Der Landwirt aus Stove wechselt sein Pachtland. Zwangsweise. Auf „seinem“ Acker werden bald Häuser stehen

Stove. Die letzten Kartoffeln sind geerntet, gerade wächst der letzte Grünkohl: Dirk Meyer hat gekämpft, gewonnen und verloren. Ein Jahr ist es her, dass sich der Landwirt aus Stove in den Bereich der Politik eingemischt hat. Er sammelte Unterschriften gegen ein geplantes Neubaugebiet, knapp 750 kamen zusammen. Das Neubaugebiet kommt trotzdem – und der Bauer ist seinen Acker los.

In dritter Generation baut Dirk Meyer Gemüse in Stove an, einen Großteil der Ackerflächen ganz in der Nähe seines Hofes Im Siek hat der Bauer gepachtet. Aber nur noch bis Ende des Jahres: Die Eigentümer haben die Verträge gekündigt.

Auf seinem Handy zeigt der Bauer Fotos: Wie er zum letzten Mal Kartoffeln erntet, Kürbisse, Grünkohl. Im Januar zieht Meyer mit seinem Gemüse um.

Hintergrund ist die Aktion, die der Landwirt vor einem Jahr gemeinsam mit einer Mitstreiterin aus Marschacht angestoßen hat. „Bauwut und Verkehrschaos in der Elbmarsch stoppen“ nannten die beiden ihren Aufruf, der eine Debatte in der ganzen Nachbarschaft zur Folge hatte.

Es ging ihm um die Baugebiete, die die Gemeinde Drage in Stove und Schwinde plant. Um seine Ackerflächen nahe am Hof. Und um die immer weniger werdenden Flächen für den Gemüseanbau - Stichwort Mais, Stichwort Biogas, Stichwort Neubaugebiete.

Die Unterschriften der Bürger haben Meyer und seine Kollegin der Samtgemeinde überreicht. Viel verändert hat das nicht. „Im Bauausschuss wurde das abgetan“, sagt der Mann, der mit Politik vorher nicht viele Berührungspunkte hatte. „Das fand ich traurig.“

Sowohl der Bauausschuss als auch der Samtgemeindeausschuss in Marschacht haben grünes Licht für die Änderung des Flächennutzungsplans (F-Plan) gegeben, am 27. November wird der Samtgemeinderat die Änderung endgültig beschließen. Danach werden die Pläne öffentlich ausgelegt, jeder Bürger und Träger öffentlicher Belange kann in dem Verfahren Einwendungen erheben, Anregungen und Bedenken äußern.

Geplant ist laut Marschachts Stabsstellenleiter Jan Abeska eine zeitlich gestaffelte Entwicklung von drei Flächen: Die erste könne bereits „zeitnah“ entwickelt werden, es handelt sich um ein Stück Land südlich des bestehenden Baugebiets Schwinde-West. Sobald die Gemeinde Drage dort einen Bebauungsplan aufstellt, kann die Entwicklung starten. 2018 und 2023 sollen laut Abeska dann zwei Flächen nahe der Straße Im Siek in Stove folgen – die derzeitigen Ackerflächen. Die westliche Seite kann ab 2018 entwickelt werden, die südliche Seite ab 2023.

Zufrieden sei er trotz allem mit seiner Aktion, sagt Meyer. Auch wenn er seinen Acker los ist, auch wenn die Neubaugebiete kommen werden, die er verhindern wollte. „Ich habe etwas gesagt. Ich habe es zwar nicht verhindern können, aber immerhin hinausgezögert. Und ich bin froh und begeistert über all die Mitstreiter.“

Dass er seine gepachtete Fläche irgendwann für ein Neubaugebiet verlieren wird, das weiß Dirk Meyer allerdings schon seit etwa 15 Jahren – seit er den Pachtvertrag unterschrieben hat. Als er erfuhr, dass das aber schon in wenigen Jahren so weit sein soll und nicht erst viel später, habe ihn das überrascht, sagt er heute.

Nun ist er die Fläche noch früher los als befürchtet. Nach Meyers Unterschriftenaktion hat der Eigentümer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht. „Was ich verhindern wollte, konnte ich nicht verhindern“, sagt Meyer. „Aber ich werde an dem Thema dranbleiben. Das betrifft schließlich die ganze Elbmarsch. Wir bauen und bauen und bauen – für die Eigentümer ist das gut. Dem Gemüseanbau gehen aber immer mehr Flächen verloren. Die Orte werden zu Schlafdörfern, und es wird zunehmend Probleme geben zwischen den Zugezogenen und den landwirtschaftlichen Betrieben, die dann auf einmal mitten im Dorf liegen.“

So hat Bauer Meyers Aktion zwar für Ärger und Zank gesorgt – aber etwas bewirkt, denkt Meyer. „Ich glaube, das war gut fürs Dorf. Es hat sich gezeigt, dass viele unzufrieden sind mit der Entwicklung.“

Er selbst hat ab 2015 einen anderen Acker gepachtet und wird künftig auf der Hälfte der bisherigen Fläche wirtschaften müssen – das System der Drei-Felder-Wirtschaft wird der Landwirt daher aufgeben.