Paukenschlag bei Amtsantritt: Neuer Bürgermeister Röhse (CDU) überrascht mit seinem Vorstoß sogar die eigene Partei

Buchholz. Kaum als neuer Bürgermeister der Stadt Buchholz vereidigt, lässt Jan-Hendrik Röhse (CDU) die Katze aus dem Sack: Angesichts der Schuldensituation und der bevorstehenden Investitionen und Ausgaben seien Steuererhöhungen unumgänglich, teilte er in seiner Antrittsrede mit. „Ich bitte Sie, diese Kehrtwende mit mir zu gehen“, appellierte der Bürgermeister an den Rat. Konkret strebt Röhse eine Anpassung der Grundsteuer- und Gewerbesteuerhebesätze „auf Landesniveau“ an. Das entspräche 400 Prozent statt aktuell 330 und 325 Prozent.

27 Millionen Euro Schulden, acht Millionen Euro Kassenkredite (sozusagen der Dispo der Stadt), elf Millionen Euro, mit denen die Stadt vertragsgemäß Flächen aus dem Gewerbegebiet III vom Vermarkter zurückkauft, hinzu kommen Mehrausgaben bei den Zuschüssen für Kinderbetreuung in Höhe von 1,2 Millionen Euro, die bevorstehende Erhöhung der Kreisumlage und die Beteiligung der Stadt an der Schulsozialarbeit – „das sind 45 Millionen Euro, mit einem Minus davor“, so Röhse. „Dem stehen keine Einnahmensteigerungen gegenüber. Zugleich wollen wir mehr investieren: in die technische Infrastruktur, Bildungseinrichtungen, Sportinfrastruktur und Schuldenabbau.“ Dazu zählten Erweiterungsmaßnahmen an der Waldschule und der Steinbecker Schule, der Rückbau der Ortsdurchfahrt Dibbersen nach der Fertigstellung der Umgehung und die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes.

Mit den seit zehn Jahren unveränderten Steuerhebesätzen habe Buchholz den Charakter einer Steueroase im Landkreis Harburg bekommen. Auch mit einer Steuererhöhung solle jede Mehrausgabe kritisch hinterfragt und strikte Haushaltsdisziplin geübt werden, notwendige Maßnahmen sollten aber nicht dem Rotstift zum Opfer fallen. Bei einer Anhebung der Grundsteuer wie geplant müssten für ein 1000-Quadratmeter-Grundstück etwa 96 Euro, für eine Doppelhaushälfte 45 Euro und für eine 50-Quadratmeter-Mietwohnung zehn Euro mehr gezahlt werden.

Eine weitere Herausforderung im kommenden Jahr sei der Verkehr: „2015 wird ein Jahr der Entscheidungen“, kündigte Röhse an. Ein neues Gutachten auf Basis aktueller Zahlen sei in Auftrag gegeben, um in Sachen Ostring voranzukommen. „Durch diesen Rat muss ein Ruck gehen“, betonte der Bürgermeister. Unter Willkommenskultur versteht der Bürgermeister zweierlei: Zum einen hinsichtlich der Flüchtlinge, die die Stadt auch 2015 aufnehmen wird, aber auch hinsichtlich der Buchholzer Bürger. Nicht nur werde das Rathaus mittwochs nicht mehr geschlossen sein (nach Terminabsprache), sondern auch die Bürgermeistersprechstunde soll flexibler gestaltet werden. „Mein Büro ist offen“, betonte Röhse. Die monatliche Sprechstunde auf dem Wochenmarkt, die Amtsvorgänger Wilfried Geiger eingeführt hatte, möchte Röhse fortsetzen.

Die kuriose Situation, dass der CDU-Bürgermeister im Rat keine eigene Mehrheit hat, sieht Röhse nicht als Nachteil. „Wir haben acht Parteien und Gruppierungen im Rat, wechselnde Mehrheiten sind normal. Sie haben es in der Hand, tragfähige Beschlüsse zu fassen“, appellierte er an den Rat. „Wir müssen dabei aber auch Vorbilder sein für die, die wir begeistern wollen“, sagte Röhse und kündigte an, ein Jugendparlament ins Leben zu rufen.

Die Reaktion der CDU auf die angekündigte Steuererhöhung folgte prompt. Es sei zwar ambitioniert, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, „die vorzeitige Kapitulation vor dieser Aufgabe durch den Ruf nach Steuererhöhung überrascht dann doch“, so der Ortsverbandsvorsitzende Christian Horend. Der Haushaltsansatz sei „kritisch und vorbehaltlos“ zu prüfen. Sollten Steuererhöhungen unausweichlich sein, gehöre es zum guten Ton, diese im Vorfeld mit den politischen Parteien zu beraten. Dies hatte Röhse in der Sitzung allerdings auch zugesichert. Und sollte es zur Steuererhöhung kommen, fordert Horend: „Wenn wir nicht schon heute festlegen, wo und wann die Einnahmen einer möglichen Steuererhöhung investiert werden, besteht die Gefahr, dass die Mehreinnahmen für allerlei ‚Unnützes’ versickern – das könnten wir dem Steuerzahlern gegenüber erst recht nicht vertreten.“