Impressionen aus dem Stadtteil: Werner Meinecke zeigt seine Sammlung tausender Fotografien von gestern und heute auf dem Weihnachtsmarkt

Harburg. Als ehemaliger Postbote kennt der 64 Jahre alte Werner Meinecke fast jeden Winkel Harburgs. Da er fast 40Jahre lang Briefe, Päckchen oder auch Eilsendungen zustellte, hat der im Vorruhestand lebende Beamte auch einen Draht zu vielen Bewohnern des Bezirks zwischen Sinstorf und Heimfeld, Neuland und Appelbüttel. Und wenn er ab dem heutigen Montag, wieder auf dem Harburger Weihnachtsmarkt vor dem Rathaus wieder den Marktstand öffnet und besondere Schätze seiner Fotosammlung „Harburg im Wandel der Zeit – Veränderungen der letzten 50 Jahre in Wort und Bild“ präsentiert, dann wird er sicherlich wieder von vielen seiner ehemaligen Briefkasten-Bekanntschaften angesprochen.

„Ich war Postbote durch und durch“, sagt Meinecke. Aber das ist nur die halbe Wahrheit, die der gebürtige Harburger, der mit seiner Frau Irmgard in einem Reihenhaus lebt, da preisgibt. Die zweite Wahrheitshälfte lautet: Er ist Sammler durch und durch. Dass er mehr als 1600 Modellautos des DDR-Volkswagens Trabant besitzt und ein kaum überschaubares Bündel an Beschreibungen und Schnickschnack mit Trabbi-Bezug sein eigen nennt, hat ihm bereits einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde beschert. Aber der Eintrag war es nicht allein. Auch das Hamburger Abendblatt hat ausführlich über Meinecke und seine Trabbi-Sammlung berichtet.

An seinem Weihnachtsstand, der am 22. und 23. Dezember sowie am 26., 27. und 28. Dezember geöffnet ist, steht in gedruckten Buchstaben die Zeile: „Als Harburger Junge möchte ich mit meinen alten Fotos den Harburger Weihnachtsmarkt für alle Besucher interessanter machen.“ Dabei erhofft er sich viele nette Gespräche mit Rückblicken in vergangene Zeiten. „Ich möchte auch bei jüngeren Bewohnern des Bezirks ein Bewusstsein für die Vergangenheit wecken“, sagt Meinecke, der auch einer Geschichtsgruppe aus dem Umfeld des Helms Museums angehört. Kürzlich hatte er einer Klasse der Schule Kerschensteinerstraße alte Harburg-Bilder gezeigt und dazu einen Vortrag gehalten. Ähnliche Vorträge plant er auch in Senioreneinrichtungen.

Mit seiner Sammelleidenschaft ist noch lange nicht Schluss. Meinecke vermutet in so manchem Schuhkarton oder Album noch jede Menge Fotos aus dem alten Harburg. Daran hat er Interesse und wünscht Kontaktaufnahme. An seinem Marktstand hängt dazu ein Briefkasten. „Es wäre schade, wenn altes Fotomaterial einfach in den Müll entsorgt wird“, sagt er. Einen wahren Fotoschatz hatte Meinecke aus dem Nachlass des 2008 gestorbenen Harburgers Gerd Szczepaniak übernehmen können. Der Fotograf hat alle Fotos und Daten in Ordnern zusammengefasst und Wert darauf gelegt, möglichst vergleichbare Ansichten von früher und heute zu zeigen. Beim Blick zurück in die 1980er Jahre werden auch bei noch jüngeren Harburgern Erinnerungen wach.

Da ist die Ecke Krummholzberg, Wilstorfer Straße, Moorstraße zu sehen. Im Vordergrund eine nicht mehr existierende Grünanlage mit Wegen und Treppen zum heutigen Gloria-Tunnel. Am Platz der Grünanlage steht heute das Harburg Quarrée. An der Moorstraße sind noch die Phoenix-Werkhallen zu erkennen, dort, wo seit zehn Jahren das Phoenix Center steht. Vor etwas mehr als dreißig Jahren war Harburg eine Großbaustelle. Dafür hatte der Bau der S-Bahnline gesorgt. Am Alten Postweg in Heimfeld ist der S-Bahntunnel in offener Grube gebaut worden. Riesige Stahlträger stützen die Seitenwände. Links und rechts stehen Hochhäuser. Auch die Ansicht von der Buxtehuder Brücke dokumentiert den S-Bahnbau, daneben ist aber auch der Bau des Suba Centers – heute Marktkauf – am Seeveplatz gut zu erkennen.

Gleich um die Ecke, an der Goldschmidtstraße, sah es 1986 noch wüst aus. Wenig später wurde auf dem Gelände neben dem Gummi-Unternehmen Balatros das Panorama Hotel gebaut. Auf der anderen Seite des damals noch jungen Harburger Rings gab es an den Straßen Küchgarten/Am Werder noch keine modernen Geschäftshäuser. Das Möbelhaus Chr. Boller hatte dort seinen Sitz in mehreren Altbauten. Die Ansicht des Finanzamtsknotens lässt die größtenteils eingerichtete Einbahnstraßenregelung des neu gebauten Harburger Rings erkennen. Und beim Blick über die Bahngleise zeigt sich deutlich, dass Harburgs Binnenhafengebiet am Schellerdamm und am Karnapp noch weit entfernt war von moderner Stadtentwicklung mit schicken Büro- und Wohnhäusern. Das Eckhaus der Bäckerei Emil Schäfer musste dem 2003 gebauten, 75 Meter hohen Channel Tower weichen.

Als Postbote hat Meinecke einen Großteil der jüngeren Stadtentwicklung Harburg selbst miterlebt und recht häufig auf den Auslöser seines Fotoapparats gedrückt. Anfangs belichtete er Farbnegativ- und Diafilme, inzwischen ist er auf Digitalfotografie umgestiegen. Nur ein Teil seiner Fotoschätze ist unter www.harburgwelt.de im Internet zu finden. Auf der Seite erhalten Besucher auch Hinweise für die Kontaktaufnahme.