Junges Modelabel mit dem frechen Namen „Don’t Call Me Chicken“ stellt seine Kollektion in Wilhelmsburg vor

Wilhelmsburg. Dass frau sich doch entgegen der bekannten Redensart mit fremden Federn schmücken sollte, beweist das junge Hamburger Modelabel mit dem frechen Namen „Don’ Call Me Chicken“. Die Schauspielerin Anika Lehmann, bekannt aus der ARD-Telenovela „Rote Rosen“, und die Kommunikationsdesignerin Svenja Thilker schaffen filigranen Haarschmuck aus Federn. Neben der festen Überzeugung, dass der deutschen Ausgehkultur dringend mehr Farbe gut täte, eint die ziemlich besten Freundinnen, dass sie beide in Harburg zur Schule gegangen sind.

Ihr Naturmaterial importieren die beiden Hamburgerinnen sogar aus Maui im Pazifischen Ozean, der zweitgrößten Insel des Archipels Hawaii. Hier tragen Hähne ein so farbenfrohes Federkleid, dass ihr europäisches Pendant blass dagegen wirkt. Die bunten Federn erreichen Hamburg im Briefumschlag, so gering ist ihre Stückzahl. Das Label „Don’t call Me Chicken“ steht für handgemachte Fertigung, jedes Schmuckstück ist ein Unikat.

Auch Hähne von befreundeten Bauernhöfen lassen für das kleine Modelabel ihre Federn, genau so Perlhühner oder Fasane von Vogelfarmen. Ist das weiche Material erst einmal mit einer Klammer am Haarschopf befestigt, passt es sich der Haarstruktur an und erweist sich als äußerst widerstandsfähig und partyfest: „Man kann sogar damit schwimmen gehen“, sagt Svenja Thilker.

Der Labelname entstand aus dem Moment heraus, als Anika Lehmanns Vater den bunten Federschmuck im Haar seiner Tochter erblickte und spöttisch fragte: „Bist du jetzt ein Huhn?“ Er ist so frech und zweideutig, dass er sozusagen federleicht für Aufmerksamkeit sorgen dürfte. „Don’ Call Me Chicken“ bedeutet wörtlich übersetzt „Nenn’ mich nicht ein Huhn“, genau so aber im Straßenjargon so viel wie „Nenn mich nicht Tussi“. Umgangssprachlich werden überkandidelte Mädchen, die Anhängsel von Männern sind, „chicks“ genannt. Wer Federn der Hamburger Marke „Don’t Call Me Chicken“ trägt, grenzt sich also von „Tussis“ ab und demonstriert damit Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit. „Bei der Vermarktung bauen wir darauf, dass wir einen tollen Namen haben“, sagt die 32 Jahre alte Kommunikationsexpertin Svenja Thilker.

Nicht schaden dürfte dabei, dass Anika Lehmann Millionen Deutschen als die Fernsehfigur Rieke Friedrichs aus der Telenovela „Rote Rosen“ bekannt ist. Die 29 Jahre Schauspielerin hat in den Jahren 2013 und 2014 in 210 Folgen der Fernsehserie mitgewirkt. „Fans sagen auf der Straße Rieke zu mir“, sagt Anika Lehmann, die heute in Wilhelmsburg lebt. Hamburger kennen sie auch vom St. Pauli Theater oder in der Rolle der „Buhlschaft“ im „Jedermann“.

Anika Lehmann muss als Schauspielerin viel reisen. Als selbstständige Kommunikationsdesignerin hat Svenja Thilker keine festen Tagesablauf. Für die beiden Freundinnen hat die die Gründung eines Modelabels noch einen sozialen Aspekt: „So können wir uns mehr sehen“, erklärt Anika Lehmann. So wird Heimarbeit zur Freundschaftspflege. Der schöpferische Akt der beiden Modemacherinnen steckt in der Kombination der Federn zu Produkten, die zu allen möglichen Haarfarben und Frisurlängen passen. In filigraner Handarbeit stecken kreieren sie Federstile, die je nach Haarfarbe einen eigenen, englischen Namen tragen. Für das in Mitteleuropa weit verbreitet Brünett steht die Reihe „Impressive“. Mutige tragen den Stil „Prismatic“, das ist eine bunte Farbenpracht im Stiles eines Pfauenvogels.

Die bis in die Antike reichende Geschichte des Federschmucks zeigt: Die Vogelfeder hat vor allem als Kopfbedeckung Karriere gemacht. Die beiden Hamburgerinnen denken darüber nach, unter der Marke „Don’t Call Me Chicken“ auch Dekoartikel zu entwerfen. Die Idee einer im Gipsfuß verankerten Feder als Blumenersatz für den Tisch oder die Fensterbank nimmt Gestalt an.

Auch die Produktpalette für Haarschmuck halten die beiden Modeschöpferinnen noch längst nicht für ausgereizt: „Wir wollen Editionen zu den verschiedenen Jahreszeiten kreieren“, sagt Anika Lehmann. Zur Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer in Brasilien hatten sie Prototypen einer Deutschland- und einer Brasilien-Feder produziert – auf dem Markt kam sie dann aber doch nicht.

Neben der Vermarktung im Internet plant das Modelabel, Schubladen in ausgewählten Läden Hamburgs zu mieten und auf diese Weise den Federschmuck zu verkaufen. Wichtigster Vermarktungsweg bleiben aber lokale Märkte, auf denen sich unabhängige Hersteller treffen. Das Label „Don’t Call Me Chicken“ gehört zu den mehr als 50 Ausstellern beim nächsten Markt „Mit Liebe gemacht“ am 1. November in Wilhelmsburg. Organisatorin Lena Fandree erteilt ausschließlich Unikaten den Marktzugang – Massenware muss draußen bleiben.

„Mit Liebe gemacht“, Markt für Kunst, Handwerk und Design, Sonnabend, 1. November, 14 bis 18 Uhr, Honigfabrik in Wilhelmsburg, Industriestraße 125-131, Eintritt frei.