Norbert Rath trifft seine Entscheidung mit sofortiger Wirkung. Ihm bleibt aus beruflichen Gründen zu wenig Zeit für die Politik in Winsen

Winsen. Aus, Schluss, vorbei. Mit einem Zweizeiler an Winsens Bürgermeister André Wiese (CDU) hat Norbert Rath sein Mandat als Stadtrat niedergelegt. Gleichzeitig tritt der 59-Jährige als Ortsvereinsvorsitzender der SPD zurück, bleibt jedoch Parteimitglied. „Meine Zeit und meine Energie reichen nicht, um das zu schaffen, was ich mir vorgenommen habe“, sagte Rath am Montag dem Abendblatt. Rath hatte den Vorsitz des Ortsvereins 2009 übernommen. Wer ihm nachfolgen wird, ist vorerst offen. Stellvertretender Vorsitzender im Ortsverein ist Benjamin Qualmann, der als SPD-Fraktionsvorsitzender dem Stadtrat angehört. Im Rat, der am 11. Dezember über den Haushalt 2015 entscheidet, soll Brigitte Netz nachrücken, die im Ortsverein für die Finanzen zuständig ist.

Hintergrund für die unvorhergesehene zeitliche Belastung von Rath ist sein Engagement im internationalen Handel mit Natur- und Biokosmetik. Seit 1993 hat der gelernte Versicherungsfachwirt eigene Trainings- und Beratungsunternehmen geführt, im Oktober 2011 aber seine jüngste Firma verkauft, um künftig als selbstständiger Coach zu arbeiten. Es kam anders. Jetzt liefert seine Firma Speise- und Kosmetik-Öle in den europäischen Handel. „Meine Aufgaben als Geschäftsführer lassen mir kaum Zeit, um mich auf die Aufgaben in der Kommunalpolitik vorzubereiten“, sagt Rath. Der Politiker war Vorsitzender des Winsener Schulausschusses, in dem die Diskussion um den Ausbau der Ganztagsgrundschulen und die Kinderbetreuung geführt wird.

Allerdings spielt auch die Situation der Partei in Winsen eine Rolle für die Entscheidung Raths. „Der Ortsverein war nie einfach“, sagt er. Schwierig ist es in jedem Fall für die Sozialdemokraten, in der Kreisstadt Mehrheiten zu bekommen. „Da war ich wohl mit meinen Möglichkeiten an Zeit und Energie nicht mehr der Richtige“, räumt Rath ein. Auch an der Politik des CDU-Fraktionsvorsitzenden André Bock und von Bürgermeister Wiese hat sich der SPD-Ortschef gerieben. „Unsere Argumente prallen bei den beiden Verwaltungsfachleuten einfach ab.“

Mit wenig Chancen rechnet er so auch für einen Antrag, der in der gemeinsamen Sitzung von Finanz- und Verwaltungsausschuss am kommenden Donnerstag diskutiert und danach am 11. Dezember in den Rat eingebracht werden soll. Dabei geht es um eine veränderte Wohnungsbaupolitik der Stadt, die sich auf neue Mietwohnungen richten soll. Die SPD will 2015 sowohl 20.000 Euro für ein Wohnraumgutachten bis zum Jahr 2030, als auch 50.000 Euro für die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft bereitstellen.

Bislang sei das Wohnen in der Stadt eher auf Einfamilienhäuser und Eigentum ausgerichtet, begründet Rath noch einmal das Ansinnen der SPD, das er mit vorbereitet hatte. „Die Stadt wird weiter Menschen anziehen, die außerhalb Hamburgs Wohnungen suchen. Der Mietwohnungsbestand ist aber alt und sanierungsbedürftig, wie das Beispiel des Albert-Schweitzer-Viertels zeigt. Eine öffentliche Wohnungsbaugesellschaft würde sich so für die Stadt rechnen.“

Bedarf gebe es zudem bei inzwischen wohl 100 anerkannten Asylbewerbern, die die Flüchtlingsunterkünfte verlassen könnten, aber keinen Wohnraum fänden. Eine soziale Gesellschaft muss für „ausreichend guten und bezahlbaren Wohnraum sorgen“, heißt es in dem Antrag, den Qualmann, und die Fraktionsvorsitzenden der Grünen/Linke und der Freien Winsener, Bernd Meyer und Andreas Waldau unterschrieben haben.

Ob der Antrag trotz des aufgelaufenen Defizits von einer Million Euro im Verwaltungshaushalt der Stadt Erfolg haben wird, ist offen. Norbert Rath bestimmt dies nicht mehr mit. Er ist raus.