Der Schauspieler Gustav Peter Wöhler kommt im Februar zu einer ganz besonderen Lesung nach Buchholz

Hamburg. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein Finanzbeamter. Gustav Peter Wöhler liebt gedeckte Farben und Karoschals. Wer ihn auf der Straße in seinem grauem Mantel und der dunklen Schirmmütze sieht, denkt eher an den Mann von nebenan. Auf der Bühne aber wird Gustav Peter Wöhler zu einer schillernden Persönlichkeit. Der gebürtige Bielefelder stand in jungen Jahren vor allem in komischen rollen auf der Bühne, erst der Theaterregisseur Peter Zadek erkannte seine ganze künstlerische Bandbreite und animierte den Schauspieler, sich an andere Rollen zu wagen. Auf der Berliner Schloßparkbühne spielte er gerade in dem modernen Märchen für Erwachsene „Der kleine König Dezember“ die Titelfigur. Am 24. Januar steht er wieder im Hamburger Schauspielhaus in dem sechsstündigen griechischen Klassiker „Die Rasenden“ auf der Bühne. Auf der Leinwand gibt der 58-Jährige genauso souverän den Zwerg im Otto-Film wie den psychopathischen Mörder im Fernsehkrimi.

Eine ganz andere Seite präsentiert Gustav Peter Wöhler am 21. Februar in der Empore Buchholz. Ein Tisch, eine Leselampe, ein paar Requisiten – mehr braucht Wöhler nicht, um sein Publikum mitzunehmen in eine vergangene Zeit. „Peeping at Pepys“ ist der Abend überschrieben und es geht letztendlich um die Frage: Wie lebte, wie dachte und wie fühlte ein Politiker und Lebemann, der vor 350 Jahren in London lebte. Wie er lebte, wie er liebte und wie sein Alltag aussah, das hat der königliche Beamte Samuel Pepys (sprich „Pieps“) über neun Jahre lang minutiös in seinem Tagebuch aufgezeichnet. Pepys, geboren 1633, wuchs als Sohn eines Schneiders in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Glück war, dass er reiche Verwandte in der Familie Montagu hatte, die ihm letztendlich eine Karriere als Materialbeschaffungsbeamter für die königlichen Schiffe ermöglichte. Sein Tagebuch erlaubt einen unverstellten Blick in den Alltag im London des ausgehenden 17. Jahrhunderts und die Psyche der Menschen in dieser Zeit.

Gustav Peter Wöhler hat für den Abend Passagen vorbereitet, die von historischen Ereignissen berichten. So schildert Pepys seine Eindrücke von der großen Feuersbrunst, die London 1666 heimsuchte und von dem Bild der Zerstörung, das sich ihm bot. Zu hören sein werden auch Berichte von dem Ausbruch der Pest oder Betrachtungen über Krieg und Außenpolitik. Hinzu kommen saftige Schilderungen von Theaterbesuchen und Hinrichtungen, Lektüre, Klatsch und Tratsch, Moden, Speisepläne, Preise – eben alles, was das tägliche Leben ausmachte. Aber das Tagebuch gibt auch viel von dem Autor als Menschen preis, und so dürfen natürlich auch ganz persönliche Berichte von Streitigkeiten mit der Ehefrau, amourösen Verwicklungen, gesundheitlichen Bestandsaufnahmen oder vom Besuch am Hofe Königs Karls II., wo Pepys dem Königspaar beim Essen zuschauen durfte, nicht fehlen.

Gerade dieser Kontrast zwischen Arbeit, Privat- und Gesellschaftsleben reizte Gustav Peter Wöhler bei dieser Aufgabe. Die Texte für die Lesung stellte ein Dramaturg des Berliner Barockensembles „Lautten Compagney“ zusammen. Die Auswahl, die am Ende herausgekommen ist, ist für Wöhler das typische Psychogramm eines wohlhabenden Menschen der Barockzeit: „Der Mann hat sehr gern gefeiert. Er war lebensfroh, eitel und liebte schöne Sachen.“ Dass sich Pepys so frei und offen in seinen Tagebüchern äußert, war nur möglich, weil er in Stenografie schrieb. Die konnte die eifersüchtige Gattin nicht lesen und der Ehemann hemmungslos seinen Gedanken freien Lauf lassen. Dies betraf auch seine Arbeit bei der königlichen Flotte. „Heute wäre er so etwas wie ein Manager“, übersetzt Wöhler. Ihn beeindrucken die Stellen, wo Pepys seine Eindrücke ganz direkt und mit viel Emotionen schildert, beispielsweise bei der Begegnung mit Bettlern auf der Straße, „er ist zwar borniert, aber er berichtet auch voller Mitleid“, sagt Wöhler. Am liebsten sind ihm die Berichte von Streitigkeiten mit der Ehefrau: „Die hatten sich permanent in den Haaren und haben sich absolut nichts geschenkt.“

Besonders freut er sich auf das siebenköpfige junge Ensemble der Lautten Compagney, das ihn begleitet, „das ist für mich ein großes Vergnügen, denn sie sind interaktiv und für alles offen.“ Gamben, Lauten, Viola, Percussion und Trommeln, natürlich ist nicht nur die Musik authentisch, sondern auch die Instrumente. Die Lautten Compagney Berlin ist eines der renommiertesten und kreativsten deutschen Barockensembles. Seit fast drei Jahrzehnten faszinieren die Konzerte unter der künstlerischen Leitung von Wolfgang Katschner ihre Zuhörer. Mit ansteckender Spielfreude und innovativen Konzepten übersetzen sie die ,Alten Musiker’ mühelos ins Hier und Jetzt und verbinden immer wieder gern Moderne und Klassik zu noch nie gehörten Klängen. Für ihre musikalischen Brückenschläge wurde das Ensemble unter anderem mit dem ECHO-Klassik ausgezeichnet. Und so können sich die Zuschauer in der Buchholzer Empore auf die eine oder andere überraschende Einlage freuen.

Ende des Jahres ist Gustav Peter Wöhler übrigens wieder in Hamburg auf der Bühne zu sehen. Dann gibt er an der Staatsoper den Komödianten in der „Fledermaus“. Für ihn kann es nur eine Rolle geben: „Na, den ,Frosch’ natürlich“.

Die Lesung „Peeping at Pepys“ am Sonnabend, 21. Februar, in der Empore Buchholz beginnt um 20 Uhr. Die Karten kosten zwischen 26,30 Euro und 30,70 und sind erhältlich unter 04181/28 78 78.