Testlauf – Hamburg Kreativgesellschaft hat 2500 Quadratmeter große Hallen in Wilhelmsburg für ein Jahr gemietet

Wilhelmsburg. Die Hamburg Kreativgesellschaft hat von der Sprinkenhof GmbH die beiden leer stehenden, insgesamt 2500 Quadratmeter großen Hallen der früheren Wilhelmsburger Zinnwerke für die Dauer eines Jahres gemietet. Ziel ist es, Ideen für eine dauerhafte künstlerische und kreativwirtschaftliche Nutzung der im Jahr 1903 errichteten Industriehallen zu entwickeln und die Nachfrage auszuloten. Das berichtete Katrin Bätzing, zuständig für Immobilienvermittlung und Projekte in der Kreativgesellschaft, im Sanierungsbeirat Südliches Reiherstiegviertel.

Während des Feldversuchs sollen Kreative die Hallen zu einer geringen Miete für die Dauer eines Tages bis zu sechs Wochen mieten dürfen. „Ausstellungen, Theateraufführungen, Themenmärkte wie zum Beispiel Designmärkte, aber auch eine nicht-öffentliche Nutzung zu Fotosessions wären dort möglich“, sagt Katrin Bätzing. Für Partys oder Hochzeitsfeiern sollen die Zinnwerke dagegen nicht vermietet werden. Es sei nicht vorgesehen, eine bloße Veranstaltungslocation zu schaffen.

Der Sanierungsbeirat unterstützt das Vorhaben. Das Bürgerbeteiligungsgremium fordert die Bezirksversammlung Hamburg Mitte einstimmig auf, auf die zuständigen Behörden und die Sprinkenhof GmbH Einfluss zu nehmen, damit diese sich entscheidend an der Instandsetzung der sanierungsbedürftigen Hallen beteiligen. Denn der Versuch, aus den mehr als 100 Jahre alten Hallen ein Ort für Kreative zu machen, könnte sonst an den baurechtlichen Sicherheitsbestimmungen scheitern, befürchtet der Beirat. Er hat dabei das Ende des beliebten Kulturtreffpunktes Soulkitchenhalle vor Augen, der wegen baurechtlicher Sicherheitsmängel schließen musste. Vermieter der Soulkitchenhalle war ebenfalls die Sprinkenhof, damals noch in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft.

Arno Siebert von der Gesellschaft für Stadtentwicklung, dem Sanierungsträger im Wilhelmsburger Reiherstiegviertel, schätzt die Kosten für die Instandsetzung der Zinnwerke auf rund 1,5 Millionen Euro. Grundlage seiner Schätzung ist ein Gutachten aus dem Jahr 2010, das damals von einer Million Euro ausging, um die Hallen langfristig zu sichern. Im Beirat ist aber auch die Rede von lediglich 100.000 Euro, um die Hallen für nur ein Jahr zu ertüchtigen.

Das Konzept der Kreativgesellschaft sieht vor, dass Einnahmen aus der Untervermietung in die Instandsetzung fließen. Der Beirat sieht den Eigentümer in der Pflicht, die Zinnwerke für eine Nutzung zu ertüchtigen. Er könne nicht verstehen, sagt Beiratsmitglied Volker Schenk, dass ein städtisches Unternehmen wie die Sprinkenhof GmbH seine Gebäude verfallen lasse.Bevor die Kreativgesellschaft die Hallen untervermieten darf, muss sie zunächst eine Nutzungsänderung beim Bezirksamt Mitte beantragen. Architekten werden bis voraussichtlich Anfang Dezember prüfen, wie sich die verschiedenen Auflagen der Bauprüfabteilung des Bezirksamtes erfüllen lassen. Dabei geht es um den Brandschutz, Fluchtwege und die Statik. Die Kreativgesellschaft ist entschlossen, den umfangreichen Antrag zu stellen. Ende Januar wird sie Klarheit über die Kosten des Feldversuchs in den Zinnwerken haben und entscheiden. Im Februar oder März könnten die ersten Nutzer in die Hallen einziehen.

Kreativgesellschaft und Sprinkenhof GmbH sind städtische Unternehmen. Wie es von Seiten der Kreativgesellschaft heißt, habe die Grundstücksverwaltungsgesellschaft ihr die Zinnwerkehallen für „wenig Geld“ vermietet. Kreativschaffende in Wilhelmsburg werten das als Zeichen, dass sich die Sprinkenhof GmbH auf die Idee des Kulturkanals zubewege.

Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) gilt als Befürworter eines Kulturkanal genannten Kreativquartiers entlang des Veringkanals im Wilhelmsburger Reiherstiegviertel. Im Juli 2013 hatte er die Idee öffentlich geäußert. Sie sieht Musikklubs, Ateliers, Werkstätten und Ansiedlungsmöglichkeiten für die Kreativwirtschaft vor.

Unmittelbar neben den beiden leer stehenden Hallen haben bereits mehr als 20 selbstständige Unternehmer aus der Kreativwirtschaft ihre Büros in den früheren Zinnwerken. Hier haben Kreative aus Film und Fernsehen, aber auch eine Modedesignerin und eine Bildhauerin ihre Arbeitsräume.