Ausstellung im Jesteburger Kunsthaus erinnert an die Friedensbewegung der 80er-Jahre

Jesteburg. Anfang der 1980er-Jahre erreichte das Wettrüsten im Kalten Krieg seinen vorläufigen Höhepunkt. Jedes Kind wusste damals, was „Pershing II“ und „SS20“ waren: die todbringenden Atomwaffen auf der einen wie der anderen Seite, im Westen wie im Osten. Die Angst vor dem atomaren Inferno war allgegenwärtig. Vor allem bei den Müttern, die sich um die Zukunft ihrer Kinder sorgten. Nicht nur in der Bundesrepublik, auch in der DDR.

„Wir müssen schreien, sonst hört man uns nicht – Frauenwiderstand in der DDR der 1980er-Jahre“ heißt daher die Ausstellung, die noch bis Sonnabend, 8. November, im Jesteburger Kunsthaus gezeigt wird. Anhand von 19 Plakaten wird die Vergangenheit lebendig, die 25 Jahre nach dem Mauerfall schon so weit weg scheint. Aus ostdeutscher Sicht war im Jahr 1982 ein einschneidender Moment, als die DDR-Führung im Zuge des Wettrüstens verfügte, dass ab sofort auch Frauen Wehrdienst zu leisten haben. Dagegen organisierte Bärbel Bohley, die später als eines der Gesichter der Wende galt, Widerstand. Zusammen mit sechs anderen Frauen startete sie eine Unterschriftenaktion, der sich immerhin 150 Unterzeichnerinnen anschlossen, wie auf einem der Plakate geschildert wird.

Widerstand per Unterschrift – das funktionierte in der DDR manchmal sogar: Ein weiteres Plakat zeigt, wie eine von Frauen initiierte Unterschriftenaktion dazu führte, dass ein Straßenbauprojekt in Berlin-Weißensee fallengelassen wurde: Die Trasse führte direkt über einen jüdischen Friedhof. „Habt ihr nichts dazugelernt?“, kommentierte dazu eine Frau Meyer bei ihrer Unterschrift. Dann Tschernobyl: Dass von dem Reaktor keine Gefahr ausgehe, wollten auch in der DDR die Bürger nicht so recht glauben. Erneut erhebt sich Protest gegen den Atom-Wahn.

Schließlich die Wende. „Plötzlich fanden die Menschen ihre Stimme wieder, im wahrsten Wortsinn“, berichtet Marie-Anne Subklew. Sie stammt aus Greifswald, ist studierte Theologin und hat ihre Dissertation über den „Pankower Friedenskreis“ geschrieben. Im Oktober 1989 erlebte sie, wie Frauen sich trauten, vor Hunderten ein Fürbittengebet für den Frieden zu sprechen. „Sie haben einen erheblichen Anteil an der friedlichen Revolution“, betont die 51-Jährige. Die heutige Brandenburger Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der Kommunistischen Diktatur kann sich noch gut an den Herbst der Wende erinnern. Dass die Menschen große Risiken eingegangen sind. „Eltern sind nicht gemeinsam zu Demonstrationen gegangen. Oder sie haben bei ihrem Superintendenten Erklärungen hinterlegt, dass für die Kinder gesorgt ist, damit sie nicht ins Heim kommen.“

Die Ausstellung, die die Jesteburger Gleichstellungsbeauftragte Gerlinde Jörg initiiert hat, wird anschließend vom 10. bis 14. November im Kreishaus in Winsen gezeigt, danach bekommt sie die Jesteburger Oberschule zum Verbleib. Interessierte Schulen und andere Einrichtungen können die Plakatsammlung über die Robert-Havemann-Gesellschaft (www.havemann-gesellschaft.de) gegen eine Schutzgebühr von 50 Euro bestellen.