„Ave Maria“ und „Feliz navidad“ – Shantychor aus Neu Wulmstorf probt seit den Sommermonaten für sein Weihnachtsprogramm

Neu Wulmstorf. Manchmal beginnt die Weihnachtszeit schon im August. Für die Hersteller von Lebkuchen, Zimtsternen und Schokonikolaufiguren ist das ja fast schon normal, für die Herren vom Shantychor „De Windjammers“ aus Neu Wulmstorf ist es aber immer noch gewöhnungsbedürftig. Mitten im Sommer, wenn draußen die Sonne vom blitzblauen Himmel brezelt, brüten die im Schützenhaus des SV Neu Wulmstorf über Noten und Liedtexten, die die Geburt des Jesuskindes feiern. „Wenn es warm ist und wir die Fenster offen haben, dann schütteln die Leute, die vorbeigehen schon mal den Kopf“, amüsiert sich einer der singstarken Herren vom Shantychor. Seit August proben die 42 Sänger und vier Musiker ihr Weihnachts-Repertoire ein. Chorleiter Jens Peikert arrangiert jedes Jahr zwei bis drei der Klassiker neu. In diesem Jahr sind es „Marys boychild“ und „Jingle Bells“, sie sind zu hören bei dem großen Weihnachtskonzert am 13. Dezember in der Lutherkirche in Neu Wulmstorf. Es ist das letzte Konzert für „De Windjammers“ in diesem Jahr, bis dahin treten sie noch in Seniorenheimen, bei Weihnachtsfeiern, Lichtfesten und im Phoenix-Center in Harburg auf. Zu hören sind dann Songs wie „White christmas“, „Ave Maria“ und „When a child is born“ und „Feliz navidad“. Einer darf aber auf keinen Fall fehlen: „Ohne „Rudolf the rednose reindeer“ geht gar nichts“, erzählt Manfred Menz, erster Vorsitzender bei den Windjammers.

Jeden Montag treffen sich die stimmstarken Herren zu den Proben. Wenn sich alle akklimatisiert haben, bimmelt eine Schiffsglocke zum Probenbeginn. Jeder der Herren kennt seinen Platz und man stellt sich im großen Halbrund auf. Chorleiter Peikert steht am Keyboard vor seinen Männern und gibt des Takt vor. Zusätzlich begleiten zwei Akkordeonspieler, ein Bassist und ein Schlagzeuger die Sänger.

Der 56-Jährige ist sehr akribisch, Texte werden bei ihm nicht genuschelt, die Töne müssen ganz sauber sitzen. „Es geht darum, eine Geschichte zu erzählen“, erklärt er, warum er so genau arbeitet. Deshalb ist auch Körpersprache beim Singen angesagt, man ist schließlich kein klassischer Männerchor. Auch Textsicherheit ist für Peikert ein Muss, „ich mag das nicht, wenn jeder runter auf die Noten schaut.“

Seit neun Jahren trainiert er die Stimmen der Chormitglieder, parallel dazu leitet er noch den Harburger Shantychor „He Lücht“. Musik selbst zu machen, damit kennt er sich aus. Als junger Mann lernte er bei Herbert Kauschka in Harburg Akkordeon zu spielen und war 15 Jahre lang Mitglied in dessen Orchester, „dort habe ich das Musikarrangieren gelernt“. Später leitete er eine Zeitlang die Wilhelmsburger „Tampentrekker“. Nun liegen die Geschicke der „Windjammers“ in seinen Händen. Heute verfügen sie über ein Repertoire von rund 60 Stücken.

Vor 26 Jahren, als der Chor gegründet wurde, war daran nicht zu denken. Alles, was die Gründungsriege miteinander verband, war die Faszination für den Fußball. Bei einer Geburtstagsfeier beschlossen neun Rasensportler vom TVV Neu Wulmstorf, am 8.8.1988 den Shanty-Chor zu gründen. „Es war eben eine Schnapsidee“ sagt Manfred Menz. Die Knochen wurden langsam alt, so dass das Fußballspielen schwerer fiel.

Lorenz Prigge aus der Fußballer-Runde spielte Akkordeon. Damit war klar: Aus Fußballern sollten Musiker werden. Immer mehr Menschen traten dem Chor bei. Einen enormen Schub bekam er mit Hilfe des musikalischen Leiters Gerd Jän, einem geübten Akkordeonspieler, der den Chor auf professionellere Beine stellte. Dem jetzigen Leiter Jens Peikert verdanken die Sänger ihre Mehrstimmigkeit. Heute gibt es hier, wie beim klassischen Männerchor, zwei Tenor- und zwei Basslagen. Meistens wird dreistimmig musiziert, bei den Weihnachtsliedern dürfen sich die Zuhörer auch auf Vierstimmigkeit freuen.

Rund 30 Auftritte haben „De Windjammers“ übers Jahr. Zumeist am Wochenende singen sie bei Firmenveranstaltungen, Goldenen Hochzeiten, Jubiläen und natürlich bei vielen Shantychortreffen. Immer am dritten Märzwochenende laden sie selbst dazu ein, am 29. März kommenden Jahres findet ihr eigenes Shanty-Singen mit drei Chören in der Hauptschule Vossbarg in Neu Wulmstorf zum 25. Mal statt. Unterwegs sind die Herren, das Durchschnittsalter beträgt übrigens 71 Jahre, auch gern. In diesem Jahr reisten sie zu Shantytreffen nach Esbjerg in Dänemark und Winschoten in Holland. Enge Freundschaft pflegt man mit den „Shanty Men Stäfa“ in Zürich, überraschend viele Schweizer lieben die Musik mit der dicken Prise Hafen und Meer. In direkte Nähe zu Neu Wulmstorf singt in Jork der Altländer Shantychor, zu dessen Sängern pflegen „De Windjammers“ ebenfalls gute Kontakte.

Doch das Treffen im März liegt noch in weiter Ferne, jetzt geht es um die Weihnachtszeit. Jens Peikert steht am Dirigentenpult und hebt die Arme, das nächste Stück steht auf dem Probenprogramm. „Santiano“, der Erfolgssong der gleichnamigen Band, steht an. Peikert hat eine Strophe hinzugetextet, „es geht darin um einen Seemann, der wieder raus muss aufs Meer, aber da fehlte der Anfang der Geschichte“. Die Sänger blicken konzentriert und singen, „So schön war die Nacht in der Hafenbar“ – so schön, dass man mitschunkeln möchte.

„De Windjammers“ singen am Dienstag, 9. Dezember, ab 18 Uhr im Harburger Phoenix-Center. Das Weihnachtskonzert am Sonnabend, 13. Dezember, in der Lutherkirche in Neu Wulmstorf ist leider ausverkauft. Wo „De Windjammers“ im kommenden Jahr zu hören sind, ist im Internet nachzulesen unter www.de-windjammers.de