Kommunalpolitiker teilen Kritik an den Umzugsplänen der Schulbehörde für die Grundschule Kerschensteinerstraße

Harburg. Der Brandbrief des Elternrates der Grundschule Kerschensteinerstraße hat auch die Kommunalpolitik alarmiert. Wie bereits berichtet, richtet sich der Protest vieler Mütter und Väter gegen die Umzugspläne der Schulbehörde. Um den Ausbau der benachbarten Goethe-Schule-Harburg (GSH) voranzutreiben, sollen bis Mai 2016 Vorschüler sowie die ersten und zweiten Klassen der „Kersche“ an den Standort der Schule Schwarzenbergstraße verlegt werden. Ende 2017, Anfang 2018 ist dann der finale Umzug der gesamten Grundschule ins Lessing-Gymnasium Am Soldatenfriedhof geplant. „So ist eine kind- und grundschulgerechte Beschulung aber nicht mehr möglich“, sagt der Elternratsvorsitzende Mehmet Sahin.

Nach Ansicht vieler Eltern sei weder der zweimalige Umzug der Kleinsten akzeptabel, noch das Ausweichdomizil am Schwarzenberg. Nicht nur, dass gleich um die Ecke die Drogenberatungsstelle Abrigado regelmäßig ihr Klientel betreue. An der Schule Schwarzenbergstraße würden zudem lern- und verhaltensauffällige Fünft- bis Zehnklässler beschult. Weil unter anderem Pausenhof und Aula gemeinsam genutzt werden müssten, seien Konflikte programmiert. Überdies gebe es zwischen der Straße Zur Seehafenbrücke und der Kasernenstraße keine sichere Querung über die vielbefahrene Schwarzenbergstraße.

„Es ist ein Provisorium auf unabsehbare Zeit, das in vielerlei Hinsicht von seinen räumlichen Gegebenheiten her nicht geeignet ist“, sagt die schulpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Karin Prien. Gemeinsam mit Parteifreundin Birgit Stöver hat sie im September und im November deshalb gleich zwei Kleine Anfragen an den Senat gestellt. Dessen Antworten sie kaum zu überzeugen vermochten: „Die Rahmenbedingungen am Standort Schwarzenbergstraße sind aus unserer Sicht nicht akzeptabel. Wir teilen die Kritik der Eltern ausdrücklich.“

Auch im Hinblick auf den Verdacht, die Behörde hätte ganz bewusst gerade den „Kersche“-Schülern diese Belastung zugemutet. „Die Schule hat bekanntermaßen einen extrem hohen Anteil an Migrantenkindern. In den zweiten Klassen beträgt er aktuell 89,3 Prozent“, sagt Prien. Da sei ein gewisses Kalkül, solch eine Elternschaft würde womöglich am wenigstens aufbegehren, nicht von der Hand zu weisen.

Stattdessen entwickeln die Mütter und Väter der „Kersche“-Schüler gerade jede Menge Druck auf den Senat und seine Schulbehörde. Dem gemeinsamen Brandbrief ließen rund 80 Prozent aller Eltern Mitte der Vorwoche einen mehrheitlichen Beschluss folgen, am Sonnabend, 13. Dezember, einen Protestmarsch von der Schule in die Harburger Innenstadt zu organisieren.

Die Schulbehörde reagiert bislang sehr zurückhaltend auf die massive Elternkritik. Es würden weitere Gespräche mit den Elternvertretern geführt, „um die Planungen zu erläutern“, heißt es. Zwischenzeitlich sei zwar erwogen worden, die gesamte Grundschule in mobile Klassenräume auszulagern. Doch die Suche nach entsprechenden Flächen sei leider erfolglos geblieben. Im übrigen sei die Konzentration von Migrantenkindern keineswegs bewusst herbeigeführt, vielmehr „spiegelt die Schülerschaft das soziale Umfeld der Schule wider“, so Behördensprecher Peter Albrecht.

Derweil hält auch die Harburger Links-Fraktion „dieses ,Stühlerücken’ der Kleinen und die auf lange Sicht geteilte Schulgemeinschaft für völlig unangemessen“. Nicht ohne Grund hätte die Linke den Schulentwicklungsplan abgelehnt und einen eigenen erarbeitet. „Denn diese Wanderungen über einen so langen Zeitraum müsste es gar nicht geben“, so die Fraktionsvorsitzende Sabine Boeddinghaus. Doch dem Dogma folgend, die Gymnasien unangetastet zu lassen, würden lieber die Schüler der Stadtteilschulen durch ganz Harburg organisiert, mit inakzeptablen Folgen auch für Grundschüler, im konkreten Fall denen der Kerschensteinerstraße. Eine große Mitschuld trage nicht zuletzt das „Monster Schulbau Hamburg“ mit sich ständig ändernden Namen, Zeitabläufen und Prioritätensetzungen.

Die Harburger SPD, sieht sich laut ihrer stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Claudia Loss in einer Vermittlerrolle. „Als Bezirksversammlung haben wir in dieser Frage keine Entscheidungsbefugnis. Wir wollen aber dabei helfen, dass Elternrat und Behörde miteinander ins Gespräch kommen“, sagt Loss. Mit dem Brandbrief und der Demonstration sei indes keinem geholfen: „Das ist eine Belastung für die notwendigen Gespräche, so kann kein Vertrauen wachsen.“