Rund 5000 Kinder kommen in der Adventszeit mit ihren Wünschen in das Christkind-Dorf Himmelpforten bei Stade

Himmelpforten. Der Weihnachtsmann wohnt in Himmelpforten, Am Christkindplatz 1, direkt neben dem Christkind-Postamt, das wissen Mia, Zoe und Emilia ganz genau. Jedes Jahr besuchen die Mädchen, wie etwa 5000 andere Kinder den Rauschebart in seiner guten Stube. Und weil so viele Kinder beim Weihnachtsmann in dem idyllischen Ort bei Stade ihre Wunschzettel persönlich abgeben möchten, stehen sie in langer Warteschlange mitunter bis zu zwei Stunden an.

Wer es dann über die Schwelle in die urgemütliche Weihnachtsmannstube geschafft hat, kann schon mal auf dem großen roten Plüschsofa sitzen und den Blick schweifen lassen. Über den gewaltigen Schreibtisch mit dem riesigen Merkbuch, mit all den Namen der Kinder, die auf Geschenke warten. Daneben liegt auch die Rute gleich bei der Keksdose.

Gebannt lauschen die Mädchen und Jungen, was die Kinder vor ihnen mit dem Weihnachtsmann beschnacken, bevor sie ihren Wunschzettel überreichen. Manche singen leise und schüchtern ein kleines Lied oder sagen kess ein Gedicht auf.

Die fünfjährige Zoe aus Osten im Landkreis Cuxhaven lobt erst mal den langen Bart des weisen, alten Mannes. „Das sind aber schöne, dicke Locken“, sagt Zoe und streichelt vorsichtig das weiße Haar. Gemeinsam mit ihrer Schwester Mia, 9, hat sie den Zettel mit den Bestellungen von Computerspiel bis Puppenstube kunstvoll verziert. „Das hat dem Weihnachtsmann in den Vorjahren auch gefallen, denn er hat fast alle Wünsche erfüllt“, sagt Emilia aus Himmelpforten. Die Sechsjährige hat Figuren, Engel und Elfen ausgeschnitten, viel gemalt und damit ihre Wunschzettel künstlerisch gestaltet. Neben ihr auf dem roten Plüschsofa sitzt Moritz, 7, aus Stade. Er hat seine Wünsche in einem verschlossenen Brief geheimnisvoll verwahrt und wartet, dass er gleich alles Wichtige mit dem Weihnachtsmann besprechen kann. Jetzt sind aber erst noch Elena (4) und ihr kleiner Bruder Luis dran. Sie sind mit ihrer Mutter Jessica Zander aus dem Kreis Cuxhaven angereist. Der zweijährige Luis guckt noch etwas schüchtern, erst zu dem Mann mit der roten Mütze und der Brille auf der Nase, dann zu seiner Schwester. Aber auf dem Schoß beim Weihnachtsmann tauen beide auf und erzählen von ihren Wünschen.

Für den Weihnachtsmann Hermann Rausche ist kaum eine Pause drin, solange noch erwartungsfrohe Kinder aus Bremen und Buxtehude, Hamburg oder Hannover, vor der Tür stehen. Inzwischen ist der Andrang, auch von Kindergartengruppen, jeden Tag so groß, dass er sich mit Paul Schrader und Hans Nau den Dienst teilen muss.

Nichts wird in der Adventszeit im Christkind-Dorf nur den Weihnachtswichteln überlassen. Ortsbürgermeister Bernd Reimers und sein Organisationsteam sorgen für festliche Beleuchtung und geschmückte Straßen, den kleinen, feinen Weihnachts- und Kunsthandwerkermarkt rund um die Villa von Issendorff und dafür, dass rund 5000 Kinder den Weihnachtsmann und das Christkind-Postamt besuchen können. Dort kommen jeden Tag mehr als 1000 Briefe mit Wunschzetteln aus aller Welt an. „Uns schreiben Kinder aus Neuseeland, Namibia, von den Kapverden oder aus Kassel, China und Castrop-Rauxel, Honkong oder Helgoland“, sagt Wolfgang Dipper, der das Postamt seit elf Jahren leitet. Rund 50.000 Briefe, in denen sich Kinder Spielsachen, einen Hund oder Computer wünschen, beantworten der Postbeamte und mehr als 20 ehrenamtliche „Helfer des Weihnachtsmannes“ vor dem Fest. Einige Kinder wünschen sich auch, dass schwerkranke Geschwister wieder gesund werden sollen. „Manches geht sehr zu Herzen, wie jüngst ein Brief, in dem junge Eltern berichten, dass ihr dreijähriges Kind todkrank ist und das nächste Weihnachten nicht erleben wird“, erzählt Dipper. „Da versuchen wir, sehr einfühlsam zu antworten, um etwas Trost zu geben.“ Auch Erwachsene schreiben an das Christkind, in 21709 Himmelpforten, vom persönlichen Glück oder ihren Sorgen – nur, um einmal Post vom Weihnachtsmann zu bekommen. Inzwischen werden die Unmassen an Briefen von der Post gesponsert, damit auch wirklich jeder Schreiber eine Antwort vom Weihnachtsmann erhält.

Die himmlische Weihnachtsgeschichte im Christkind-Dorf begann vor 52 Jahren und machte den niedersächsischen Ort Himmelpforten in aller Welt bekannt. Die damals achtjährige Bärbel, Tochter vom Gastwirt Witt, wünschte sich eine Puppe und einen kleinen Bruder. Vater Witt riet dem Kind, an den Weihnachtsmann zu schreiben. „Das habe ich 1962 getan und war überglücklich, als ich eine Antwort auf einem Briefbogen mit Glanzbildern bekam“, erinnert sich Bärbel Rosendahl heute.

Der damalige Postamtsleiter Helmut Stolberg hatte der kleinen Bärbel handschriftlich im Namen des Weihnachtsmannes geantwortet und das Weihnachtsmärchen nahm seinen Lauf. Stolbergs Nachfolger, der Postbeamte Hermann Bardenhagen (1925 bis 2014) der zehn Jahre Bürgermeister des Christkind-Dorfes war, leitete von 1967 bis 2003 das himmlische Postamt und erhielt im Jahr 2000 dafür das Bundesverdienstkreuz vom damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau.