Beim Löten in der Zukunftswerkstatt werden Konzentration, Präzision und Geschicklichkeit groß geschrieben

Zwölf Köpfe sind tief über Werktische gebeugt. Mit hellwachen Augen und ruhigen Bewegungen hantieren acht Jungs und vier Mädchen mit mehr als 400 Grad heißen Lötkolben. Vorsichtig halten sie mit der rechten Hand die Spitzen an ihre Werkstücke, während die linke einen Moment später den Lötdraht nachführt. Präzisionsarbeit, die volle Konzentration erfordert. Es herrscht fast meditative Atmosphäre.

Was im Schulunterricht undenkbar erscheint, ist in der Lötwerkstatt der Zukunftswerkstatt Buchholz möglich. Weil auf ein Dutzend Kinder und Jugendliche vier Erwachsene kommen. Und weil alle miteinander freiwillig und mit großem Spaß dabei sind. Je nach Übungsgrad und Geschick werden Figuren gebastelt, Zahnräder zu blinkenden Anhängern gemacht, Sterne oder Buchstaben aus Draht gestaltet. Einmal im Monat treffen sich alle zu dem Projekt, es richtet sich an alle Interessierten ab acht Jahren – ob Grundschüler oder Gymnasiast. Es passt somit voll ins Konzept der Zukunftswerkstatt, deren Ziel es ist, Kinder und Jugendliche zusätzlich zum Schulunterricht an naturwissenschaftliche und technische Themen heranzuführen und dafür zu begeistern.

„Autsch!“ Nick lässt den heißen Draht fallen. „Jetzt hab ich mich verbrannt!“ Der Zwölfjährige steht auf und geht zum Waschbecken, um seinen lädierten Zeigefinger unter laufendem Wasser zu kühlen. „Kupfer leitet wirklich verdammt gut, das habe ich auch schon gemerkt. Da muss man eben durch“, sagt Katharina, 14, während sie fortfährt, ihren Namen aus feinem Draht zu gestalten. Auf Nicks Fingerkuppe bildet sich in Windeseile eine Brandblase. Er zeigt sie den anderen und scheint beinahe stolz darauf zu sein. Denn die kleine Verletzung beweist ja, dass hier richtig gearbeitet wird. Mit Werkzeug, das eigentlich nur Erwachsene benutzen. „Löten dürfen Kinder und Jugendliche zuhause wohl kaum. Endlich einmal selbst etwas in die Hand nehmen, das ist es, was sie fasziniert und bei der Stange hält. Die meisten sind schon zum zweiten oder dritten Mal hier“, sagt Peter Neundorf.

Der Rentner gehört zu den Männern und Frauen, die die Kinder bei ihrem Tun „begleiten“, wie es in der Zukunftswerkstatt heißt. Denn wie der Computer-Spezialist sind die meisten ehrenamtlichen Helfer keine ausgebildeten Pädagogen. Es soll ja auch gar keine Lehrer-Schüler-Beziehungen geben. In der Zukunftswerkstatt wird Umgang auf Augenhöhe gepflegt. „Komm, ich halte Dir das mal mit fest“, sagt Neundorf zu Tammo und geht in die Knie, um den Neunjährigen zu unterstützen. Der Viertklässler von der Buchholzer Wiesenschule ist heute zum ersten Mal hier. Trotzdem hat er bereits etwas vorzuweisen: Ein kleines Männchen, binnen einer halben Stunde aus elektronischen Bauteilen zusammen gelötet. „Tammo ist geschickt“, lobt Neundorf und Tammo strahlt voller Stolz. Das hier, sagt er, sei doch etwas ganz anderes als seine bisherigen Basteleien aus Kastanien.

Selbst Jamie, mit acht Jahren der Jüngste, beherrscht das Löten schon gut. Wie eine Krokodilklemme als „Dritte Hand“ genutzt wird, hat ihm Arian Shahrokny-Prehn gezeigt, der einzige hauptamtliche Begleiter und Pädagoge. Jetzt setzt Jamie ihm auseinander, wie er sich den Kopf seines Mini-Roboters vorstellt. Eine Art Krone soll der tragen, gefertigt aus dem Material, das in der Lötwerkstatt allen zur Gestaltung individueller Kunstwerke zur Verfügung steht. Zahnräder, Widerstände, Kondensatoren, Minischalter, integrierte Schaltungen und Platinen liegen in Kästen sortiert bereit. „Es macht uns Erwachsenen sehr viel Spaß, zu sehen, wie fantasievoll und kreativ die Kinder damit umgehen“, sagt Ralf Verdieck. Der Physikingenieur im Ruhestand ist an der Konzeption der Programm-Inhalte der Zukunftswerkstatt beteiligt.

In der Lötwerkstatt wird auf die Erklärung physikalischer und chemischer Vorgänge bewusst verzichtet. Hier lernt niemand, warum Löten funktioniert, sondern wie es funktioniert. Schon wegen der großen Altersunterschiede. Aber auch, weil es hier nur um Spaß am Handwerk gehen soll. „An etwas herumfummeln ist ganz mein Ding“, sagt Hannah, die das benachbarte Gymnasium am Kattenberge besucht. Kunst und Mathematik sind ihre Lieblingsfächer. Physikunterricht wird erst im nächsten Schuljahr auf ihrem Stundenplan stehen. Sie genieße es, dass sie sich hier voll konzentrieren könne.

In der Werkstatt ist es gegen Ende des Kurses noch genauso still wie zu Beginn. Niemand lenkt ab, niemand läuft herum, niemand macht Unsinn. Zu hören sind nur leise Gespräche zwischen Tischnachbarn, die sich über ihre Kreationen austauschen. Dabei inspirieren sie einander gegenseitig mit Ideen. Sie brennen schon darauf, sie umsetzen. Beim nächsten Mal.

Am Freitag, 9. Januar, findet von 14 bis 15.30 Uhr die nächste Lötwerkstatt in der Zukunftswerkstatt Buchholz am Sprötzer Weg 33 f statt. Pro Kind fallen Materialkosten in Höhe von einem Euro an. www.zukunftswerkstatt-buchholz.de