Christian Lindners Rede sorgt auch in Harburg und im Landkreis für Aufbruchstimmung. Die Probleme aber bleiben

Harburg/Winsen. Die Farbe Magenta scheint an der FDP-Basis gut anzukommen. Vielmehr aber als die neue Farbe im neuen FDP-Logo kommen die Aufbruchsignale aus Stuttgart bei den liberalen Kommunalpolitikern im Bezirk Harburg und im Landkreis an. Aufbruchstimmung wollte FDP-Chef Christian Lindner beim Dreikönigstreffen der Bundes-FDP verbreiten, und einen Neuanfang für die Liberalen propagierte er in Stuttgart. Einen Neuanfang für eine Partei, die bei der Wahl 2013 aus dem Bundestag flog - 0,2 Prozent fehlten – und seitdem in mehreren Landesparlamenten die Fahne einrollen musste. Der Neuanfang nach dem sensationellen Abwärtsstrudel der FDP ist, wenn sie überhaupt überleben will, längst überfällig.

Carsten Schuster ist Kreisvorsitzender der Freien Liberalen im Bezirk Harburg und war Fraktionschef der Liberalen in der alten Bezirksversammlung. Bei der Bezirkswahl im Mai 2014 schaffte er es, nach einem, wie er selbst sagt, guten Wahlkampf im Bezirk, noch in die Bezirksversammlung – ebenso wie seine Parteigenossin Victoria Pawlowski. Aber für den Fraktionsstatus reichte es mit zwei Abgeordneten nicht mehr. Schuster hat also am eigenen Leib erfahren, wie sich der Abwärtsstrudel der FDP anfühlt. „Magenta? Klar gefällt mir die Farbe. Es war längst höchste Zeit, nach 15 Jahren mal die Erneuerung unseres Partei-Logos in Angriff zu nehmen. Allerdings, die neue Farbe im Logo regt die Nation nicht auf“, so der Harburger Politiker, der das Liberale als grundsätzliche Lebenseinstellung verstanden wissen will.

Sicherlich sorge die Rede von Lindner an der Basis für Rückenwind, „aber für Aufbruchstimmung brauche ich kein Dreikönigstreffen“, so Schuster. Die Ideale seiner Partei, Freiheit, Selbstbestimmung und Liberalität, 2012 in den aktuellen Karlsruher Freiheitsthesen der Liberalen festgeschrieben, seien die selben geblieben, auch nach Lindners Rede. „Wer aber täglich an der Basis arbeitet, merkt, dass unser größtes Problem darin besteht, den Bürgern eben diese liberalen Themen nahe zu bringen. Wir müssen die Frage klären, warum unsere Themen nicht mehr ankommen“, so Schuster, der erst kürzlich in Brüssel mit dem ALDE Leader Award für die Harburger FDP-Aktion „Die FDP zeigt die Gelbe Karte“ ausgezeichnet wurde (das Abendblatt berichtete).

Die FDP sei nie eine Partei des Mainstreams gewesen, sagt Carsten Schuster. Erste Nagelprobe dafür, ob es Lindner gelungen ist, der Partei das nötige Aufschwunggefühl zu vermitteln, ist die Bürgerschaftswahl am 15. Februar. „Gerade in der Bürgerschaft hat die FDP in der vergangenen Legislatur konstruktive Oppositionsarbeit gemacht. Wir haben alle politischen Themenfelder bearbeitet“, sagt der Harburger. Nun müsse sich eben zeigen, ob der Wähler diese Arbeit würdige.

„Zuerst dachte ich, dieses neue Logo sieht ja furchtbar aus“, so Schusters Parteikollege im Landkreis Harburg, FDP-Kreischef Wolfgang Knobel. Als er es sich aber mehrmals angesehen habe, sei die Erleuchtung gekommen: „Das sieht eigentlich akzeptabel aus“, sagt Knobel. Jeder Neustart, sagt der FDP-Mann aus dem Landkreis Harburg, sei grundsätzlich positiv. Das Dreikönigstreffen der FDP habe zwar wenig neue Inhalte, aber dafür die nach wie vor FDP-eigenen Grundsätze auf den Punkt gebracht: mehr Selbstverantwortung, gerechteres Steuersystem und mehr Bildung. „Leider sind all das nicht gerade die Werte, die heute aktuell sind. Die Menschen, die sich selbst entfalten wollen, haben in diesem Lande keine Lobby“, sagt Knobel. Lindners Rede habe in jedem Fall Aufbruchstimmung für die Liberalen an der Basis gebracht. Leider, so Knobel, sei es en vogue, die FDP öffentlich abzuwatschen.

„Magenta ist meine Lieblingsfarbe, die trage ich häufig“, sagt Nicole Bracht-Bendt aus Buchholz. Im Skiurlaub in Österreich habe sie das Dreikönigstreffen im Fernsehen verfolgt. Die Rede von Christian Lindner mache Mut an der Basis, sagt die FDP-Kreistagsabgeordnete, die die Wahlpleite auf Bundesebene in 2013 selbst miterlebte. Die Tischlerin war bei der vorangegangenen Bundestagswahl als Newcomer in den Bundestag gewählt worden. Beim zweiten Anlauf in 2013 scheiterte sie. „Wir müssen die Leute wieder mitnehmen“, heißt ihr Rezept für den Wiederaufstieg der Liberalen auf Bundes- und Landesebene und bei den Kommunalwahlen, die im Landkreis 2016 anstehen.