Eine Glosse von Heike Linde-Lembke

Da saß ich nun, zwei Gehhilfen an meinen Seiten, eingepfercht von einem die Nase hochziehenden und Kaugummi kauenden Jüngling und einer adretten jungen Frau, und wartete darauf, dass mir der Medizinmann verrät, wer denn der Urheber dieser renitenten Schmerzen an meiner Ferse sein möge. Ja, ich habe einen an der Hacke! Blöd genug.

Das Wartezimmer hoffnungslos überfüllt. Das halte ich nicht aus, meldete sich mein Flucht-Reflex. Ich tastete nach meinen Krücken, als ein älterer Herr wutschnaubend aus dem Wartezimmer gesegelt kam und hart an der Rezeption landete: „Ich sitze hier schon zwei Stunden, warum sagt mir denn keiner was?“ Oha – das ist hier ja ganz großes Kino! Ich bleibe!

Der alte Herr: „Ich habe eine kranke Frau zu Hause!“ Die Rezeptionsschwester: „Warum sagen sie das nicht gleich?“ Die Assistentin: „Kommen sie mal mit, sie sind sowieso dran.“ Unruhe stiftende Patienten werden schnell behandelt. Merken!

Wieder Lärm an der Rezeption: „Ich brauche das Attest aber jetzt für die Krankenkasse“, bellt eine Frau die Schwester an. „Eins nach dem anderen“, kommt es zurück. Die Frau zieht einen Flunsch und postiert sich auf dem Flur, die Schwester fest im Visier.

Aus Zimmer 5 stratzt eine Frau. „Wird man hier auch behandelt?“ Der Arzt biegt um die Ecke: „Wenn sie dran sind, gern.“ Ein Neuzugang: „Kann ich meine nasse Jacke an der Heizung aufhängen?“ Kann er. Ein Taxifahrer sucht einen Fahrgast, eine Mutter ihren Sohn. Ich gehe jetzt öfter zum Arzt. Was für ein Tatort! Ganz großes Kino.