Harburger Zweigstelle der Hypo-Vereinsbank ist in diesen Tagen Azubi-Filiale. Die echten Chefs bleiben im Hintergrund

Harburg. Der Chefsessel der Harburger Hypo-Vereinsbank-Filiale ist in diesen Tagen doppelt besetzt, der Chef sitzt trotzdem nicht drauf. Stattdessen teilen sich Damla Erzengur und Larissa Meyer seinen Job, eine auf dem echten, gepolsterten Drehstuhl, die andere auf einem Besuchersitz. Wer gerade welchen Stuhl hat, ergibt sich ständig neu und aus der jeweiligen Situation. Die Harburger HVB-Zweigstelle ist in diesen Tagen Azubi-Filiale. Die Lehrlinge schmeißen den Laden. 18 HVB-Auszubildende aus 15 Filialen machen Schalterdienst, führen Kundengespräche und treffen Entscheidungen.

Völlig unvorbereitet sind die Nachwuchsbanker natürlich nicht: Das Gros der Azubis ist im zweiten Ausbildungsjahr. „Wir haben in unseren Stamm-Filialen schon an Kundengesprächen teilgenommen, und diese Gespräche zum Teil oder ganz selbst geführt“, sagt Azubi Fenja Glüsing, „allerdings war dann immer ein Kundenberater dabei.“ So ganz ohne Netz und doppelten Boden zu arbeiten, ist für Glüsing, die ansonsten in der Filiale Stade ausgebildet wird, eine besondere Herausforderung. „Man merkt, dass es mehr Stress ist, eigenverantwortlich zu arbeiten. Wenn dann während der Vor- oder Nachbereitung noch ein andere Kunde anruft, während der nächste Termin eigentlich schon ansteht, muss man lernen, sich zu organisieren.“

Ganz alleine sind die Jungbanker auch nicht: Der Harburger Filialleiter und die Kundenberater sitzen im Obergeschoss der Bank in Büros und stehen für Fragen zur Verfügung. Wichtige Geschäfte mit den Kunden müssen sie ohnehin absegnen. „Wir erhalten auch konstruktives Feedback vom Filialleiter und seinem Team“, sagt Interimschefin Larissa Meyer, „das schafft Selbstvertrauen.“

Wer in der Azubi-Woche auf welcher Position arbeitet, haben die Auszubildenden untereinander festgelegt. Bereits die Woche zuvor haben sie zur Vorbereitung in der Harburger Filiale verbracht, erhielten Schulungen und bildeten ihr Team. Dabei wurde auch besprochen, wen die Gruppe in welcher Funktion sieht. Fast alle Stellen der Filiale wurden doppelt besetzt, auch die Filialleitung. Trotzdem gab es mehr Kandidaten für den Chefsessel und den Besucherstuhl daneben, als Plätze auf diesen Möbeln. Die Gruppe stimmte ab. Damla Erzengur und Larissa Meyer setzten sich durch, auch gegen männliche Konkurrenz.

Jetzt leiten sie jeden Morgen die Tagesbesprechung und planen die Aufgaben, die anliegen. „Es ist schon ein ungewöhnliches Gefühl, vor der ganzen Mannschaft zu stehen und anzusagen, wie der Tag laufen soll“, sagt Damla Erzengur. „Aber hier bei uns ist Filialleitung nur eine Aufgabe, wie alle anderen auch. Alle beteiligten Azubis bilden ein Team und wir ziehen an einem Strang.“

Die Auzubildenden stammen aus dem gesamten Hamburger Umland. Damla Erzengur, zum Beispiel, lernt in Itzehoe, Larissa Meyer und Fenja Glüsing in Stade. Auch aus der Harburger Filiale ist ein Azubi dabei. So weit von einander entfernt, haben die Auszubildenden normalerweise wenig Kontakt untereinander. Seminare und solche Azubi-Wochen sind eine seltene Gelegenheit, sich untereinander auszutauschen. Zwangsverpflichtet wurde für die Woche keiner der Auszubildenden. Wer mitmachen wollte, musste sich bewerben. So will die Hypovereinsbank sicherstellen, dass eine Woche lang ein hoch motiviertes Azubi-Team die Filiale führt.

„Das ist auch so“, sagt Larissa Meyer. „Hier geben alle gerade alles und es macht wirklich Spaß, Teil dieses Teams zu sein.“

Und wenn die Woche vorbei ist? „Dann nehmen wir alle ganz viel Erfahrung und Selbstvertrauen mit in unsere Ausbildungsfilialen“, sagt Damla Erzengur.