Armin Sengbusch ist als Poetry-Slammer bekannt, doch der Künstler kann viel mehr

Ein Mann mit Gitarre im Strom der Passanten auf der Mönckebergstraße im Herzen Hamburgs. Er spielt und singt, doch keiner bleibt stehen. Die Menschen hasten an ihm vorbei, ruhelos, gehetzt, getrieben. Das alles hält die Kamera fest, in Schwarz-Weiß-Bildern, die keine wärmende Heimeligkeit aufkommen lassen.

„Wir sind alle gefangen zwischen Beton und Gefühlen und das Leben ist bunt und anonym“, heißt es in dem Song „Anonym“. Eine adäquatere visuelle Umsetzung seiner Musik für den zweiten Videoclip zu seinem ersten Album „Ich kann fühlen, dass Du einsam bist“, das seit Freitag auf dem Markt ist, hätte Armin Sengbusch kaum gelingen können.

Der 47-Jährige ist vielen vor allem als Poetry Slammer bekannt. Dabei ist der gebürtige Pinneberger ein wahres Multitalent. In Asendorf, im Landkreis Harburg aufgewachsen, hätte er wohl auch das Zeug zum Profifußballer gehabt. 33 Jahre ist er zwischen den Toren unterwegs gewesen, vornehmlich als Innenverteidiger und Manndecker. Viele Jahre gehörte der Abwehrspieler zum Kader des Landesligisten VfL Jesteburg. Sogar der FC St. Pauli hatte ihn im Visier, lud ihn zum Probetraining. Doch nach einem Knorpelschaden im Knie musste er den Traum von Auftritten in den großen Kicker-Tempeln der Republik früh begraben.

Dafür blieb er der Szene lange als Sportjounalist, Fotoreporter und Betreiber eines eigenen Internetportals treu. Doch war er mit seiner Initiative kurz nach dem Jahrtausendwechsel der Zeit zu weit voraus. Der exzellente, weil topaktuelle und umfassende Service für unterklassige Fußballliegen ließ sich einfach nicht monetarisieren, obwohl die Klickzahlen für ein regionales Sportportal nachgerade gigantisch waren. Ein Widerspruch, der bis heute vielen lokalen Internet-Aktivisten zu schaffen macht.

Doch zum Glück ist Sengbusch ja noch mit vielen anderen Talenten gesegnet. Und die Bühne, auf der er sich bewegt, muss nicht zwingend grasgrün sein. So konzentrierte er sich fortan auf das, was er vielleicht sogar am besten kann: Menschen zum Nachdenken animieren. Über Gott und die Welt, buchstäblich. Als „Schriftstehler“, wie er sich selbst nennt.

Sein Potenzial als begnadeter Schreiber hat er bereits in sieben Büchern unter Beweis gestellt, in lyrischen Werken ebenso wie in Kurzgeschichten und dem Roman „Das Chamäleon“. Doch das Fabulieren im stillen Kämmerlein war ihm nie genug. „Ich brauche den direkten Kontakt zum Publikum. Weil mir die Rückkopplung zu dem, was ich da denke und formuliere sehr wichtig ist“, sagt Sengbusch.

Nicht zufällig beteiligt er sich deshalb immer wieder an Poetry Slams. „Nirgends ist die Reaktion des Publikums so direkt, ungefiltert und oft auch gnadenlos“, weiß der „Schriftstehler“. Mitleidsapplaus gebe es da einfach nicht. Stattdessen immer wieder den Adrenalinkick, „ob das, was du vorträgst, auch bei den Leuten ankommt“.

Inzwischen sei ihm das Gefühl, die Menschen wirklich erreicht und für sich gewonnen zu haben viel wichtiger, als einen Slam zu gewinnen: „Wenn sie am Ende zu dir kommen, dich umarmen und sagen, dass du sie mit deinen Texten berührt und zum Nachdenken gebracht hast, ist das der beste Lohn.“

Auf diese Weise ist der Texter Sengbusch, auch zu seinem ersten Musikalbum ermutigt worden. Selbst Musiker und Arrangeur hat er in dem Harburger Pianisten und Produzenten Christof Osburg einen kongenialen Partner gefunden. „Er hat mich bestärkt und inspiriert, dieses CD-Projekt mit seiner Kritik, seinem Können und seiner Kreativität aber auch maßgeblich bereichert“, sagt Sengbusch.

Entstanden ist so ein vielschichtiges Debütalbum, das „mit klassischer Liedermacherästhetik und Songwriter-Pop aufwartet“ und „elegant die Lücke zwischen Niels Frevert und Klaus Hoffmann füllt“, wie der Kritiker Gérard Otremba befand. In der Tat besticht die Sammlung aus elf Songs durch große musikalische Vielfalt, die sich auch mit Anleihen aus Soul, Rock, Rap und HipHop aufwartet.

„Ich bin kein Sänger, ich bin Geschichtenerzähler“, sagt Sengbusch selbst. Er wolle Bilder in den Köpfen seiner Zuhörer erzeugen. Er wolle sie dazu animieren, Vorgänge und Gewohnheiten zu hinterfragen. Und nicht aufzugeben, selbst wenn man einmal ganz unten ist. Ja, es sei auch Musik zum Trauern und Mitweinen. Aber auch zum Bekenntnis, dass es immer weiter gehe und sich stets neue Türen öffnen würden.

„Sag nicht, dass du nutzlos bist – ich weiß, was in dir steckt. Du kannst gehen, du kannst laufen, du kannst sprechen, du kannst sehen“, heißt es in dem Song „Stille“. Diese Sätze versteht Armin Sengbusch durchaus auch als Aufforderung an sich selbst. Seit seiner Kindheit von chronischen Depressionen geplagt, sei die Arbeit an der CD auch Therapie für ihn gewesen, ein Aufbegehren gegen die „Dunkelheit im Kopf“.

„Ich kann fühlen, dass Du einsam bist“, Musik-Cd voenArmin Sengbusch und die geheimen Sinfonikern, erschienen beim Label Timezone, Kat.-Nr.: TZ328, Preis: 12 Euro.