„Clipper – Deutsches Jugendwerk zur See“ sucht weitere Mitglieder. Neue Adresse: Mississippi im Überwinterungshafen Harburg

Harburg. Nur „Jonny“ ist nicht da. Der Zweimastschoner „Johann Smidt“ – so heißt er offiziell – ist Mitte Oktober wieder als „segelndes Klassenzimmer“ im Rahmen der „High Seas High School“ (HSHS) von Hamburg über Teneriffa in die Karibik gefahren und kommt mit Crew sowie 26 Schülern und fünf Lehrern an Bord voraussichtlich erst im Mai wieder zurück. Das reformpädagogische Internat „Hermann-Lietz-Schule“ von der Insel Spiekeroog steckt hinter dem segelnden Klassenzimmer.

Der 1973 in Bremen gegründete und seit 1985 im Harburger Binnenhafen ansässige Traditionsseglerverein „Clipper – Deutsches Jugendwerk zur See“ ist für seine Jugendarbeit erst Mitte November vom weltweiten Verband „Sail Training International“ (STI) als „Sail Training Organisation of the Year“ ausgezeichnet worden. Und am Vereinssitz im Harburger Überwinterungshafen ist die Freude darüber natürlich groß. „Für den Verein und seine ausschließlich ehrenamtlich tätigen Mitglieder ist dies eine großartige Anerkennung für die geleistete Arbeit mit Jugendlichen“, sagt Vereinssprecher Jens Biederer. Ziel des Vereins ist es, die traditionelle Segelschifffahrt mit all ihren Techniken dank Nachwuchsförderung nicht sterben zu lassen. Kontakt zum Verein kann unter der Mail-Adresse buero@segelverein.org aufgenommen werden.

Wer im Überwinterungshafen Kurs auf das Wachgebäude der Wasserschutzpolizei nimmt, kann kurz vorher bei Clipper festmachen. Das Grundstück mit dem Vereinsgebäude und dem Schwimmponton ist bei den Vereinsmitgliedern im Laufe der Jahre auch nicht ohne Namen geblieben. Von „Mississippi“ ist die Rede. Aber wie es zu dieser Ortsbezeichnung gekommen ist, kann Jens Biederer nicht erklären.

Mississippi im Überwinterungshafen lautet seit Kurzem die Adresse der beiden Clipper-Traditionssegler „Seute Deern“ und „Amphitrite“. Sie haben am Schwimmponton angelegt, werden dort während der Wintermonate technisch und optisch wieder flott gemacht und auf die kommende Segelsaison vorbereitet. Das Quartett der Clipper-Traditionssegler ist mit dem Toppsegelschoner „Albatros“ komplett. Das 1942 in Hobro in Dänemark gebaute Schiff liegt derzeit in Svendborg bei seiner Hauswerft Peter Ring Anderson. Dorthin soll Mitte April auch die Seute Deern gebracht werden, weil noch Arbeiten am Unterwasserschiff nebst Inspektionen anstehen. Die Seute Deern, ein Zweimaster mit Gaffelketsch-Takelung, war 1939 auf der Werft gebaut worden.

Noch wird aber in Harburg an Bord der mit Planen abgedeckten Amphitrite und Seute Deern fleißig gearbeitet. „An Bord gibt es immer was zu tun“, sagt Katharina Zinner. Sie ist gebürtige Berlinerin, 33 Jahre alt, und arbeitet als Lehrerin an der Berufsfachschule für Sozialpädagogik in Harburg. Über eine Freundin und eine Klassenfahrt ist sie zum Verein Clipper gekommen. Sie lässt sich derzeit zur Steuerfrau ausbilden und nutzt jede freie Stunde, um sich an Bord nützlich zu machen. Sie teilt auch Freiwillige ein, die am Mississippi nach nützlicher Freizeitbeschäftigung suchen.

Die 20 Jahre alte Vanessa Paschka, Elektrotechnik-Studentin an der Technischen Universität Hamburg Harburg, zählt zu den Freiwilligen. „Ich bin seit einem Jahr Mitglied des Vereins und habe schon eine Überführungsfahrt der Seuten Deern von Svendborg nach Harburg mitgemacht“, sagt sie. Auch sie nutzt jede freie Stunde, um an Bord zu arbeiten. Das Steuerrad benötigt eine frische Lackierung und muss zuvor glatt geschmirgelt werden. Auch das Tauwerk hat eine Überholung nötig. Katharina Zinner ist bereits erfahren im Spleißen der Taue.

Dass die Clipper-Traditionssegler so gut in Schuss sind ist auch einer Gruppe bereits etwas älterer Männer zu verdanken, die sich während der Wintermonate aus Leidenschaft um den Erhalt der Schiffe kümmern. Die etwa 20 Männer haben in der Mehrzahl früher auf Werften im Hamburger Hafen gearbeitet, als Schlosser, Tischler, Maler und nicht zuletzt als Kesselschmiede. Hans Kruppa, 70, hat früher bei Blohm und Voss gewirkt, Addi Backer, 76, war Schlosser, Peter Brückner, 75, war Schiffsingenieur bei der Howaldt Werft und Peter Schmachtel, 68, war als Elektro-Ingenieur Berufsschullehrer. „Die Arbeit an den Schiffen bereichert mein Leben im Ruhestand“, sagt Kruppa, „unsere Frauen unterstützen uns auch. Sie sind an Wochenenden oder auch im Urlaub häufig dabei.“ Einmal im Jahr gibt es für die Helfer einen Törn auf der Ostsee, wo die Seute Deern, die Amphitrite, die Albatros und die Johann Smidt während der Sommermonate mit Klassenfahrten überwiegend anzutreffen sind. Im Vereinshaus Mississippi oder an Bord der Schiffe können von weit angereiste Helfer übernachten. Im Vereinshaus gibt es Schlaf- und Waschräume, Werkstätten, eine Küche und einen Aufenthaltsraum mit prächtigem Hafenblick.

Der Verein ist auf ehrenamtliche Unterstützung und Spenden angewiesen, erklärt Vereinssprecher Jens Biederer. Der Jahresbeitrag für Erwachsene beträgt 90 Euro. Der Beitrag für einen Tagestörn liegt bei 85 Euro. Reiseteilnehmer werden als Vereinsmitglieder geführt. Derzeit liegt die Zahl der Vereinsmitglieder bei 4000.