Die Tariferhöhungen im Betreuungsbereich von Kindern und Jugendlichen brauchen die Restmittel der Jugendhilfe auf

Harburg. Die Tariferhöhungen im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit zeigen Wirkung an der Basis. Der Jugendhilfeausschuss der Bezirksversammlung Harburg streicht die Finanzierung der Kinder-Vormittagsgruppe im Treffpunkthaus Heimfeld. Damit droht dem Projekt das Aus. Der Margarethenhort, Träger des Treffpunkthauses hatte für das Jahr 2015 12.268 Euro für die Spielplatzgruppe beantragt. In der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses wurde jetzt der beantragte Zuschuss für dieses Projekt im Zuge der Haushaltsberatungen abgelehnt. Die Abgeordneten der Fraktion Die Linke stimmten dagegen. Ausschussvorsitzender Florian Klein (CDU) begründete die Entscheidung des Ausschusses damit, dass es zum einen das neue Angebot des Senats für die kostenlose Kita-Betreuung in den Vormittagsstunden für Kinder dieser Altersgruppe gebe, zum anderen müsse der Ausschuss Defizite ausgleichen.

Für das Treffpunkthaus kommt die Kürzung nicht ganz überraschend. „Es stand in den vergangenen Jahren immer wieder auf der Kippe, ob unser Projekt weiter finanziert werden würde. Jetzt aber müssen wir überlegen, wie wir dieses Angebot in anderen Projekten auffangen“, sagt Michaela Ernster, Koordinatorin Netzwerk Frühe Hilfen vom Treffpunkthaus Heimfeld. Die Spielplatzgruppe ging aus einer Elterninitiative hervor, die sich vor mehreren Jahren in Heimfeld gründete. Eine festangestellte Sozialpädagogin auf halber Stelle und zwei Mütter – die eine stammt aus Indien, die andere hat türkische Wurzeln – betreuen als Honorarkräfte Kinder ab zwölf Monaten in zwei Gruppen an jeweils zwei Vormittagen in der Woche. Die Gruppenstärke beträgt höchstens zehn Kinder.

„Die Spielplatzgruppe ist vor allem ein niedrigschwelliges Integrationsprojekt. In Heimfeld leben viele Migranten aus unterschiedlichsten Nationen. Gerade für sie sind die Hemmnisse, ihre kleinen Kinder gleich regulär an mehreren Tagen in der Woche in einer Kita abzugeben, sehr groß“, so Ernster. Im Treffpunkthaus gewöhnen sie sich in der Anfangsphase daran, für bestimmte Zeit getrennt voneinander zu sein. Die Eltern werden in dieser Phase stark in die Projektarbeit eingebunden.

In den beiden Spielplatzgruppen werden auch kleine Kinder betreut, die aus problematischen Familien kommen. Fachlich begleitet werden die beiden Spielplatzgruppen von Sozialpädagogin Britta Blinkmann vom Treffpunkthaus. Die Gruppen bieten aber auch Alleinerziehenden die Möglichkeit, die Kinder nur stundenweise an den Vormittagen abzugeben. „Wir müssen jetzt nicht nur überlegen, wie wir ohne die finanzielle Unterstützung aus den Restmitteln des Jugendhilfeausschusses weiter arbeiten. Wir müssen auch überlegen, in welchen Projekten wir die Mitarbeiter unterbringen“, sagt Michaela Ernster.

Der Jugendhilfeausschuss steckt in der Klemme. Die Auswirkungen der Tariferhöhungen auf das zur Verfügung stehende Geld des Jugendhilfeausschusses werden jetzt deutlich. Die Förderung dieses Projektes und anderer Jugendhilfeeinrichtungen wurden in der Vergangenheit aus Restmitteln finanziert. Das ist Geld, das im Vorjahr von den Trägern zwar für einzelne Projekte angefordert, aber nicht ausgegeben worden ist. „Es geht nicht darum, dass wir die Qualität solcher Projekte per se anzweifeln und deswegen die Förderung streichen. Es geht vielmehr darum, dass wir zwar in diesem Jahr nochmal mit einem blauen Auge davonkommen werden, weil wir noch höhere Rückläufe aus anderen Projekten zu erwarten haben. Aber die Restmittel werden zusehends von den Tariferhöhungen, die die Träger an ihre Mitarbeiter zahlen, aufgebraucht“, sagt Birgit Rajski, Fachsprecherin der SPD-Fraktion für Jugendhilfe und stellvertretende Ausschussvorsitzende. Der Ausschuss, so Rajski weiter, habe sich nach dem Tarifabschluss gemeinsam mit den Trägern darauf geeinigt, die Tariferhöhungen aus den Restmitteln zu finanzieren.

„Die Alternative“, so die SPD-Abgeordnete, „wäre gewesen, dass wir die Träger mit den Tariferhöhungen allein gelassen hätten. Das wiederum hätte unter Umständen zu Entlassungen von Fachkräften geführt“. Mehr als 200.000 Euro Mehrausgaben kommen durch die Tariferhöhung für die Mitarbeiter auf den Bezirk Harburg zu. In einem Schreiben an die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) macht Sophie Fredenhagen, Fachamtsleiterin Jugend- und Familienhilfe klar, dass dies „in 2015 nun erstmals nicht nur zur kompletten Aufzehr der Restmittel, sondern auch zu einem Defizit in allen drei Rahmenzuweisungen“ führe. In ihrem Brief beantragt Fredenhagen „Verstärkungsmittel“ aus dem Haushalt des Senats.