Was passiert in Landkreis und Bezirk Harburg? Wir wissen es jetzt schon!

Der Kaffeesatz sieht gut aus für das kommende Jahr und auch Karla Kälberblase, Norddeutschlands Medium Nummer eins, ist sicher: 2015 wird ein echtes Jahr. Vor allem im Süden Hamburgs, wo die Harburger Berge, der Heidschnuckenweg und das Büsenbachtal locken, wo die Wiesen grün, die Wälder dunkel und die Kultur wegweisend ist. Schließlich gibt es hier schon einen neuen Landrat, einen Bürgermeister, der den Haushalt der eigenen Gemeinde ablehnt, viele Hühner, Schweine und Kühe, eine Kreisstadt, die anders heißt als der Kreis und eine schnelle Eisenbahn nach Hamburg. Naja, und vielleicht bald auch eine Y-Trasse. Mit den – nicht ganz ernst gemeinten – Schlagzeilen des kommenden Jahres wagt das Abendblatt einen Blick in die Zukunft. Die kann selbstverständlich nur verheißungsvoll sein. Doch der Reihe nach.

Januar

Gleich zum Jahresbeginn lässt Onne Hennecke, Chef der Buchholzer Empore, aufhorchen: „Heute hat das Helene-Fischer-Management bestätigt, dass Deutschlands beliebteste Sängerin 2015 bei uns auftreten wird“, sagt der Geschäftsführer des Veranstaltungszentrums stolz. Da die Platzkapazität mit 500 Sitzen natürlich nicht ausreicht, werden sämtliche Türen geöffnet und auch das Restaurants Lim’s mit einbezogen. Termin ist der 1. April. Der Vorverkauf startet am Freitag, 2. Januar.

Februar

Der nächste Knaller: Der Bezirk Harburg und dem Landkreis Harburg haben sich nach einem Geheimtreffen über Weihnachten auf eine Fusion geeinigt. Jetzt haben die Juristen die Details geregelt. Auf einer eilig anberaumten Pressekonferenz im historischen Harburger Rathaus lassen Landrat Rainer Rempe (CDU) und Bezirksamtsleiter Thomas Völsch (SPD) die Katze aus dem Sack, den der Weihnachtsmann beim Weihnachtsmarkt vergessen hat. Endlich wird Harburg (mit Wilhelmsburg) wieder Kreisstadt und damit so gewürdigt, wie es der Süden Hamburgs verdient. Der Kreis dagegen heißt wieder nach seinem Zentrum. Was aus Winsen wird, bleibt offen. Rempe muss künftig die Grenze am Kiekeberg überschreiten und hat sich dafür ein Navi zugelegt. Außerdem hat er in einem Handbuch nachgelesen, was eigentlich ein Bezirksamtsleiter ist und was der so macht. Im Harburger Rathaus überlegt Völsch unterdessen, wo er den Landrat unterbringen soll. „Na, wir werden schon was finden“, sagt der Sozialdemokrat, „aber in mein Büro kommt der nicht.“ Eigentlich ist Völsch ohnehin egal, wer unter ihm Landrat ist.

März

Wirtschaft, Logistik-Firmen und die Bürger von Buchholz atmen auf: Tunnelbau-Altmeister Rolf Bielecki aus Jesteburg hat sich durchgesetzt: Er erhält vom Bundeswirtschaftsministerium den Auftrag, einen gigantischen Tunnel durch die Nordheide zu bauen, mit dem sämtliche Streitigkeiten um Trassen mit einem Handstreich beseitigt werden. Das 65 Kilometer lange Bauwerk soll den Buchholzer Ostring, die Ortsumgehung Tostedt, die Y-Trasse und die Suedlink-Stromtrasse quer durch den Landkreis führen. Der Tunnel wird von der Stader Straße ausgehend unter Harburg, Vahrendorf, Sieversen, Dibbersen, Buchholzer Gewerbegebiet III und Tostedt zur Kreisgrenze hinter Königsmoor führen. Der Wiederaustritt ans Tageslicht ist für Scheeßel vorgesehen. Der Kreis Rotenburg und die Hansestadt Hamburg für ihre Hafen-Querspange haben bereits ihr Interesse angemeldet, die unterirdische Trasse weiter fortzuführen. Von einem solchen Tunnel schwärmt schließlich jeder.

April

Naturbad oder konventionelles Bad oder gar ein Hallenbad? Diese Frage müssen sich Tostedts Politiker gar nicht mehr stellen. Denn dank eines gewieften EU-Förderantrags des Bürgermeisters Peter Dörsam erhält seine Samtgemeinde genügend Geld, um alle drei Wünsche in einem riesigen Spaßbad zu vereinen. 30 Millionen Euro seien dafür veranschlagt, die Samtgemeinde müsse nur sicherstellen, dass die Badegäste aus aller Welt eine verlässliche Verkehrsführung nach Tostedt vorfinden. „Die Finanzierung habe ich klargemacht“, sagt Dörsam. Das ändert aber nichts daran, dass er die Gemeindefinanzierung für die nächsten Jahre weiter ablehnt. „Meine Meinung zu euren komischen Haushalten hat sich nicht geändert“, hat der Bürgermeister allen Ratsmitgliedern geschrieben. Da ist er eisenhart.

P.S.: Onne Hennecke, der von der Empore, meldet, dass zum Helene-Fischer-Konzert 100.000 Menschen nach Buchholz gekommen sind. Schön ist, dass der Umsatz für das ganze Jahr reicht, nicht so schön ist, dass im neuen Gewerbegebiet nun ein Deponie für den nach Buchholz eingeschleppten Müll eingerichtet werden muss.

Mai

Puh, ist das wieder langweilig im Rathaus: Nach den Sommerferien wollen die zwölf hauptamtlichen Bürgermeister im Landkreis deshalb nun reihum ihre Plätze in den Rathäusern tauschen, um ihren Horizont zu erweitern. André Wiese (bisher: Winsen) freut sich schon auf die asiatischen Spezialitäten der Buchholzer Rathauskantine, während Martina Oertzen (Seevetal) hofft, in Jesteburg endlich mal Ruhe vor Autobahnen und Bahnlinien zu finden. Hans-Heinrich Höper (Jesteburg) nutzt seine Wochen in Hanstedt, um die Klage gegen die Jesteburger Famila-Ansiedlung zurückzunehmen. Ein schlechter Deal wird hingegen Jan-Hendrik Röhse (Buchholz) nachgesagt. In Tostedt, das Peter Dörsam Richtung Hittfeld geräumt hat, ist die Mikrofonanlage in der dortigen Schützenhalle keinen Deut besser als in der Buchholzer Kantine. Aber spannend wird die Arbeit nun auch für Röhse.

Juni

Die Buchholzer Grünen lassen nicht locker. Sie haben jetzt einen drei Jahre alten Vorschlag wieder aus der Schublade geholt: Auch wenn der neue Mühlentunnel fertig ist, wird der 250 Jahre alte Postkutschentunnel geöffnet bleiben – für Fledermäuse. Zwar ist noch nicht geklärt, wer für die Kosten zum Erhalt des Bauwerks aufkommen soll, doch der Nabu ist schon mal begeistert: „Unsere jährliche Fledermausnacht am benachbarten Stadtteich wird um eine Attraktion reicher“, freut sich Nabu-Fledermaus-Spezialist Lars Benecke. Erleichtert sind auch die Anwohner am Seppenser Mühlenweg: Endlich keine Mückenstiche mehr – die Fledermäuse fressen alles weg.

P.S.: Die Grünen schicken per E-Mail einen Antrag für eine „Sondersteuer Fledermaustunnel“ hinterher. Muss sein. Das eingenommene Geld soll das Projekt absichern und der Tunnel bliebe endgültig vor dem Einsturz bewahrt.

Juli

Jack Wolfskin hat vorgemacht, wie man Neu Wulmstorf beleben kann. Der Outdoor-Bekleidungshersteller wird künftig als Monopolist das gesamte Marktplatz-Center nutzen. Nun wollen auch andere Textilunternehmen in das aufstrebende Mittelzentrum vordringen. Der Gemeinderat findet das gut und beschließt einstimmig, in den gelben Klötzen an der B73 – ehemals Möbel Meyn – Prada, Louis Vuitton, Chanel und Dolce & Gabbana Flächen anzubieten. Famila dagegen wird nach Rosengarten ziehen. Der Einzelhändler hat sich mit Bürgermeister Dirk Seidler darauf geeinigt, nicht nur das Alte Rathaus zu übernehmen, sondern es auch komplett energetisch zu sanieren. Seidler findet das prima und hofft jetzt, in der neuen Kreisstadt Harburg moderne Räume für seine Verwaltung zu finden: „Ist für die Bürger doch nur ein Katzensprung bis dahin.“

August

120, 130, 150 km/h. In diesem Tempo geht es jetzt an Dibbersen vorbei. Dibbersen?, Dibbersen?, wo liegt das noch? Nach dem oberirdischen, autobahnähnlichen Ausbau der Bundesstraße 75 war es schlagartig vorbei mit Besuchern im Ortsteil von Buchholz. Selbst die Bewohner gelangen nur noch über Umwege nach Hause. Ist zwar schön ruhig jetzt und jeder Autofahrer ist mit Vornamen bekannt, aber es gibt keine Überraschungen mehr. Was soll nun werden aus dem Ort, in dem der Forstarbeiter Hans Frommann bereits im Jahre 1656 eine Schankwirtschaft im Nebenerwerb betrieb? Vielleicht ein Museumsdorf? Denn welcher Ort kann schon mit einen Kreisel auf einer Brücke über einer Umgehungsstraße aufwarten? Das Touristenbüro in Buchholz richtet seine Werbung nun zielgenau auf dieses verkehrstechnisch ausgereifte Kleinod aus. Tenor für alle, die noch nicht da waren: Unbedingt anschauen.

September

Endlich, endlich fällt die wichtigste Entscheidung für alle Sportvereine mit Bundesliga-Ambitionen im Kreis: Mit der Hilfe von Unternehmen, die ihre Sponsoring-Millionen nicht mehr beim HSV verpulvern wollen, soll landkreisübergreifend eine Arena für 5000 Zuschauer entstehen, in der sämtliche Mann- und Frauenschaften eine neue Heimat und ihre Fans genügend Platz zum Jubeln finden. Zwar ist ein Standort für den neuen Kreis Harburg, die Kreise Lüneburg, Stade, Uelzen und Lüchow-Dannenberg noch nicht endgültig gefunden. Die Verkehrsplaner haben aber versprochen, dass sie so lange rechnen, bis alle glücklich sind und anders als heute ausgeschilderte, sichere Weg zum Ziel finden. Die ersten Enthusiasten haben schon Wochenenddauerkarten geordert, in die Basketball, Volleyball, Handball und Hallen-Fußball eingeschlossen sind. Alle Spiele am Sonnabend und Sonntag schön nacheinander. Noch dazu müssen weder Landrat noch Bürgermeister etwas dazu zahlen, weil die EU die ganze Sache für wegweisend hält. So eine Metropolregion ist eben – nicht nur wegen der vielen Bälle – eine runde Sache.

Oktober

Nach kurzer, im Februar begonnener, Prüfung steht fest: Harburger Rathaus und Rathausforum reichen zusammen nicht aus, um auch noch die Kreisverwaltung dort unterzubringen. Eine Lösung bietet sich jedoch an: Hans-Dieter Lindberg hat endlich das Harburg-Center verkauft – an ein Investorenkonsortium unter Federführung des renommierten Schweizerischen Architektenbüros. Die Eidgenossen planen eine garantiert kostengünstige Kreiskonzerthalle mit integriertem Bürokomplex – ideal für die Administration des Landkreises. Peter Schuldt ist bereits zum Kreismusikdirektor bestellt worden und freut sich auf die hervorragende Chor-Akustik auf Parkdeck 2. Lediglich Ralf-Dieter Fischer äußert Bedenken: „Eigentlich muss die Ringphilharmonie der Neugrabener Interessenvertretung im neuen Großkreis vorbehalten bleiben“, sagt der CDU-Mann. Landrat Rempe droht daraufhin, gegen Fischer um den Parteivorsitz im Kreis zu kandidieren.

November

„Wir brauchen mehr Gewerbeflächen!“ Diesen Satz hat WLH-Geschäftsführer Wilfried Seyer schon oft gehört. Damit die Entwicklung neuer Flächen künftig geräuschloser, umweltfreundlicher und günstiger vonstatten geht, plant die Wirtschaftsförderung im Kreis das mobile Gewerbegebiet: Alle Büroräume, Werkstätten und Lagerhallen werden zusammenlegbar auf Lkw angeliefert, gleiches gilt für die Einrichtung. Dank ebenfalls mobil einsetzbarer Solar- und Windenergieanlagen sowie Wassertanks können Gewerbegebiete befristet an jedem Ort im Landkreis entstehen und bei Bedarf wieder eingesammelt werden. Die Naturschutzverbände haben bedingt Zustimmung signalisiert. „Wir könnten uns vorstellen, die im Winter brach liegenden Brutplätze als Standorte zur Verfügung zu stellen“, heißt es vom Nabu.

Dezember

Schade, schade. Die Fusion zwischen Bezirk Harburg und Landkreis Harburg ist geplatzt. In einer aufsehenerregenden Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht die Sache zurückgedreht. Wahrscheinlich hatte wieder einer dieser politischen Verhinderer die Kommunalaufsicht eingeschaltet. „Mensch“, sagt Bezirksamtsleiter Thomas Vösch, „jetzt hatte ich mich gerade an diesen Rempe gewöhnt. Jetzt muss ich wieder alles allein entscheiden.“ Rempe, der als Jurist die Sache ohnehin skeptisch sah, wollte sich nicht äußern. Stumm baute er sein Navi wieder aus dem Dienstwagen aus. Privat will er aber künftig ab und an nach Harburg kommen. „Gar nicht so schlecht dort“, sagt er. Auch alle Bürgermeister müssen jetzt schnell wieder in ihre angestammten Amtsstuben zurück. Das gilt selbst für den Tostedter Peter Dörsam, der sich ja mit seinen Kommunalpolitikern verkracht hatte. Nach seinem Aufenthalt in Hittfeld ist er jedoch tiefenentspannt und friedfertig: „Lasst uns für 2017 alle gemeinsam an unserem Haushalt rechnen.“