Autofahrer in Edelsportwagen geben auf der Veringstraße in Wilhelmsburg Vollgas. Bürger fordern Einschreiten der Polizei

Wilhelmsburg. Tiefer, breiter, schneller und die Lackierung gerne in Matt. So motzt eine bestimmte Spezies Autofahrer seine PS-starken Luxuskarossen auf. In geraden und belebten Straßen Hamburgs geben sie Vollgas, um mit den Edelautos zu prahlen oder vielleicht ihr Revier zu markieren. Die Veringstraße in Wilhelmsburg ist eine ihrer Rennstrecken. Anwohner sind genervt und fordern die Polizei auf, der gefährlichen Raserei auf der belebten Straße mit Cafés und Restaurants Einhalt zu gebieten. Der neu konstituierte Beirat für Stadtentwicklung Wilhelmsburg hat jetzt das Thema an die Öffentlichkeit gebracht.

„Es scheint Volkssport zu sein, auf der Veringstraße die Autos auf Tempo 120 hochzureißen“, beschreibt ein 40 Jahre alter Geschäftsbetreiber das Gebaren der „Tiefer-Breiter-Schneller-Szene“ in der Veringstraße. Seinen Namen möchte er nicht in der Zeitung sehen. Die Kerle hinter dem Steuer hätten in ihrem Leben noch nie Lohnarbeit geleistet und führen Autos im Wert von 100.000 Euro, sagt er. Das sei Gangstermilieu, mutmaßt er.

Ein weißer Maserati, ein weißer Audi R8, ein orangefarbener Lamborghini – diese teuren Edelkarossen sind Anwohnern mehrfach in diesem Sommer beim Rasen auf der Veringstraße aufgefallen. Nach ihren Einschätzungen handelt es sich um zehn bis 20 Leute in teuren Sportwagen, die sich die Veringstraße und andere Stadtteile als Treffpunkt ausgeguckt hätten. Manchmal würden sie auch auf dem Stübenplatz die Autos tauschen.

Was dann passiert, sieht nach Beobachtungen der Anwohner so aus: Der Fahrer in dem Hochleistungssportwagen trete mit Gewalt aufs Gaspedal und rase mit ausbrechendem Heck los. Er teste, wie schnell er fahren könne. Die Veringstraße sei geeignet, weil sie eine schnurgerade Streckenführung und reichlich Publikum biete.

Das Polizeikommissariat in Wilhelmsburg führt zumindest schon einmal eine Akte mit Beschwerden über die Raserei. Vier Anwohner aus der Veringstraße und einer aus der benachbarten Neuhöfer Straße hätten sich bei der Polizei gemeldet, sagt der Leiter für Prävention und Verkehr bei der Wilhelmsburger Polizei, Ingo Schwarz.

Generell gelte die Veringstraße als sichere Straße ohne auffallende Häufigkeit von Unfällen, sagt Ingo Schwarz. Diese Tatsache erschwere es der Wilhelmsburger Polizei, bei der zuständigen Hamburger Verkehrsstaffel mit der Bitte um verdeckte Geschwindigkeitsmessungen erfolgreich zu sein. Ingo Schwarz räumt aber ein: „Es gibt diese Klientel, die in der Veringstraße rast, und das ist ein Problem.“

Im Stadtteilbeirat erklärt der Leiter für Prävention und Verkehr, wie die Wilhelmsburger Polizei den Rasern in der Veringstraße beikommen will: Geschwindigkeitsmessungen mit Handlasern von uniformierten Polizisten und verdeckte Messungen seien Möglichkeiten. Ihre Erfolgsaussichten schätzt Ingo Schwarz als gering ein: „Es wird ein Glücksfall sein, wenn wir die Raser so zu fassen kriegen“, räumt er ein. Die „Tiefer-Breiter-Schneller-Szene“ trifft sich eben nicht zu regelmäßigen Uhrzeiten und an immer den gleichen Wochentagen.

Die Polizei setzt vielmehr auf die Hilfe der Anwohner und Geschäftsinhaber, die ständig in der Veringstraße seien. Sie sollen der Polizei die auffälligen Fahrzeuge, die Nummernschilder, Datum und Uhrzeit nennen. Seien die Autobesitzer identifiziert, werde die Polizei sie zu Hause aufsuchen und eine Gefährderansprache halten, sagt Ingo Schwarz.

Sollte der Besuch der Staatsgewalt die PS-Protzer nicht beeindrucken, werde die Wilhelmsburger Polizei den Leuten auf den Füßen stehen: „Wir haben dann schnell mal das Gefühl, dass die Auto zu laut seien“, sagt Ingo Schwarz süffisant. Beamte würden dann die Sportkarossen nach allem unter die Lupe nehmen, was nicht der Straßenverkehrsordnung entspricht.

Was dem 40 Jahre alten Geschäftsbetreiber Sorgen macht, ist das ungenierte Auftreten der protzenden Raser. Er sei öfter beschimpft worden. „Verpiss dich!“ oder „Ich knall dich ab“, habe er zu hören bekommen, wenn er sie zur Rede stellen wollte.

„Sie beschlagnahmen eine öffentliche Straße für sich und setzen ihre Autorennen dazu gezielt wie eine Waffe ein.“ Und das, sagt der Geschäftsinhaber, dürfe ja wohl nicht sein.

Ein Anwohner hat den Eindruck, dass mittlerweile deutlich weniger Radfahrer die Veringstraße entlang fahren würden. Der Stadtteilbeirat reagiert nach dem Vorbild der Politik – und gründet einen Arbeitskreis.