Beschäftigte der Elbe-Werkstätten spenden Arbeitsschutzkleidung an ein medizinisches Hilfswerk. 500 Spezialschürzen gehen nach Afrika

Marmstorf. Guttasyn-Schürzen schützen Arbeitnehmer auf der ganzen Welt vor Flüssigkeiten, mit denen sie lieber nicht in Kontakt kommen wollen. Säuren aller Art, Öle, Fette – es gibt kaum einen Gefahrstoff, gegen den es nicht eine passende Schutzschürze gäbe. Was wenige wissen: Diese Schürzen kommen aus Marmstorf. Sie werden in den Elbe-Werkstätten am Nymphenweg hergestellt. Jetzt haben die Mitarbeiter der Werkstätten 500 Schürzen gespendet. Die „Action Medior“ wird damit Ebola-Helfer in Westafrika ausrüsten.

Die Folie abrollen, auffalten, stapelweise zuschneiden, vier Löcher einstanzen, vier Ösen durchschweißen. drei Bänder durchziehen und festnähen – fertig ist die Schürze. Die ganze Arbeit ist damit noch nicht erledigt. Die Schürzen werden mit Schildern versehen, aus denen hervorgeht wovor sie schützen und welcher Norm sie entsprechen. Dann werden sie, je 10 auf einmal, in Versandgebinde verpackt, mit Chargennummern versehen und im Versandregal kommissioniert.

45000 Schürzen machen die 42 Guttasyn-Beschäftigten der Behindertenwerkstätte pro Jahr. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in Europa Marktführer sind“, sagt Gruppenkoordinatorin Beate Hallatscheff, „und weltweit spielen wir auch ganz vorne mit.“ Guttasyn ist eine Eigenmarke der Elbe-Werkstätten. Die Folie, aus der die Schürzen hergestellt werden, Spezial-PVC auf textilem Trägergewebe, fertigen die Werkstätten zwar nicht selbst an; sie wird jedoch im Auftrag der Behindertenwerkstätten nach deren Anforderungen exklusiv hergestellt.

Eine solche Folienrolle mit 400 laufenden Metern Schürzenmaterial kam nun mit einem Farbfehler in Harburg an. Da gerade im Hinblick auf Hygiene Optik Vertrauen schafft, war schnell klar, dass man Schürzen aus dieser Folie nicht würde verkaufen können. Der Schutzwirkung des Materials tut der Farbfehler jedoch keinen Abbruch. Anstatt die Folie also zurückgehen zu lassen, entschlossen sich die Mitarbeiter, daraus Schürzen zu fertigen und diese zu spenden. Da Ebola derzeit ein Thema ist, das die Nachrichten bestimmt, kontaktierte man das Medikamentenhilfswerk „Action Medeor“. Medeor war begeistert. „Unsere Schürzen sind allein kein wirksamer Schutz gegen Krankheitserreger, aber ein wichtiger Teil der Gesamt-Schutzausrüstung der Ebola-Helfer vor Ort“, sagt Beate Hallatscheff. Gut die Hälfte der 500 Schürzen ist fertig, ausgeliefert wird am Mittwoch, Bis dahin sind auch die anderen 250 Stück geschnitten, gestanzt und getüdelt.

Einer der Beschäftigten ist Holger Knepper. Er näht gerade Schürzenbänder zusammen. „Aber ich kann hier alles“, sagt er stolz. Wegen seiner großen Erfahrung arbeitet Klepper als Springer und löst andere an ihren Arbeitsplätzen ab, wenn die Pause machen.

Der weltweite Anstieg humanitärer Krisen macht sich auch am Marmstorfer Nymphenweg bemerkbar. Zwar weiß Beate Hallatscheff nie genau, wohin ihre Schürzen endgültig gehen, da die Auslieferung über Großhändler erfolgt. Allerdings kann sie anhand verschiedener Kriterien oft ahnen, wo die Ware landet. Neben der Industrie ordern gerade Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe oder im Wiederaufbau nach Katastrophen und Kriegen aktiv sind, die Schutzschürzen. „Wir haben jetzt gerade einen Großauftrag über 7000 Schürzen bekommen“, sagt Beate Hallatscheff. „Ich bin mir relativ sicher, dass die für die Mitarbeiter von Flüchtlingslagern für Syrer bestimmt sind.“

Zusammen mit den 42 behinderten Beschäftigten arbeiten sechs Team-Mitglieder in dem Projekt; Fach- und Führungskräfte die den Beschäftigten verletzungsgefährliche oder komplexe Arbeitsschritte abnehmen. „Obwohl wir auch da die Hierarchien weich gestalten und zusehen, dass wir jedem Beschäftigten soviel Eigen- und Teamverantwortung zugestehen, wie wir ihm zutrauen“, sagt Beate Hallatscheff. „So läuft der Versand derzeit reibungslos in völliger Eigenregie der Beschäftigten.“

Wegen des Großauftrages erwägt das Projekt derzeit Überstunden. Eine Liste, in die sich Freiwillige eintragen können, gibt es bereits, schließlich will niemand zwischen Weihnachten und Neujahr arbeiten. Vor diesem Hintergrund 500 Schürzen für einen guten Zweck zu machen, ist da eine besondere Leistung. Das wissen die Beschäftigten auch und sie sind stolz darauf. Am Mittwoch ist Auslieferung. Alle arbeiten darauf hin.