In Harburg müssen mehr als 250 Flüchtlingskinder unterrichtet werden. Fehlende Kapazitäten in den Erstaufnahmen

Harburg. Nach wie vor kommen täglich bis zu 50 neue Flüchtlinge in die Zentrale Erstaufnahme (ZEA) in der alten Post am Bahnhof Harburg, darunter auch weiterhin viele Kinder und Jugendliche. Verzeichnete die Hamburger Innenbehörde 2012 noch 481 schulpflichtige Asylbewerber, so waren es bis Ende November dieses Jahres bereits 1304. Damit hat sich die Zahl innerhalb von nur zwei Jahren fast verdreifacht. Das stellt insbesondere die Hamburger Schulen vor immense Herausforderungen. Denn vom Zeitpunkt ihres Eintreffens in der ZEA an müssen die Flüchtlingskinder in das deutsche Bildungssystem integriert werden.

Dem Bezirk Harburg kommt bei dieser Aufgabe seit Eröffnung der ZEA in der Poststraße Anfang Juni dieses Jahres eine Hauptrolle zu. Allein 147 schulpflichtige Flüchtlinge sind hier untergebracht. Hinzu kommen noch einmal 104 in der Dependance auf dem Schwarzenberg. Nur in der ZEA an der Schnackenburgallee im Volkspark waren es mit 165 mehr. Beim Anteil der unter Zehnjährigen liegt Harburg mit 72 auch nur knapp hinter der Einrichtung im Volkspark, wo es 83 sind. Das geht aus der Senatsantwort vom 20. November auf eine Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion hervor.

„Die unausgewogene Verteilung der schulpflichtigen Kinder mit Schwerpunkten in den Bezirken Mitte und Harburg ist nicht akzeptabel“, sagt Karin Prien, schulpolitische Sprecherin der Christdemokraten. Das gelte sowohl für die Unterbringung und Beschulung in der Erstaufnahme, als auch bei der Folgeunterbringung.

„Gelungene Integration setzt voraus, dass die Kinder und Jugendlichen, die zu uns kommen, unsere Sprache lernen und sich auch mit unserer Kultur vertraut machen und diese positiv erleben. Dafür ist die Beschulung schon in der Erstaufnahme, und zwar nicht nur im Fach Deutsch, und der möglichst schnelle Besuch einer Schule unbedingt erforderlich“, so Prien.

Positiv sei zwar, dass es offiziell keine Wartezeiten für Flüchtlingskinder bei der Zuweisung eines Schulplatzes im allgemeinbildenden Bereich gebe. Dem stehe jedoch gegenüber, dass die Bildungsangebote in den ZEA „sehr begrenzt“ seien. Trotz einer Ausweitung der Angebote könnten aufgrund unvermindert hoher Zugänge nicht alle Kinder und Jugendlichen in Kurse aufgenommen werden.

Laut Schulbehörde wird in den Zentralen Erstaufnahmen von speziell geschulten Lehrkräften und Sozialpädagogen pro Tag sechs Stunden Unterricht angeboten. Dabei gehe es vor allem um die Vermittlung von Grundkenntnissen in der deutschen Sprache. Weil viele Flüchtlingskinder durch Krieg und Vertreibung traumatisiert seien, müsse aber auch „mit besonderem Einfühlungsvermögen Vertrauen aufgebaut werden“, sagt Dana Schöne, Schulleiterin der Schule Maretstraße im Phoenix-Viertel. Mit ihren Kollegen organisiert sie seit Monaten die „pädagogische Erstversorgung“ in der ZEA Harburg. Was aufgrund der hohen Fluktuation ein schwieriges Unterfangen ist.

Bislang wurden sowohl in der alten Post am Bahnhof Harburg, als auch auf dem Schwarzenberg je eine Lerngruppe für den Grundschulbereich und eine für die Sekundarstufe eins eingerichtet. In jeder Gruppe sollen möglichst nicht mehr als zwölf Kinder und Jugendliche unterrichtet werden. Überdies wurden mehrere ABC-Klassen und sogenannte Internationale Vorbereitungsklassen (IVK) eingerichtet. Im Bezirk Harburg an der Grundschule An der Haake, an den Schulen in der Dempwolffstraße und in der Maretstraße, an den Stadtteilschulen Ehestorfer Weg und Süderelbe, sowie im Heisenberg-Gymnasium.

„Auffällig dabei ist, dass Schulen, die ohnehin schon einen hohen Migrantenanteil haben, nun auch noch den Löwenanteil bei der Integration von Flüchtlingen erbringen müssen“, so Prien. Hier bedürfe es für alle Schulformen „verbindliche Frequenzschlüssel“.

Ein weiteres gravierendes Problem sieht die CDU-Politikerin bei der therapeutischen Betreuung traumatisierter Flüchtlingskinder. „Laut Senatsantwort befinden sich aktuell lediglich 51 Flüchtlingskinder in einer Traumatherapie, obwohl insgesamt Hunderte schulpflichtiger Flüchtlinge eine vergleichbare psychologische Betreuung benötigen würden“, moniert Prien. Zudem gebe es zur Feststellung etwaiger Therapie- und Betreuungsbedarfe nicht einmal eine spezielle Anlaufstelle. „Hier muss zwingend nachgebessert werden. Die Kapazitäten im Ambulanzzentrum des UKE und seiner Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychotherapie und -psychosomatik sind offenbar unzureichend“, sagt Karin Prien.