Der neue Chef des Winsener Finanzamtes, Andreas Beyer, wird heute in der Kreisstadt in sein Amt eingeführt

Winsen. Er jagte zur Jahrtausendwende Steuerhinterzieher mit Konten in Luxemburg, wechselte in Niedersachsen als Jurist in Diensten der Finanzverwaltung immer wieder die Dienststelle und stieg zum Regierungsdirektor auf. Jetzt ist Andreas Beyer in Winsen angekommen. Erstmals leitet er damit als Vorsteher ein mittelgroßes Finanzamt. „Damit“, sagt der 47-Jährige, der aus Nordrhein-Westfalen stammt, „habe ich mein Laufbahnziel verwirklichen können.“ Immerhin ist Beyer nun einer von insgesamt 67 Vorstehern von Finanzämtern in Niedersachsen und in Winsen Chef einer Belegschaft von 175 Mitarbeitern.

Schon früh, gleich nach dem Abitur in Werne und der Bundeswehr-Dienstzeit, hatte eine Schulfreundin, die beim Finanzamt angefangen hatte, sein Interesse für den Beruf geweckt. Ohnehin hatte Beyer schon in der Schule Wirtschaftswissenschaften als Prüfungsfach und keine Probleme mit dem Rechnen. Zunächst stieg er in den gehobenen Dienst ein und absolvierte die Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt.

Danach folgte ein Jurastudium in Münster, wo er nach dem Examen noch eineinhalb Jahre als Rechtsanwalt arbeitete. Doch es zog Beyer wieder in den öffentlichen Dienst. 1998 kam er zurück in die Finanzverwaltung und stieg in Vechta in den höheren Dienst ein. Stationen waren danach die Ämter Osnabrück Land, das Amt für Fahndung und Strafsachen in Oldenburg und schließlich Aurich und Westerstede, wo er jeweils zum stellvertretenden Vorsteher aufstieg. Seit Ende September hat er nun die Alleinverantwortung in der Kreisstadt. Heute wird Beyer in seinem Amtssitz am Von-Somnitz-Ring vom Niedersächsischen Finanzpräsidenten Dieter Meyer in sein Amt eingeführt. Sein Vorgänger Jörg Schmidt-Hohensee wechselt in eines der vier Finanz-Fahndungsämter nach Lüneburg.

Mit seiner Arbeit in Winsen hat sich der Familienvater – er hat mit seiner Frau Eva, mit der er seit 1995 verheiratet ist, eine 18-jährige Tochter und einen 14-jährigen Sohn – schon vertraut gemacht. So weiß er, dass „natürlich“ einige Millionäre in seinem Bereich, dem östlichen Teil des Landkreises, wohnen. Auch über das Gesamtaufkommen an Steuern ist er orientiert. 2013 waren es 340,5 Millionen Euro und für dieses Jahr dürfte die Summe wohl konstant bleiben. Die meisten Menschen stöhnen zwar über Einkommens- , Lohn- oder Kapitalertragssteuer, aber dennoch hält Beyer die meisten für weitgehend steuerehrlich. „Arbeitnehmer haben aber auch kaum Möglichkeiten zum schummeln“, sagt er. Bei ihm zu Hause fertigt seine Frau die Erklärung an. Sie hat dieselbe Ausbildung durchlaufen, wie der neue Amtschef in Winsen.

Als erste Herausforderung sieht Beyer nun die Aufgabe, sich um neue junge Mitarbeiter zu kümmern. Das tut schon deshalb Not, weil in den kommenden zehn Jahren 50 bis 60 seiner Mitarbeiter in den Ruhestand gehen werden. „Wir stehen in Konkurrenz zur Wirtschaft und müssen zeigen, dass die Arbeit bei den Ämtern attraktiv ist“, sagt Beyer.

Die Ämter werben in Schulen oder auf Berufsmessen und seit sechs Monaten auch auf Facebook um Nachwuchs. „Wir bieten geregelte, flexible Arbeitszeiten und vor allen sichere Jobs“, sagt Beyer. Derzeit werden gerade die fünf Ausbildungsplätze für den August 2015 besetzt. Diese Zahl soll auch in den kommenden Jahren erneut ausgeschrieben werden.

„Mich haben die Vielzahl der Aufgaben und die Entwicklungsmöglichkeiten gereizt“, sagt Beyer. Er würde sich immer wieder für die Finanzverwaltung entscheiden. Nachdem die Fahnder zuletzt auch die Steuervergehen von prominenten Bürgern aufgedeckt hatten, geht er davon aus, dass sich das Image des Berufs verbessert hat: „Die öffentliche Meinung über die Finanzbeamten hat sich sicher zum Positiven entwickelt.“

Wenig Zeit blieb dem Neu-Winsener bisher, um die Freizeit-Möglichkeiten in der Stadt kennen zu lernen. Die Familie lebt weiter in Rastede bei Oldenburg, also rund 170 Kilometer von dem neuen Amtssitz entfernt. Das soll zumindest solange so bleiben, wie Beyers Sohn zur Schule geht.

An der Luhe sucht er nun nach einer Zwei-Zimmer-Wohnung. Dann könnte er von dort aus zu Radtouren starten oder erkunden, was das Vereinsleben in der Stadt bietet.

Beyers Sport ist Karate. Er trägt bereits den blauen Gurt und bereitet sich derzeit auf den nächst höheren vor. Es wäre der braune Gurt, dem nur noch einer folgen könnte: Der Schwarze.