Das Jugendsozialprogramm zeigt in Neugraben erste Erfolge. Bezirk will Finanzierung für 2015 sichern

Neugraben. Die Kiezläufer kennen ihr Viertel. Sie sind hier aufgewachsen, wissen, wo man sich trifft, was wann los ist, aber auch was im Quartier fehlt. Und die Jugendlichen kennen die Kiezläufer. Das ist der Schlüssel zum Erfolg des Jugendsozialprojektes von In Via, das im Sommer dieses Jahres mit acht Kiezläufern an den Start ging und bereits jetzt erste Erfolge verzeichnet. Die Anwohnerbeschwerden über Krach und Müll, den Jugendliche auf Neugrabener Spielplätzen hinterlassen, gehen deutlich zurück, bestätigt Nicole Eggers von In Via. „Es rufen in der Tat weniger Leute an und beschweren sich. Das hören wir auch aus dem Stadtteilbüro von der steg“, sagt Eggers.

Im Januar wird die Bezirksversammlung Harburg darüber entscheiden, ob das Projekt weiter gefördert werden soll. Für die Haushaltsberatungen der Hamburgischen Bürgerschaft hatte die CDU einen Antrag zur Finanzierung der Kiezläufer eingereicht. Sie forderte, 150.000 Euro für das Projekt im Haushalt einzustellen. Der Antrag wurde zwar abgelehnt, aber dafür wurde der Quartiersfonds erhöht, damit die Bezirke die Kiezläufer aus diesem Topf finanzieren können.

Ahmet Baymaz ist 21 Jahre alt. Geboren ist der junge Offiziersanwärter in der Türkei, aufgewachsen ist er in Neugraben. Nach dem Abitur hat Ahmet sich für 13 Jahre beim Bund verpflichtet. Derzeit macht er gerade seine militärische Grundausbildung. Dann wird Ahmet vier Jahre zur Uni gehen. Inzwischen ist er nur noch an den Wochenenden in Neugraben. Jeden Sonnabend läuft er mit einem oder zwei anderen Kiezläufern durchs Viertel, spricht Jugendliche an, redet mit ihnen, versucht Konflikte zu lösen und berät die Jugendlichen über Freizeiteinrichtungen. Ahmet wurde bereits für sein soziales Engagement mit dem Neuwiedenthaler ausgezeichnet. Der Neugrabener hat schon früh angefangen, sich für Jugendliche und Kinder im Quartier zu engagieren, beispielsweise im Jugendcafé.

„Manchmal kicken wir auch einfach nur mit den Kids oder Jugendlichen. Aber unsere Hauptaufgabe besteht schon darin, mit ihnen zu reden und vielleicht Konflikte zu lösen“, sagt der junge Mann. Bevor die acht Kiezläufer in Neugraben auf ihre Touren gegangen sind, wurden sie durch Coaching, Deeskalations- und Mediationskurse vorbereitet. Sie haben auch von Fachleuten gelernt, wie sie Konflikte unter Jugendlichen auf der Straße lösen können. „Die Jugendlichen vertrauen uns, weil sie genau wissen, dass wir sie auf keinen Fall verpetzen. Und sie kennen uns natürlich auch“, sagt Ehsan Norozian, 25, aus Afghanistan. Wie sein Freund Ahmet ist auch er seit Beginn bei den Kiezläufern. Ehsan macht gerade eine Ausbildung zum Erzieher und will im Sommer 2015 seine Prüfung machen.

„Wir selbst haben als Jugendliche gemerkt, dass es hier kaum Angebote für uns gab. Wir hatten keine Vorbilder hier, keine besonderen Projekte für Leute in unserem Alter“, sagt Ehsan. Er selbst habe nicht einmal gewusst, dass es das Jugendcafé gab. Die mangelnden Angebote, insbesondere für ältere Jugendliche in den späten Abendstunden, seien der Grund dafür, sagen die beiden Kiezläufer, dass die Jugendlichen zu Drogen greifen und sich auf den Spielplätzen treffen, um Alkohol zu trinken. Und die Angebote für Kids und Jugendliche, die es gebe, seien zu wenig im Kiez bekannt, sagen Ahmet und Ehsan. Daran etwas zu ändern, darin sehen die beiden einen Teil ihrer Aufgabe als Kiezläufer. „Ich würde mir wünschen, dass die Jugendlichen in Neugraben mehr dafür kämpfen, dass sie bessere und weitere Angebote bekommen. Viele sind leider sehr frustriert und haben es aufgegeben, zu fordern“, sagt Ahmet. Der angehende Offizier, der auch im Stadtteilbeirat arbeitet, wünscht sich, dass es demnächst auch in Neuwiedenthal Kiezläufer geben wird. Dafür will er sich im Stadtteilbeirat einsetzen. Denn Ahmet ist, wie auch Ehsan, überzeugt von den Projekt.

Überzeugt von dem Projekt Kiezläufer ist auch Jürgen Heimath, SPD-Fraktionschef in der Bezirksversammlung Harburg. Das Projekt hat einen jährlichen Finanzierungsbedarf von 21.500 Euro. „Sehr gut investiertes Geld“, sagt Heimath. Das Projekt wird aus verschiedenen Töpfen getragen. Der Bezirk beteiligt sich mit 17.500 Euro im Jahr. Die Große Koalition sei sich einig darüber, so der SPD-Politiker, dass dieses Projekt unbedingt fortgeführt werden müsse.

Der Quartiersfonds des Bezirks Harburg wurde im Zuge der Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft in der vergangenen Woche von 130.000 auf 200.000 Euro erhöht. „Wir werden im Januar den Beschluss fassen, die Kiezläufer in 2015 zu finanzieren“, sagt Jürgen Heimath.