Tierschänder schleicht nachts auf die Weiden. Alarmstufe Rot bei den Pferdehaltern im Landkreis Harburg

Tostedt/Otter. „Das mulmige Gefühl auf dem Weg zur Weide ist jeden Morgen da“, klagt Daniel Hoppe, der einen Fjordhof in Tostedt führt und Besitzer vieler Pferde ist. Er hat Angst um seine Tiere und kann kaum glauben, was zurzeit im Landkreis Harburg passiert. Seine Pferde bringt er daher nah am Haus unter. Bereits seit Mitte Oktober treibt ein Pferdequäler im Umkreis von Tostedt und Otter sein Unwesen. Der Unbekannte hat bereits mehrere Tiere schwer verletzt, die Stuten im Genitalbereich übel zugerichtet, Hengste mit Gegenständen geschlagen. Und es ist wohl kein Ende der Taten abzusehen. Nun soll ein Pferdeschänder auch in der Nähe von Hollenstedt unterwegs sein und sich dort am vergangenen Donnerstag an einem weiteren Pferd vergangen haben. Derselbe Täter? Ein weiterer Schock für alle Pferdebesitzer.

Begonnen hatte alles mit den Misshandlungen zweier Pferde, die auf abgelegenen Weiden im Raum Tostedt standen. Prellungen auf dem Rücken, an den Vorderbeinen und an der Schulter, die alle durch Schläge mit harten Gegenständen entstanden sind, wurden festgestellt. Noch während der Ermittlungen gingen bei der Polizei sechs weitere Meldungen ein. Alles waren Fälle von Misshandlungen an Pferden. Der Unbekannte soll rund um Otter Wallache gefesselt und anschließend verprügelt und die Stuten – offenbar sexuell motiviert – missbraucht haben. Diese mussten dann zum Teil mit schweren inneren Verletzungen in eine Klinik gebracht werden. Zwei Pferdehalterinnen stellten im November zudem fest, dass die Tränken auf den von ihnen genutzten Weiden mehrfach umgekippt worden waren. Die Tiere wären dazu nicht in der Lage.

Wildkameras sollten daraufhin Anhaltspunkte liefern. Sie brachten schließlich Schockierendes an den Tag: Zwischen 23 und 2 Uhr nachts wurde eine dunkle Gestalt gefilmt, die einer Stute nicht nur Gegenstände, sondern auch den eigenen Arm in den After steckte. Eine Tat, die nicht nur bei den Besitzerinnen auf Entsetzen stößt. Doch trotz der vielen Hinweise, die täglich in der Polizeidienststelle in Tostedt eintreffen, ist der Täter bislang noch auf freiem Fuß und versetzt die Tierhalter weiter in Angst und Schrecken.

„Zum Glück ist unser Hof ziemlich zentral im Ort und somit umringt von Nachbarn, die alle Augen offen halten“, sagt Hoppe. Die Polizei rät zwar allen Pferdebesitzern, ihre Tiere nachts in die Ställe zu bringen, doch das ist nicht immer möglich. Auch eine Pferdebesitzerin aus Hollenstedt, die ihren Namen nicht veröffentlicht wissen möchte, bringt ihre achtzehn Pferde nun jeden Abend in den Stall, kennt jedoch die schwierige Situation anderer Halter. Sie sagt: „Viele Halter haben ihre Pferde im offenen Stall stehen und besitzen gar keine andere Unterbringung. Ihnen bleibt also nichts anderes übrig, als die Tiere nachts auf den Weiden stehen zu lassen – in der Hoffnung, dass der Täter möglichst bald überführt wird, bevor noch so eine grausige Tat passiert.“ Der Täter geht durchaus skrupellos vor. Häufiger wurde er bereits gesehen und verfolgt. Dennoch kommt er immer wieder.

Betroffene Landwirte und Pferdehalter haben nächtliche Kontrollfahrten durch die Orte und an den Weiden vorbei organisiert, und auch die Polizei fährt vermehrt Streife. In Wohnwagen, die auf den Weiden postiert wurden, schieben manche Pferdehalter Wache. Die Polizei hat allen Pferdehaltern empfohlen, jede kleinste Veränderung an ihren Tieren, Weiden oder den Stallungen sehr sensibel zu beobachten und im Zweifelsfall sofort die Polizei zu informieren.

PETA Deutschland hat eine Belohnung in Höhe von 1000 Euro ausgesetzt

Judith Pein äußert sich im Namen der Tierschutzorganisation Peta zu den Vorfällen: „Sadistische Täter belassen es häufig nicht bei Tierquälerei und vergehen sich später unter Umständen an Menschen. Insbesondere Taten mit möglichem sexuellem Hintergrund dürfen nicht verharmlost werden. Pferdehalter und Tierfreunde in der Gegend sollten verstärkt aufmerksam sein und ihre Tiere bestmöglich vor einer ähnlichen Misshandlung schützen.“

Gerade Taten, die zuvor an Pferden ausgeführt wurden, dienen oft als Anzeichen für eine Vorstufe schwerer Sexual- und Gewaltverbrechen an Menschen, so die Tierschützerin.

Zur Unterstützung setzt Peta zudem eine Belohnung in Höhe von 1000 Euro für Hinweise aus, die zu der Ermittlung und zur Überführung des Täters beitragen.