Seit 20 Jahren werden bei dem Unternehmen in Dibbersen alte Elektrogeräte wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt

Dibbersen. „Kabel mit Stecker“, sagt Michael Sagawe und hebt zwei Hände voll des Materials aus der Gitterbox. „Das hat den geringsten Weiterverkaufswert, was Kabelschrott betrifft.“

Deshalb gehört es für die rund 30 Mitarbeiter des kommunalen Eloktrorecyclingbetriebes Re-El auch zum täglichen Geschäft, Stecker von Kabeln zu trennen, die Stecker je nach Verbindungsart zu sortieren und die Kabel auch. Flachkabel, wie sie in Computern Laufwerke mit Platinen verbinden, werden anders recycelt, als zum Beispiel Koaxial- oder Installationskabel. Nur für die klingeldrahtdünnen Minikabel aus Rechner-Innereien lohnt sich der Aufwand mit dem Saitenschneider nicht. Sie landen samt Stecker in der Box, vor welcher der stellvertretende Re-El Geschäftsführer gerade steht. Für jede Kabelart haben Sagawe und sein Chef Geraldo Grottke andere Abnehmer, die das Material weiterverwerten. Seit 20 Jahren recycelt Re-El als Betrieb des Kreises bereits den Elektromüll des Kreises. Geschäftsführer Grottke ist von Anfang an dabei.

Man darf sich das kommunale Elektro-Recycling nicht so vorstellen, dass an der Annahme Altgeräte hereinkommen und an der Ausgabe Metallbarren sowie farblich sortiertes Kunststoffgranulat verladen werden. Das Wiederverwerten von Elektrogeräten ist ein mindestens ebenso komplexer Prozess wie ihre Herstellung. Viele spezialisierte Firnen sind daran beteiligt und manche Art des Kabelrecyclings würde auch kein Bürger des Landkreises gerne in seiner Nähe haben. Bei Re-El werden Geräte so demontiert, dass die Materialien an die Spezialisten weitergegeben werden können, wie die es wünschen.

Manche Gerätearten – auf recyclerchinesisch „Sammelgruppen“ genannt – werden von den Re-El Mitarbeitern auch nur entgegengenommen und so weitergegeben, wie sie ankommen: „Kühlgeräte oder Leuchtstoffröhren enthalten zum Beispiel Problemstoffe, die wir hier gar nicht umweltgerecht und der Arbeitssicherheit entsprechend behandeln können“, sagt Geraldo Grottke. „Andere Geräte, wie zum Beispiel Fernseher, lohnen den Demontageaufwand bei uns einfach nicht.“

Auch solche Geräte werden noch recycelt, nur eben woanders. Dort werden sie ebenfalls nicht von Hand demontiert, sondern geschreddert und dann nach Stoffen getrennt. In regelmäßigen Abständen führen Re-El Mitarbeiter auch Probedemontagen von Geräten durch, um den Zeitaufwand zu messen und mit dem Wert des gewonnenen Materials abzugleichen. Der Weitergabewert schwankt täglich, konjunkturbedingt.

„Die Krise 2008/2009 haben wir deutlich gespürt“, sagt Grottke. „Damals waren die Rohstoffpreise so niedrig, dass man für einige Sammelgruppen noch Geld draufzahlen musste, um sie loszuwerden.“

Das kann sich auch ein kommunaler Betrieb nicht leisten. Eine der Auflagen, die Re-El gleich bei der Gründung mitgegeben wurden, war, dass der Betrieb sich selbst trägt. Das ist gelungen.

Recycling ist nur einer der Aspekte der Arbeit von Re-El. Der andere ist es, Langzeitarbeitslose wieder in die Arbeitswelt zu integrieren. Die Re-El Mitarbeiter sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt, zu Löhnen, wie sie in der Entsorgungsbranche üblich sind. „Die ersten zwei Jahre sind unsere Mitarbeiter befristet angestellt, damit wir sehen können, ob es passt. Viele sind mitlerweile unbefristet und so mancher ist über die Stelle bei uns woanders gelandet“, sagt Michael Sagawe.

Zusätzlich zu den ehemals Arbeitslosen arbeiten bei Re-El auch Flüchtlinge aus dem gemeinnützigen Beschäftigungsprogramm des Landkreises. „Diese Leute sind besonders motiviert“, sagt Michael Sagawe. „Die Flüchtlinge, die bei uns ja nur halbtags arbeiten, müssen wir nach Feierabend regelrecht vom Gelände bitten.“

Seit 1994 hat Re-El über 100 Menschen zurück ins Arbeitsleben geholfen und gut 30000 Tonnen Elektromüll der Weiterverwertung zugeführt. Das Material kommt über die Sammelstellen des Landkreises, oder aber über den Annahmetisch auf dem Betriebsgelände, wo Selbstanlieferer ihre Geräte direkt an Re-El-Mitarbeiter übergeben können. Dort werden die Apparate vorsortiert und zum Teil auch schon auseinandergenommen. Zum Beispiel werden an jedem Gerät die Stecker abgekniffen, denn „Kabel mit Stecker“, sagt Michael Sagawe, „haben den geringsten Weiterverkaufswert.“