Mit dem Aktionstag „Berufe fürs Leben“ werben Schulen, Pflegedienste und die Arbeitsagentur um neue Altenpfleger

Winsen. Miriam Celebi hat sich entschieden: Seit Anfang August lernt sie Altenpflegerin bei der Interessengemeinschaft Ambulante Pflege in Salzhausen. Schon zuvor hatte die Abiturientin mehrere Praktika im medizinischen Bereich abgelegt. „Im Beruf will ich vor allem mit Menschen zusammen arbeiten. Nirgendwo ist das so intensiv wie in der Altenpflege“, hat sie festgestellt.

Deshalb war die Entscheidung der 22-Jährigen für ihre Ausbildung klar. „Wir haben ein Ohr für die Menschen“, sagt die Muslima, die bei den Patienten im Landkreis auf aufgeschlossene Neugier stieß und „viele Fragen zu ihrer Religion“ beantworten musste. Die Perspektiven in dem Beruf sieht Interessengemeinschafts-Geschäftsführer Nikolaus Lemberg positiv: „Wir sind eine familienfreundliche und zukunftsweisende Branche.“ Auch Franziska Bürgermeister, Teamleiterin Berufsberatung bei der Arbeitsagentur Lüneburg-Uelzen, lobt die „guten lokalen Beschäftigungsmöglichkeiten.“

Die Statistik der Agentur belegt dies. So ist die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche im Landkreis innerhalb von zwölf Monaten um 3,1 Prozent auf 7476 gestiegen. Damit liegen die Pflegeberufe nach der Kfz-Branche auf Platz zwei und ihr Zuwachs noch um 0,3 Prozentpunkte höher als Wachstum insgesamt. Doch noch immer waren zuletzt 45 Stellen unbesetzt, 79 Ausbildungsplätze waren zum 1. August gemeldet. Die Agentur braucht durchschnittlich 103 Tage, um geeignete Bewerber für offene Stellen zu finden. „Das ist eine lange Zeit“, sagt Bürgermeister. Auch zu den beliebten Ausbildungsberufen zählt die Altenpflege nicht. Unregelmäßige Arbeitszeiten, Schichtdienst und Wochenendarbeit gelten als wenig attraktiv. Jugendliche wollen lieber Kaufmann im Einzelhandel, Bürokaufmann oder Verkäufer werden. Diese Berufe liegen in der Gunst der jungen Menschen bundesweit vorn.

Dem Trend am Arbeitsmarkt entgegensteuern soll nun der Aktionstag „Berufe fürs Leben“. Die Ausstellung beginnt am Dienstag, 18. November, um neun Uhr im Kreishaus und endet um 14.30 Uhr. 20 Firmen, Pflegedienste, Schulen, der Berufsbildenden Schule in Winsen sowie die Agentur für Arbeit werden vertreten sein. Das Angebot richtet sich dabei nicht nur an Lehrlinge vor allem aus Ober- und Realschulen mit Schwerpunkt Gesundheit und Soziales, sondern auch an Berufsrückkehrer, Quer- oder Neueinsteiger, die durchaus auch älter sein können. So wie Benjamin Breilmann, der zuvor einige Jahre bei seinem Vater in dessen Schauspielagentur gearbeitet hatte. Der 36-Jährige hatte schon seinen Zivildienst im Krankenhaus Salzhausen absolviert und war, nachdem sein Vater in den Ruhestand gegangen war, als Pflegehelfer nach Garstedt gewechselt. Jetzt macht er die Ausbildung beim DRK in Hanstedt und geht mit Celebi in eine Berufsschulklasse der BBS in Winsen.

Altenpflegeschüler im ersten Lehrjahr wie Celebi oder Breilmann verdienen um 690 Euro brutto. Bis zum Ende der Lehre steigt das auf 870 Euro. „Das ist für eine Ausbildung nicht schlecht bezahlt“, sagt Geschäftsführer Lemberg. Problematisch ist nur: Ohne einen beruflichen Aufstieg, erhöht sich der Verdienst dann nur noch langsam. Noch immer gibt es für die Altenpflege keinen Tarifvertrag. „Das wird wohl auch noch einige Jahre dauern“, schätzt Martina Thorwarth, Studiendirektorin an der BBS und Koordinatorin für den Bereich Pflege, Hauswirtschaft und Ernährung. Immerhin: Für alle Auszubildenden muss sie nach den Richtlinien des Landes die jeweiligen Verträge abzeichnen. Mindestens 80 Prozent des Salärs von Krankenschwestern und Pflegern müssen es sein, sonst geht das Vertragswerk nicht durch. Inzwischen zahlen manche Arbeitgeber aber auch schon mehr als für angehendes Krankenhauspersonal.

Neu an der BBS ist voraussichtlich vom kommenden Februar an, dass dort Umschüler ausgebildet werden können. Dafür wird die Schule derzeit von der Bremer Agentur bag cert zertifiziert. Das Zeugnis ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Interessenten mit einem Bildungsgutschein an die Schule wenden können. „Dann lässt sich die dreijährige Ausbildung fördern“, sagt Agentur-Teamleiterin Bürgermeister. Das bedeutet, dass die Ausbildungsvergütung bis zur Höhe des Arbeitslosengeldes aufgestockt werden kann. Thorwarth rechnet künftig mit jährlich zehn Teilnehmern. „Das ist eine hervorragende Nachricht für die Branche“, sagt Lemberg. Hintergrund: Bei vielen Interessenten scheitert eine Ausbildung daran, dass sie die Lernphase nicht finanzieren können. Da kann künftig die Arbeitsagentur einspringen.

Einen ersten Eindruck vom künftigen Beruf wollen die Aussteller in Winsen schon zwei Tage nach der Begegnung mit den Firmen im Kreishaus vermitteln. Sie bieten allen Interessenten am Donnerstag, 20. November, einen Praxistag an. Dabei lassen sich die einzelnen Einrichtungen kennen lernen. Lemberg verspricht: „Wir machen unsere Türen weit auf.“