Kanin-Hop soll Vereinen neue Mitglieder bringen. 138 Tiere bei Schau des Sinstorfer Zuchtvereins HH 35 Tierfreund

Sinstorf. „Rose“ geht die Hürden locker an. An der Leine vom Marlien Maulhardt springt das Burgunder-Kaninchen flott über die auf dem Kanin-Hop-Parcours aufgebauten Hindernisse. Für das Spiel für Jugendliche mit ihren Tieren, das dem Bewegungsdrang der Kaninchen folgen soll, hat Marlien mit ihrer etwa sechs Monaten alten „Rose“ zwar auch trainiert. Aber im Sinstorfer Verein HH 35 Tierfreund bleibt das Springen, für das bundesweite Richtlinien gelten, den zwölf Jugendlichen vorbehalten. „In Skandinavien oder Österreich wird auf die Tiere dagegen so gewettet wie bei uns auf Pferde“, sagt der Vereinsvorsitzende Ingo Bolland.

Susanne Winkelmann, die Jugendwartin des Vereins, sieht den Wettbewerb noch aus einem anderen Winkel. Mit Kanin-Hop, ist sie sicher, können neue Mitglieder für den Verein interessiert werden. Denn das Halten von zwei oder drei Tieren ist auch ohne Garten oder viel Platz um ein Haus herum möglich. Von Ostern an wird die Gruppe von HH 35 wieder alle 14 Tage am Schützenhaus in Sinstorf üben. „Wir sind zu einer guten Gemeinschaft geworden“, sagt Winkelmann, die am Sonnabend mitten zwischen ihren Schützlingen und deren Kaninchen sitzt.

Nachwuchs tut Not für die Kaninchenzuchtvereine. In Hamburg ist die Zahl der Züchter seit dem Jahr 2000 von rund 800 auf 520 gesunken. „Bundesweit gibt es noch knapp 120.000 Züchter. Aber jährlich geben 4000 von ihnen auf“, sagt Heinz Kirchner, der Vorsitzende des Hamburger Landesverbandes. Künftig soll nun ein Gesetz die Größe der Ställe, die Lichtverhältnisse und zudem regeln, wie oft die Halter jeden Tag nach dem Rechten sehen sollen. Das könnte noch mehr Tierfreunde zur Aufgabe bewegen, fürchtet Kirchner. Ohnehin droht bei dem Hobby die Überalterung. „Auch in unserem Verein sind 70 Prozent der Züchter 60 Jahre und älter“, weiß Bolland, 76, der einst als Betriebsleiter bei Phoenix arbeitete. Klaus Dierssen, der selbst 22 Jahre lang Vorsitzender von HH 35 war, hat etwa schon 1959 mit der Zucht angefangen.

Doch die Verhältnisse haben sich geändert. In den Wohnungen ist zu wenig Platz für die Tiere und Nachbarn reagieren oft genervt, wenn mehrere Tiere gehalten werden sollen. Sogar in den Hamburger Kleingärten sei das Halten der Tiere verboten, versichert der Vereinsvorsitzende Bolland. „Die heutigen Eltern haben zudem für ihre Kindern ganz andere Gedanken als die Zucht von Kaninchen.“

Keine Frage: Schade wäre es schon, um die Vereine. Aber noch ist es nicht so weit. So gibt es neben der jährlichen Schau in Sinstorf – in diesem Jahr war es immerhin die 82. – in der nahen Umgebung noch Ausstellungen in Wilhelmsburg, in Buchholz und in Neugraben. Die Winsener Züchter haben sich der Veranstaltung in Sinstorf angeschlossen. Auch in kommenden Jahr, da ist Bolland gewiss, wird es Mitte November 2015 wieder eine Schau im Schützenhaus des Harburger Stadtteils geben.

Allein HH 35, der heute mit den Jugendlichen 46 Mitglieder zählt, gibt es seit 1932. Zur Schau am Wochenende kamen an zwei Tagen 850 Gäste. Insgesamt 18 Züchter auch von Gastvereinen ließen 138 Tiere bewerten. Vereinsmeister wurde Karl-Heinz Schwoch, der nicht nur bei den Einzeltieren, sondern auch bei den Zuchtgruppen aus vier Kaninchen vorne lag. Alfred Möller konnte das beste Tier unter den Gästen vorstellen. Die beste Wertung der Züchter für sechs Tiere aus drei Rassen und damit den Weisheitspokal erhielt Bolland. Für Rassekaninchen zahlen Profis derzeit immerhin zwischen 30 und mehr als 200 Euro. Manche der am Sonnabend und Sonntag ausgestellten Tiere waren aber auch unverkäuflich.

Marlien Maulhardt hat inzwischen ihre „Rose“ auf den Arm genommen. Ob sie sich vorstellen kann, einmal mit einer Zucht zu beginnen? „Ja, mit mir“, ruft Eliza Kasch, die gleich neben ihr auf dem Kanin-Hop-Parcours sitzt. „Ich kann mir gar nicht vorstellen aufzuhören“, erwidert Marlien, die wie ihre Freundin in Marmstorf wohnt. Marlien hilft ihrem Vater Heiko schon heute tatkräftig bei der Hege der Tiere. Die Väter Heiko Maulhardt und Torben Kasch traten beide 2012 in den Verein ein und stellten am Wochenende zum zweiten Mal ihre Tiere aus.

„Über das Interesse ihrer Töchter an Kanin-Hop haben wir zwei neue Mitglieder gewonnen“, freut sich Jugendwartin Winkelmann, die seit 14 Jahren im Amt ist. Für HH 35 besteht also Hoffnung – auch für die nächsten 82 Jahre.