Dorothea Ebner und Heike Kludas kümmern sich um das Gemeindearchiv und finden immer wieder spannende Details

Tostedt. Zweimal pro Woche, immer dienstags und donnerstags, taucht Dorothea Ebner ein in die Annalen und macht Dinge unvergessen. Die 62-Jährige leitet seit 2003 das Archiv der Samtgemeinde Tostedt. Mit Heike Kludas erhält sie nun tatkräftige Unterstützung.

Das Archiv ist seit 1995 offizieller Bestandteil der Tostedter Gemeindeverwaltung. Seine originalen Schriftstücke aus dem Jahr 1656 gehören zu den ältesten Dokumenten des Gemeindewesens, die im Landkreis Harburg derzeit aufbewahrt werden. Archiviert hat sie einst Kurt Herdecke. Anlass dafür war das niedersächsische Archivgesetz. Danach sollten auch Kommunen relevantes Schriftgut ermitteln, übernehmen, verwahren, erhalten, instand setzen und nutzbar machen.

Herdecke baute den Bestand in Tostedt auf, richtete sich zunächst in der alten Bücherei in der Poststraße ein. 1999 zog der gelernte Versicherungsvertreter „mit großem Hang zum Archivieren“, wie er selbst betont, mit dem Fundus an historischen Dokumenten dann ins Hauptgebäude in die Schützenstraße um. Seine Nachfolgerin suchte er sich wenig später selbst aus: „Kurt Herdecker hat mich eines Tages angerufen und gefragt, ob ich nicht Lust auf die Arbeit hätte“, sagt Dorothea Ebner. Zu dem Zeitpunkt arbeitete sie noch im Archiv in Winsen. „Aber Tostedt hat mich als meine Wahlheimat natürlich sofort gereizt.“

Die Begeisterung für die Historie des Ortes sei in den vergangenen Jahren ständig gewachsen, sagt sie. Dass Ebner nur eine „Zugezogene“ ist, habe sie in ihrer Arbeit nie behindert. „Wahrscheinlich weiß ich mittlerweile sogar mehr über die Tostedter Geschichte als mancher Einheimischer. Wenn ich durch die Straßen gehe, entdecke ich immer wieder Dinge, die ich aus alten Dokumenten bereits kenne. Das ist richtig spannend“, so die 62-Jährige.

Heike Kludas wurde die Begeisterung für die Geschichte der Gemeinde hingegen buchstäblich in die Wiege gelegt. Ihre Großväter Albert Bartels und Walter Kludas waren beide engagierte Heimatforscher. „Ich wurde schon in meiner Kindheit immer wieder mit dem Thema konfrontiert. Geschichte hat mich einfach fasziniert – ganz besonders übrigens die Übersetzung alter Texte.“

Um die Arbeit ihres Großbvaters entsprechend zu würdigen, stellte Kludas in Zusammenarbeit mit Klaus Rose aus dem Nachlass von Albert Bartels eine Sammlung heimatgeschichtlicher Texte mit vielen Fotos und Zeichnungen aus Tostedt zusammen, die dann 2009 unter dem Titel „Tostedt auf dem Todt“ im Hübner-Verlag erschien.

Im August trat die 45-Jährige dann ihren Dienst im Tostedter Archiv an. Damit ändern sich auch die Öffnungszeiten: Ab sofort ist die Einrichtung dienstags von 8.30 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr, Donnerstag von 14 bis 18 Uhr sowie nach Terminvereinbarung besetzt.

Ebner und Kludas kennen sich über die Arbeit im Heimatverein, haben dort das Archiv gemeinsam aufgebaut. „Das mit uns funktioniert richtig gut“, sagt Ebner. Und ihre Arbeit ist gefragter denn je: „Wir beobachten schon seit einigen Jahren, dass die Nachfrage nach alten Dokumenten seit Mitte 2000 ständig ansteigt. Für eine Gemeinde ist es mittlerweile unerlässlich, ein gut sortiertes Archiv zu haben. Aber das alleine reicht nicht aus. Man braucht auch kompetentes Personal“, betont Erster Samtgemeinderat Stefan Walnsch.

Gesammelt werde alles, was sich zu sammeln lohne. Protokolle, Standesamts- und Geburtenregister ab 1874, Schriftverkehr aus dem Gemeindebüro und Unterlagen aus dem Meldewesen. Manchmal kämen auch Bürger ins Archiv, die einen Nachlass verwalten und Unterlagen daraus dem Archiv zur Verfügung stellen wollen. Ebner und Kludas machen aber auch Hausbesuche, um altes Material zu sichten. „Das passiert zwei bis dreimal pro Jahr“, erzählt Ebner. Zu den Schmuckstücken aus privater Hand gehören beispielsweise ein paar gut erhaltene Schulchroniken, geschrieben in Sütterlin-Schrift.

Nachgefragt werden all diese Dinge vor allem von Heimatforschern, die nach historischen Gebäuden oder Straßen suchen. Oder von Privatpersonen, die darauf hoffen, mithilfe alter Akten den eigenen Stammbaum zu vervollständigen. In letzter Zeit werde das Archiv aber immer häufiger auch von Schulklassen besucht. „Die Schüler suchen meist gezielt Informationen zu einem bestimmten Thema und wir suchen dann die passenden Archivalien aus“, erzählt Ebner.

Wer in die Schützenstraße kommt, habe meist selbst eine Menge zu erzählen, sagt Ebner. „Ihnen zuzuhören, macht großen Spaß. Und man guckt immer wieder in leuchtende Augen, wenn sie bei uns fündig werden.“