Neuer Ausstellungszyklus im Technopark. Flüchtlingsquartier vor der Haustür konfrontiert Mitarbeiter mit einer Schattenseite der Globalisierung

Heimfeld. Während auf der alten Pferdewiese in der Siedlung Bostelbek die Gründungsarbeiten für die lange umstrittene Asylunterkunft in vollem Gange sind, rüstet man sich im hit-Technopark gleich um die Ecke zur Vernissage für den neuen Ausstellungszyklus „Kunst verbindet … hit und die Welt“. Am heutigen Freitag, 14. November, 18 Uhr, ist der Auftakt mit einer Gemeinschaftsausstellung jener fünf Künstler, die diesmal im Hauptgebäude des Technoparks am Tempowerkring 6 ihre Werke zeigen werden.

Das Motto der aktuellen Ausstellungsreihe kommt nicht von ungefähr und ist gewissermaßen folgerichtig. Durch das Flüchtlingsquartier vor der Haustür sind die Mitarbeiter im Technopark wie die Siedler rundherum plötzlich ganz unmittelbar mit einer Schattenseite der Globalisierung konfrontiert. „Das Flüchtlingsthema wird uns nicht mehr verlassen“, sagt Christoph Birkel, Geschäftsführer des Technoparks. Mit Blick auf den schon akuten Fachkräftemangel in einzelnen Branchen, könnte der massenhafte Ansturm von Asylbewebern, die vor Bürgerkriegen und Gewalt geflohen sind, aber auch „ein Geschenk“ sein. „Wir haben eine Pflicht, diesen Menschen zu helfen“, so Birkel. Da müssten andere Dinge halt erst einmal zurückstehen.

Gemeint ist zum Beispiel die Expansion des Technoparks. Bekanntlich hatte Birkel dafür die Fläche der alten Pferdewiese im Straßendreieck Am Radeland/Bostelbeker Damm/Moorburger Bogen im Blick. Doch dann zwang der nicht enden wollende Flüchtlingsstrom Behörden und Bezirksamt zum raschen Handeln. Wo immer geeignete Flächen für Massenquartiere ausgemacht wurden, sind sie geblockt worden. So auch die tagtäglich vom Güterverkehr umtoste Koppel in Bostelbek.

Von fünf Jahren war anfangs die Rede. Inzwischen weiß es Birkel besser. Jüngsten Prognosen der Sozialbehörde zufolge, wird das Areal mindestens zehn Jahre als Flüchtlingsunterkunft gebraucht. „Wir haben uns der dramatischen Lage gestellt und wollen nun gemeinsam mit den Siedlern versuchen, das Beste aus der Situation zu machen“, sagt Birkel.

Dafür will er das Netzwerk des Technoparks aktivieren, um den Flüchtlingen die Integration beispielsweise durch Sprachförderung, Rechtsberatung und Qualifizierungsmaßnahmen zu erleichtern. „Die Bereitschaft zu helfen und mit anzupacken ist bei vielen Firmen im hit-Technopark da“, weiß Birkel. Und hofft, aus dieser Initiative könne gar ein „Pilotprojekt“ für Integration werden, das weit über die Grenzen Harburgs hinaus strahlt.

So, wie das Kunstprojekt, das Birkels Vater Wolfram bereits 2001 aus der Taufe gehoben hat. Als rein private Initiative ohne kommerziellen Hintergrund, wie Sohn Christoph betont: „Er hat einfach ein Herz für Künstler. Und da wir geeignete Flächen zur Präsentation haben, wollte er diese den Künstlern provisionsfrei zur Verfügung stellen. Dafür wurde er von der Kunstszene einige Zeit ziemlich kritisch beäugt.“ Davon haben sich die Birkels aber nicht beirren lassen. 2006 wurden die Ausstellungsflächen im hit-Hauptgebäude sogar noch um eine ganze Etage und damit etliche Quadratmeter erweitert. Und seit 2007 wächst neben den Ausstellungsprojekten auch noch eine eigene Sammlung mit dokumentarischem Charakter. „Von jedem Künstler, der bei uns ausstellt, kaufen wir ein Werk. Das hilft ihm, bringt uns viel Spaß und bereichert auch das Leben im Technopark“, so Birkel jr.

Für diese engagierte Kulturförderung wurde „hitArt“ 2012 mit dem Kultur Merkur der Hamburgischen Kulturstiftung und der Handelskammer geehrt, als erstes Unternehmensprojekt südlich der Elbe überhaupt. Inzwischen hat sich die hohe Qualität der hit-Ausstellungen auch bei Kunstsammlern und Galeristen herumgesprochen. Und natürlich bei den Künstlern selbst. „Unsere Warteliste umfasst inzwischen mehr als 300 Kunstschaffende, auch aus dem europäischen Ausland und Übersee“, berichtet Kuratorin Renate Selinger-Barber, die die Werke jedes potenziellen Ausstellers begutachtet.

Für den aktuellen Ausstellungszyklus hat sie fünf Künstler verpflichtet, drei Frauen und zwei Männer. „Die in Buxtehude lebende Malerin Imke Korth-Sander zeigt symbolhaft die Abhängigkeit unserer Gegenwart von Geschichte und Evolution“, so Selinger-Barber. Die gebürtige Berlinerin Elke Kegel-Judis spüre in ihrem südfranzösischen Domizil Kulturfragmenten nach, mit denen sie den stetigen Wandel unseres Planeten und die Vergänglichkeit der Dinge dokumentiert. Während die jetzt in Berlin lebende Schleswig-Holsteinerin Sabine Grosse mit ihren Bildern den Blick bewusst in die Ferne, uns unbekannte Welt lenke.

Philosophisch wird es aus Sicht Barbara Selinger-Barbers mit den großformatigen Holzobjekten des gebürtigen Cuxhaveners Rolf Bergmeier. Der jetzt in Altona beheimatete Künstler stellt unter anderem sein 6 x 2 Meter großes und 60.000 Euro teures Werk „Feigenbaumkonstante“ aus, mit dem er „leeren Raum auf beeindruckende Weise“ umschließe. Nicht minder aufsehenerregend sind auch die plastisch wirkenden Zylinder des Malers Jaakov Blumas aus Litauen, der lange Zeit auch in Haifa und Tel-Aviv gearbeitet hat.

Zum Motto der Werkschauen im Technopark „hit und die Welt“ passt indes auch der Ehrengast der Vernissage am Freitag. Nachdem im Vorjahr Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz den neuen Ausstellungszyklus eröffnet hatte, wurde diesmal sein SPD-Parteifreund, der Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi eingeladen. „Er hat selbst Migrationshintergrund und kann über das Leben in verschiedenen Kulturkreisen bestimmt viel erzählen“, so Christoph Birkel.