der Netzanbieter: Überall da, wo das schnelle Internet nicht aus der Telefondose kommen kann, soll es per Funk empfangbar sein – per LTE/4G, dem Mobilfunk-Datenstandard der vierten Generation.

Viele Cranzer haben sich deshalb Surfsticks zugelegt – und blicken immer noch enttäuscht auf Ladebalken, bunte Bälle oder pixelige Sanduhrenpiktogramme, wenn sie per Funk surfen.

Dabei wird 4G-Empfang in ganz Hamburg angeboten. Nur gibt es in den dunklen Flächen, die die Versorgung anzeigen, helle Flecken, wie Cranz.

Für die gilt wieder ein Halbsatz mit Sternchen: „*Nur außerhalb von Gebäuden"