Für den ersten Harburger Jugendkulturpreis bewarben sich fünf Grundschulen und ein Kinderatelier

Harburg. Zur großen Bühne für kleine Künstler ist am Sonnabendnachmittag das Podium des Stellwerks am Harburger Bahnhof geworden. Bei der Verleihung des ersten, mit insgesamt 1000 Euro dotierten Harburger Jugendkulturpreises war der Klub buchstäblich bis auf den letzten Platz gefüllt. Der Andrang überraschte selbst die anwesenden Kommunalpolitiker, die den Preis im März vergangenen Jahres über Fraktionsgrenzen hinaus beschlossen hatten. Ein kluger Beschluss, wie die Präsentation der Bewerberarbeiten im Stellwerk bewies.

„Das Ergebnis ist beachtlich und ermutigend“, sagte Bernd Kähler (SPD), einer der Initiatoren des Preises. Dabei sei das vorgegebene Thema „Verborgenes sichtbar machen“ ja eher sperrig gewesen. Offenbar nicht für die Mädchen und Jungen der fünf Harburger Grundschulen und eines Kinderateliers, die sich an der Erstausschreibung des Wettbewerbs beteiligt hatten. Fantasievoll und sehr kreativ haben sie sich des Themas angenommen. Und sind dabei zu teilweise verblüffenden Interpretationen gelangt.

So, wie etwa Erst- und Zweitklässler der Grundschule Grumbrechtstraße. Sie nahmen sich ein markantes Wohnhaus am Alten Postweg als Reflexionsfläche und fabulierten munter drauf los, wer dort wohl alles unter einem Dach leben könnte. Nämlich eine Studentin, vermutlich der Technischen Uni, ein Mann mit zwei Dackeln und natürlich eine Familie mit Kindern. Gestaltet haben sie ihr Werk ganz „zeitgemäß“ in der Art eines Adventskalenders. Denn erst, wenn der Betrachter die Fenstertürchen öffnet, kann er hinter die Fassade schauen und, tatsächlich, „Verborgenes sichtbar machen“.

Dafür holten sich die Grumbrecht-Schüler einen der beiden ersten Preise, die mit jeweils 180 Euro dotiert waren. „Ich fand die Idee einfach großartig“, sagt Sabine Langner, als Autorin und Fotografin Mitglied der vierköpfigen Jury: „Da gab es einen ganz konkreten Bezug zu ihrem Kiez und damit ihres Lebensumfelds und auch noch eine wunderbare, aktuelle Anknüpfung an die Adventszeit mit all ihrer Vorfreude auf Weihnachten.“

Auch ihre Jurykollegin, die Harburger Künstlerin Anke de Vries kam nicht umhin einzugestehen, dass ihr Votum „eher emotional“ geprägt gewesen sei. „Mich hat begeistert, wie bodenständig und klar sich die Kinder dem Thema genähert und wie nah an ihrem Alltag sie es dann umgesetzt haben“, begründete sie die Vergabe des anderen ersten Preises an die Klasse 4 b der Grundschule Ohrnsweg. Die hatten „Verborgenes sichtbar machen“ ganz wörtlich genommen und zu Papier gebracht, was man eben nicht auf den ersten Blick sieht. Auf den gesammelten Zeichnungen ihres Wettbewerbsprojektes finden sich unter anderem, eine aufgeklappte Federtasche, im Meer lebende Tiere, ein Skelett, einen offenen Kühlschrank. Und dann war da noch ein Graphitfleck, der eine Amöbe darstellen soll. Mit beigefügter Lupe, um das kleine Tierchen eingehend begutachten zu können. Das normalerweise ja viel zu klein ist, um es tatsächlich sehen zu können.

„Alle Teilnehmer haben das Motto sehr schön und passend umgesetzt“, befand Bezirksamtsleiter Thomas Völsch mit Blick auf die im Stellwerk auf meterlangen Stellwänden präsentierten Werke. Sie seien nicht zuletzt ein Beleg dafür, wie bunt und jung Hamburgs südlichster Bezirk sei. „Das kreative Chaos, dem die vielen sehenswerten Bilder und Sammlungen entsprungen sind, beweist, dass ihr Recht und Anspruch darauf habt, ernst genommen zu werden“, gab der Verwaltungschef den vielen jungen Künstlern mit auf den Weg.

Mitinitiator Bernd Kähler wertete den gesamten Wettbewerb, an dem sich mehr als 100 Mädchen und Jungen beteiligt hatten, als „Ausdruck großer Lebensfreude“. Für ihn seien in vielen Werken gar „Elemente der mitteleuropäischen Aufklärung“ zum Tragen gekommen. „Es ist meine feste Überzeugung, dass die Bezirksversammlung auch in den kommenden Jahren finanzielle Mittel für den Harburger Jugendkulturpreis bereitstellen wird. Allerdings hoffe ich, dass der Preis dann noch eine größere Breitenwirkung entfaltet, da er bei der Premiere doch sehr grundschullastig war“, so Kähler.