Massive Proteste gegen die Umzugspläne für die Grundschule Kerschensteinerstraße. Demo für 13. Dezember geplant

Harburg. In der Grundschule Kerschensteinerstraße brodelt es. Am Mittwochabend war es auf dem Gelände der Harburger Schule zu einer außerordentlichen Elternversammlung gekommen, bei der nach Angaben des Elternrates Mütter und Väter von rund 80 Prozent aller 260 Schüler anwesend waren. Dabei wurde unter anderem ein – polizeilich bereits genehmigter – Demonstrationszug am Sonnabend, 13. Dezember, von der Schule in die Harburger Innenstadt beschlossen. „Damit wollen wir gegen die Pläne der Schulbehörde protestieren, unseren Kindern im Zuge der geplanten Baumaßnahmen eine kind- und grundschulgerechte Beschulung zu versagen“, so Cuma Özgül, Mitglied des Elternrates.

2017 soll die gesamte Grundschule in die Gebäude des Lessing-Gymnasiums umziehen. Möglich wird das aber erst, wenn das Gymnasium an den Standort Hanhoopsfeld verlegt werden kann. Dort läuft momentan noch normaler Schulbetrieb. Mit dem Abriss der alten Gebäude und dem Neubau kann deshalb nicht vor Herbst 2015 begonnen werden.

Zeitgleich soll unterdessen auch die Erweiterung der Goethe-Schule-Harburg (GSH) realisiert werden, die direkt an die Grundschule Kerschensteinerstraße angrenzt. Aktuell verzeichnet die GSH 1670 Schüler und gehört damit zu den größten Schulstandorten Hamburgs überhaupt. Der Raumbedarf ist seit Jahren immens und soll nun endlich befriedigt werden. Auf Kosten der kleinen Grundschule nebenan.

So plant die Schulbehörde, die ersten und zweiten Klassen der „Kersche“ zeitweise am Schwarzenberg unterzubringen. Und zwar in einem Holzständerbau mit acht Klassenräumen, in unmittelbarer Nachbarschaft zur Drogenberatungsstelle Abrigado. Und zur Schule Schwarzenbergstraße. „Dort werden lern- und verhaltensauffällige Fünft- bis Zehnklässler beschult, es gäbe einen gemeinsamen Schulhof für alle. Da sind doch Konflikte absehbar“, sagt Özgül. Von der latenten Anwesenheit der Fixerszene ganz zu schweigen. Überdies gebe es zwischen der Straße Zur Seehafenbrücke und der Kasernenstraße keine sichere Querung über die viel befahrene Schwarzenbergstraße.

Doch auch für die an der Kerschensteinerstraße verbleibenden dritten und vierten Klassen sehen die Elternvertreter massiv verschlechterte Lernbedingungen. So würden sie sich mit dem Beginn der GSH-Erweiterung dauerhaft auf einer Baustelle befinden, ohne eigene Pausenhalle und einen kindgerechten Schulhof.

„Dass ausgerechnet Kindern im Grundschulalter und somit den schwächsten Gliedern der Gesellschaft solche Bedingungen zugemutet werden, ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar“, sagt der Elternratsvorsitzende Mehmet Sahin. Deshalb würden alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um diese Planungen zu verhindern. Sie würden das fundamentale Recht auf Bildung unnötig erschweren und den „Kersche-Kindern“ in letzter Konsequenz die Grundlage für eine glückliche, eigenverantwortete und erfolgreiche Zukunft nehmen.

Werde das seitens der Schulbehörde so geplant, weil die Schule nur den Sozialindex eins hat, mit einem hohem Ausländeranteil, fragt der Elternrat in einem Brandbrief an die Behörde und die Kommunalpolitiker. Aktuell haben 77 Prozent aller Schüler einen Migrationshintergrund. Was Cuma Özgül kaum überrascht: „Als wir unseren Sohn vor drei Jahren an der Schule Dempwolffstraße anmelden wollte, wurden wir an die Kersche verwiesen. Als Monate später ein Nachbar ohne Migrationshintergrund sein Kind in der Dempwolff anmeldete, hat es funktioniert.“ So leiste man einer Ghettoisierung Vorschub, die viele Familien mit Migrationshintergrund gar nicht wollten.

Die kommissarische Schulleiterin Banu Graf, mochte sich auf Abendblatt-Anfrage weder zu dem Brandbrief, noch zur Demonstration äußern, an der auch kein Mitglied des Kollegiums teilnehmen werde. „Klar“, sagt Özgül, „die meisten Lehrer sind Beamte und wollen keinen Stress mit der Behörde. Wir wissen aber viele von ihnen hinter uns, auch sie sehen die Pläne der Schulbehörde kritisch.“