Antworten auf ihre Fragen zu Flüchtlingsquartieren erhielten die Bürgerinitiativen weder in der Bezirksversammlung, noch in dessen Sozialausschuss

Harburg. Die jüngsten Prognosen der Hamburger Sozialbehörde hinsichtlich des unverminderten Flüchtlingsstroms in die Hansestadt zeigen, dass eine Entspannung der Lage längst noch nicht in Sicht ist. Werden bis Ende dieses Jahres noch immer 1070 Plätze in Zentralen Erstaufnahmen und den Folgeunterbringungen fehlen, so sollen es im Juni 2015 bereits 2884 und im Dezember 2015 sogar 4544 sein. Mit entsprechendem Hochdruck entstehen permanent weitere Quartiere, die meisten in Harburg.

1800 neue Plätze sollen bis Ende kommenden Jahres südlich der Elbe entstehen, mehr als in jedem anderen Hamburger Stadtbezirk. Lag Harburg im August mit 839 Plätzen noch auf Rang sechs, so wird Harburg dann mit etwa 3000 Plätzen auf Rang vier vorrücken, hinter Mitte (3700), Wandsbek (3600) und Altona (3200). „Es ist eine Tatsache, dass Harburg in der Vergangenheit deutlich weniger Unterkünfte bereitgestellt hat, als die meisten anderen Bezirke. Deshalb sind die aktuellen Planungen durchaus nachvollziehbar“, so Bezirksamtsleiter Thomas Völsch.

Von den 2231 Plätzen, die in den nächsten zwölf Monaten allein für die Zentralen Erstaufnahmen aufgebaut werden, entsteht mit 992 fast die Hälfte in Harburg. Dafür vorgesehen sind neben den bis zu 500 Plätzen auf dem Schwarzenberg weitere 300 in der Schlachthofstraße am Elbcampus und 192 in der Poststraße. Zudem sollen für die Folgeunterbringung im „beschleunigten Verfahren“ in Lewenwerder II 120 Plätze sowie in Bostelbek 168 Plätze entstehen. Weitere 400 Plätze sind auf einem Wohnschiff und zwei Pontons mit Modulaufbauten im Binnenhafen geplant.

Die extreme Ballung von Flüchtlingsunterkünften im Sozialraum Hafen/Bostelbek sowie Harburg-Zentrum hatte bekanntlich Bürgerinitiativen (BI) auf den Plan gerufen. Nach anfänglichem Widerstand hatten sie sich zuletzt überaus kooperativ gezeigt – im Gegenzug aber mehr Transparenz bei den Entscheidungen der Behörden gefordert. Doch die „notwendige und unverzichtbare Bürgerbeteiligung“ sehen sowohl die Mitglieder der BI Wetternstraße, als auch die der BI Bostelbek (BIB) nach wie vor nicht gewährleistet.

Schon bei der Bezirksversammlung im September hatten die BI-Vertreter vergeblich auf konkrete Auskünfte zu ihren vielen Fragen gehofft. Und waren wegen bohrender Nachfragen schließlich auf die nächste Sitzung des Sozialausschusses vertröstet worden. Der hat nun vergangene Woche im Sozialen Dienstleistungszentrum (SDZ) an der Knoopstraße getagt – allerdings ohne befriedigenden Ausgang.

„Von den Behördenvertretern wurde zwar viel referiert, aber unsere Fragen blieben erneut unbeantwortet“, moniert BIB-Sprecherin Ineke Siemer. Das Gros der zehnköpfigen Bostelbek-Delegation sei nach dreieinhalb Stunden völlig frustriert nach Hause gegangen und habe von „totaler Zeitverschwendung“ gesprochen. Zumal durch technische Probleme mit der Lautsprecheranlage ohnehin nur die Hälfte zu verstehen gewesen wäre.

Zu allem Überfluss hätte die Ausschussvorsitzende Claudia Loss (SPD) auch noch wissen wollen, warum die Fragen nicht vorher schriftlich eingereicht worden seien. „Das war nun wirklich der Gipfel“, so Siemer. „Wir haben unsere Fragen bereits eine Woche vor der Bezirksversammlung am 23. September eingereicht. Und dort hatte es die Zusage gegeben, dass es die Antworten im Sozialausschuss geben werde.“

Aus Sicht von Harburgs Sozialdezernent Holger Stuhlmann hätte es die auch gegeben. Mit Hinweis auf die Powerpoint-Präsentationen der Behörden schrieb er Ineke Siemer, „ein Teil ihrer Fragen müsste sich damit erledigt haben“. Dem widerspricht die BIB-Sprecherin entschieden: „Bis heute haben wir weder etwas über das Engagement des Bezirks in Sachen Binnenhafen und bei der avisierten Image-Entwicklung des stark beanspruchten Stadtteils gehört, noch wie der Bezirk die Unterbringung von mehr als 2000 Flüchtlingen im Sozialraum Hafen/Bostelbek und Harburg-Zentrum beurteilt und ob eine Entzerrung angestrebt ist.“ Auch die Fragen nach den Lehren aus der Unterbringung auf Wohnschiffen in der 90er-Jahren und wie solche Probleme künftig vermieden werden könnten, seien bislang unbeantwortet geblieben.

„Bei allem Respekt“, so Ineke Siemer, „mit wahrer Bürgerbeteiligung hat das alles nichts zu tun, das ist eine einzige Farce. Man wird das Gefühl nicht los, dass man einfach nur lästig ist.“ Unterstützung erhält sie vom FDP-Abgeordneten Carsten Schuster: „Information ersetzt keine Beteiligung. Wenn der SPD geführte Senat die Bezirke und ihre Bevölkerung weiter ignoriert, werden die Probleme verschärft anstatt gelöst.“