Nach dem Kohlenmonoxid-Drama im Harburger Phoenix-Viertel geht es um Versäumnisse und Verbesserungen

Harburg. Hätte das Kohlenmonoxid-Unglück verhindert werden können, bei dem am 2. Dezember drei Männer im Mehrfamilienhaus Beckerberg 9 im Harburger Phoenix-Viertel ums Leben gekommen waren? War das aus einer defekten Heizung austretende tödlich wirkende CO-Gas, das unsichtbar und geruchsneutral ist, schon vor dem Auffinden der Toten als Ursache für Erkrankungen dreier weiterer Hausbewohner zu spät erkannt worden? Ein Bewohner des Hauses hatte dem Rettungsdienst der Hamburger Feuerwehr – wie berichtet – Versagen wegen unzureichender technischer Ausrüstung vorgeworfen. Eine Ausrüstung der Einsatzkräfte mit CO-Warngeräten hätte seiner Ansicht nach die Katastrophe verhindern können.

In der Zwischenzeit hatte sich auch Marco K. König, erster Vorsitzender des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst e.V. (DBRD), in die Debatte eingeschaltet und in mehreren Punkten Kritik am Rettungsdienst der Hamburger Berufsfeuerwehr geübt. Hamburgs Innenbehörde und die Berufsfeuerwehr geben nun zu den Kritikpunkten eine Stellungnahme ab. Zu den drei Einsätzen in den Nacht- und frühen Morgenstunden des 2. Dezember, bei denen dieselben Rettungssanitäter nacheinander wegen eines Beinbruchs, wegen eines Falles von Übelkeit und eines Falles von Herzrasen im Haus waren, ist von der Feuerwehr zu hören, dass es sich nicht um eigene Rettungskräfte handelte, sondern nach dem Hamburgischen Rettungsdienstgesetz „beauftragte Leistungserbringer“ diese Einsätze abgearbeitet hätten.

Marco K. König sagt dazu: „Auch wenn es Rettungssanitäter von einer anderen Organisation waren, ist die Berufsfeuerwehr in der Pflicht. Sie hat die Vorgaben zu machen. So hätten bei einer Vorgabe CO-Messgeräte vorzuhalten auch diese Rettungskräfte die Messgeräte bei ihrem Einsatz dabei gehabt.“ Thorsten Grams, Sprecher der Feuerwehr Hamburg, erklärt: „Die Feuerwehr Hamburg kennt sehr wohl diese Thematik und hat diese zeitnah zum Anlass genommen, um den Organisationsbereich der Feuerwehr Hamburg mittels eines Forschungsvorhabens in Zusammenarbeit mit anerkannten Experten wissensbasierte Erkenntnisse zu erlangen. Da dieses Projekt bereits weit fortgeschritten ist, werden auf der Basis der ausgewerteten und analysierten Ergebnisse zeit- und planungsgerecht im ersten Quartal 2015 notwendige Entscheidungen zu gegebenenfalls notwendigen Maßnahmen getroffen.“

Der Vorsitzende des Deutschen Berufsverbands Rettungsdienst wirft der Feuerwehr auch vor, dass ihre Rettungswagen nicht nach Europa-Norm 1789 ausgestattet sind und deshalb lebensrettende Utensilien fehlen. Feuerwehr-Sprecher Thorsten Grams erklärt, dass in Hamburg parallel zu Rettungswagen (RTW) auch Notarztwagen (NAW) eingesetzt werden. „Alle medizin-technischen Geräte und Medikamente, die einem Arztvorbehalt unterliegen, werden von den notarztbesetzten Rettungsdienstfahrzeugen mitgeführt. Für die Notarzt-Einsatzfahrzeuge gibt es eine gesonderte deutsche Norm DIN 75079.“

König weist auch auf eine 2010 vorgelegte wissenschaftliche Arbeit hin, die nachgewiesen hatte, dass 90 Prozent der Wiederbelebungen in Hamburg nicht leitliniengerecht erfolgt sind. Dieses Ergebnis habe keine Konsequenz gehabt. Grams sagt, dass die Untersuchung auf Ergebnissen der Jahre 2004 bis 2007 beruhe und dass die Teilnahme des Einsatzpersonals an einem Reanimationstraining mit abschließender Prüfung verpflichtend sei. Alle Notarztstandorte der Feuerwehr geben ihre Reanimationsdaten in die Datenbank des Deutschen Reanimationsregisters ein. Als zweiter Rettungsdienstbereich in Deutschland habe Hamburg 2007 bei eingehenden Notrufen eine strukturierte Abfrage für die Einsatzlenkung und bedarfsgerechte Disposition von Rettungsfahrzeugen eingerichtet. Zudem erhalten Ersthelfer in lebensbedrohlichen Situationen über die Rettungsleitstelle telefonisch Anleitung, um ohne Zeitverzug Herz-Lungen Wiederbelebung umzusetzen. Dieses System sei seit Einführung erfolgreich eingesetzt worden.

Zum Vorwurf des Bundesverbands, die Versorgungszeit bei Schwerverletzten sei signifikant länger als im Bundesdurchschnitt erklärt Grams, dass sich die präklinische Versorgungszeit aus der Versorgungszeit am Unfallort und der Transportzeit ergebe. Schwerstverletzte Patienten aus dem Hamburger Umland würden ausschließlich mit Rettungsdienstfahrzeugen der Hamburg benachbarten Rettungsdienstbereiche in geeignete Krankenhäuser nach Hamburg befördert. Weite Fahrstrecken ergeben lange Versorgungszeiten. Bei zertifizierter Schlaganfallbehandlung werden Versorgungszeiten als Qualitätsmerkmal erfasst.