Nach Kürzung und Streichung von Fördergeldern muss sich die Kulturszene neu aufstellen

Jesteburg. Katerstimmung bei den Kulturvereinen und Kunstinitiativen in Jesteburg. Der Kulturausschuss der Gemeinde hatte sich in der vergangenen Woche bei den Haushaltsverhandlungen klar zu einem stärkeren Engagement in der Kunststätte Bossard bekannt (das Abendblatt berichtete). Schmerzhaft sind allerdings die Folgen, die dies für die anderen Kunstaktiven hat. 25.000 Euro, die Hälfte des Kulturetats, fließen in Zukunft in die Kunststätte Bossard. Damit bleiben weitere 25.000 Euro für die gesamte Kulturarbeit in der Gemeinde. Viele Vereine hatten ein Förderung beantragt, einige müssen im kommenden Jahr gänzlich ohne die finanzielle Unterstützung der Gemeinde auskommen. Allerdings stellt die Gemeinde auch weiterhin ihre Veranstaltungsorte kostenlos zu Verfügung und bietet dadurch auch kleinen Gruppen Möglichkeiten zur Entfaltung.

Eine Absage erhielten der Frauenchor Seevetal und der Posaunenchor Jesteburg. Sascha Kiehn, erster Vorsitzender der Posaunisten, hatte 1500 Euro beantragt. „Das ist für uns ganz schön viel Geld, das uns nun fehlt“, kommentiert er die Entscheidung. Die rund 30 Vereinsmitglieder müssen sich nun überlegen, wie sie den fehlenden Betrag kompensieren könnten. „Wir werden wahrscheinlich ein zusätzliches Konzert geben.“ Kiehn geht noch einen Schritt weiter: „Wir haben uns bisher immer ehrenamtlich in die Veranstaltungen der Gemeinde eingebracht, da wäre jetzt zu überlegen, ob wir weiter kostenlos zur Verfügung stehen.“ Zwar ist Kiehn von der Entscheidung für Bossard überzeugt, hätte sich bei dem Restgeld aber eine breit gefächerte Verteilung gewünscht, „es sind vor allem die kleinen Vereine, die hier viel machen. Ich weiß nicht, ob sich die Gemeinde mit den Kürzungen womöglich ins eigene Fleisch schneidet.“

Karin Neudert, Vorsitzende des Jesteburger Podiums, sieht das ähnlich. Ihr Kunstverein bekommt zwar Unterstützung, allerdings will die Gemeinde statt der beantragten 9500 Euro nur 5000 Euro zahlen. Da sie frühzeitig die Künstler für das kommende Jahr verbindlich buchen muss, weiß sie, dass auf sie Ausgaben für die Gagen in Höhe von 18.000 Euro zukommen. „Wir haben ein anspruchsvolles Niveau, das wollen wir halten“, sagt sie. Sie sieht die monatlich stattfindenden Veranstaltungen als ein soziales Event für Jesteburg. Deshalb möchte sie nur ungern die moderaten Eintrittspreise erhöhen. Auch die Beiträge für die 140 Mitglieder will sie nicht antasten. „Wir suchen jetzt intensiv nach Sponsoren, sonst müssen wir wohl ein Darlehen aufnehmen.“

Auch Cornelia Salje, die das Projekt „Kinder spielen Klassik“ leitet, sieht die Kulturarbeit der kleineren Gruppen nicht angemessen gewürdigt. Ihr Antrag auf Förderung ist noch in der Schwebe, er wird im Verwaltungsausschuss nachverhandelt. Was am Ende dabei herauskommt, ist noch nicht klar, sicher ist aber, dass auch sie weniger Unterstützung erhalten wird. Sie schmerzt vor allem, dass der Chor Seevetal leer ausgegangen ist. „Die Damen besuchen Altenheime und singen für Kranke – dass der Gemeinde das nicht mal die beantragten 500 Euro wert war, finde ich beschämend“, sagt sie.

Als Opernsägerin kennt sie den Kunstbetrieb gut, sie verlässt sich bei der Finanzierung ihres Projekts nicht nur auf die Gemeinde, sondern hat auch bei Stiftern und Sponsoren angefragt. Außerdem weiß sie das Angebot der Gemeinde, alle Veranstaltungsorte kostenlos zu nutzen, sehr zu schätzen. „Das wäre viel Geld, was man zusätzlich für die Miete zahlen müsste.“ Auch sie steht hinter der Entscheidung für Bossard, sieht aber die hohe Förderung kritisch. „Ich hätte mir gewünscht, dass das Geld aus anderen Etats kommt.“ Sie befürchtet, dass die kulturelle Vielfalt unter den Kürzungen leiden könnte: „Die Vereine stehen auch für ein Stück Lebensqualität hier in Jesteburg.“