Diebe nehmen bei der Harburger Tafel Autoschlüssel zu den Transportfahrzeugen und im Büro sogar Centstücke mit
Harburg. Einbrecher in Harburg haben sich die Ärmsten als Opfer ausgewählt: Unbekannte sind in der Nacht zu Freitag in das Gebäude der Harburger Tafel an der Buxtehuder Straße eingedrungen und haben zwei Spendendosen geplündert. Außerdem haben sie die Autoschlüssel zu zwei Kühltransportern gestohlen. Nun droht die Weihnachtsfeier der etwa 90 ehrenamtlichen Helfer auszufallen. „Unsere Mitarbeiter haben jede Woche jeweils zwei Euro in eine Spendendose geworfen. Das Geld ist jetzt weg“, sagt Ursula Müller von der Harburger Tafel. Die Weihnachtsfeier war in der nächsten Woche geplant.
Ursula Müller ärgert sich noch mehr darüber, dass die Einbrecher sogar die Cent-Münzen gestohlen haben, die Kunden der Tafel für Christen und Jesiden im Irak gespendet haben. Mit Freude hätten die Kunden das Wenige, das sie selbst besäßen, für Menschen gegeben, denen es noch schlechter als ihnen gehe. „Die Einbrecher sind einfach strohdumm“, sagt Ursula Müller und schüttelt den Kopf. Die Tageseinnahmen bringen Mitarbeiter stets am selben Tag weg, damit das Geld nicht über Nacht in dem Gebäude bleibt.
Die Täter haben die Tür rabiat aufgebrochen und das Büro offenbar gezielt auf der Suche nach Bargeld durchwühlt. Sogar Aktenordner haben sie aus den Schränken gerissen und vermutlich nach darin versteckten Geldscheinen gesucht. Auch den Übertopf einer Zimmerpflanze wähnten sie als mögliches Geldversteck. „Die Einbrecher haben selbst einen Koffer, in dem wir Handtücher aufbewahren, durchwühlt“, berichtet Ursula Müller am nächsten Morgen.
Es ist kurz nach sieben Uhr morgens, als die ersten wartenden Kunden die Fahrer, die gespendete Lebensmittel anliefern, auf den Einbruch aufmerksam machen: „Die Tür steht offen“, sagt einer. Die deutlich sichtbaren Einbruchsspuren, das grob gesplitterte Holz am Türrahmen, lassen sich Gutes vermuten. Die Fahrer rufen die Polizei, die wenig später eintrifft.
Die Lebensmittel haben die Täter nicht angerührt. Die Tafel lagert Brot, Obst, Gemüse, Kuchen und andere Lebensmittel an der Buxtehuder Straße. Aber schnell wird klar, dass die Täter auch die Autoschlüssel zu den beiden Kühltransportern, ein Volkswagen und ein Ford, gestohlen haben. Die Fahrzeuge haben sie stehen lassen – möglicherweise nur deshalb, weil die Zufahrt zu dem Grundstück abgesperrt ist.
Wegen der gestohlenen Autoschlüssel verzögert sich die Essensausgabe um bis zu 90 Minuten. Erst als die Zweitschlüssel besorgt sind, können die Fahrer Ware heranschaffen. Für die ehrenamtlichen Helfer verlängert sich der Arbeitstag. Sie legen an diesem Tag eine Extraschicht von der Dauer eines Fußballspiels ein.
Vor etwa zehn Jahren sei in das Gebäude der Harburger Tafel schon einmal eingebrochen worden, sagt Ursula Müller. Damals hätten die Täter noch einen Drucker und ein Faxgerät mitgehen lassen. Vor zwei Jahren, ergänzt ein ehrenamtlicher Fahrer, seien nach einem weiteren Einbruch schon einmal die Autoschlüssel verschwunden gewesen. Ob es diesmal dieselben Täter waren? fragt er sich.
Aus ermittlungstaktischen Gründen äußert sich die Polizei nicht zu dem Einbruch. Nicht einmal dazu, ob es sich um einen einzigen oder mehrere Täter gehandelt haben könnte. Das Polizeikommissariat 46 verrät auch nicht, ob in letzter Zeit neben der Harburger Tafel weitere soziale Einrichtungen in Harburg von Einbrechern heimgesucht worden seien. Beamte der Kriminalpolizei haben das durchwühlte Büro der Tafel aufgesucht und sich ein Bild gemacht.
Die Harburger Tafel versorgt zurzeit in der Regel etwa 130 hilfsbedürftige Menschen am Tag mit Lebensmitteln, die ehrenamtliche Helfer bei Supermärkten und Bäckern einsammeln. Zusätzlich beliefert die Hilfsorganisation zwei Kindertagesstätten und einen Seniorentreff. Die Kunden erhalten gegen Vorlage ihrer Berechtigungskarte und zwei Euro die Lebensmittel. Die Tafel versorgt etwa 1300 Haushalte in Harburg.
Das Spendenkonto der Harburger Tafel bei der Sparkasse Harburg-Buxtehude, Konto: 900 59 114, BLZ: 207 500 00