Ehrenamtliche Helferin berichtet von Flüchtlingsunterkunft in Wilhelmsburg – Innenbehörde zweifelt

Wilhelmsburg. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen in Hamburg kommt es offenbar zu einzelnen Missständen, die es laut den zuständigen Behörden nicht geben dürfe. Während der Informationsveranstaltung des Bezirksamtes Mitte zur Flüchtlingsunterbringung auf den Elbinseln am Montagabend im Bürgerhaus Wilhelmsburg berichtete eine ehrenamtliche Helferin vor den knapp 200 Besuchern von einer syrischen Frau, die in der Zentralen Erstaufnahme am Karl-Arnold-Ring in Wilhelmsburg zusammen mit 13 oder 14 Männern in einem Zimmer übernachten müsse. „Die Frau schläft keine Minute“, sagte die Helferin.

Johanna Westphalen von der für die Zentrale Erstaufnahme zuständigen Innenbehörde ließ Zweifel an der Darstellung erkennen: „Dass eine Frau mit 13 Männern in einem Zimmer lebt, kann ich mir nicht vorstellen. Das Konzept ist anders“ antwortete die Leiterin des Einwohnerzentralamtes.

Sie räumte aber ein, dass die blitzschnell geschaffene Unterkunft am Karl-Arnold-Ring in einem früheren Schulgebäude „keine typische Unterkunft“ sei. Zurzeit leben dort 258 Flüchtlinge. Melanie Anger von dem öffentlichen Unterkunftsbetreiber „Fördern & Wohnen“ hält es für möglich, dass die syrische Frau in einem sogenannten Familienzimmer untergebracht sein könnte. „Wir sind bemüht, diese Zimmer aufzulösen“, sagte sie. Schließlich schritt Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) ein. Er bat die Helferin, den Namen festzustellen oder zumindest eine Personenbeschreibung der betroffenen Syrerin zu geben, damit ihr geholfen werden könne.

Ein ähnlicher Fall war bei dem Willkommensfest Ende September vor der Zentralen Erstaufnahme in der Alten Post in Harburg bekannt geworden: Eine 27 Jahre alte Syrerin berichtete dem Abendblatt, dass sie und andere Frauen mit mehreren fremden Männern in einem Zelt untergebracht sei.

Die Innenbehörde und die Sozialbehörde versuchen verzweifelt, den in Hamburg ankommenden Flüchtlingen Unterkunft zu geben. Zurzeit sieht es nach einem hoffnungslosen Wettlauf aus. Laut der aktuellen Prognose würden im Dezember 2015 in Hamburg mehr als 4500 Plätze fehlen. „Wir haben Flüchtlinge, denen die Obdachlosigkeit droht“, sagt Bettina Prott von der Sozialbehörde.

Trotz allem sieht die Sozialbehörde jetzt von dem Vorhaben ab, auf dem Park&Ride-Platz am S-Bahnhof Veddel eine Flüchtlingsunterkunft zu schaffen. „Das haben wir gestrichen, die Lärmbelastung ist zu groß“, sagt Christiane Kreipe von der Sozialbehörde. An der Dratelnstraße sind zurzeit Container für insgesamt 285 Flüchtlinge im Aufbau. Das Flüchtlingsdorf am Kurdamm (126 Plätze) soll im November bezugsfertig sein. Die geplante Unterkunft An der Sanitasstraße/Am Veringhof mit 132 Plätzen soll im Juli 2015 entstehen.

Viele Wilhelmsburger fordern von den Behörden Hilfe für Flüchtlinge, die über die bloße Abwehr von Obdachlosigkeit hinaus reicht. Gottfried Eich von der Stadtteilschule Wilhelmsburg äußerte Zweifel an der reibungslosen Beschulung von Flüchtlingskindern, wie sie die Behördenvertreter im Bürgerhaus schilderten.

Nach einem Jahr in einer Vorbereitungsklasse habe ein bulgarisches Mädchen gerade einmal acht deutsche Worte sprechen können, berichtete er. Der Pädagoge appellierte an die Behörden, „verantwortungsvoll“ damit umzugehen, wenn Kinder aus den Vorbereitungsklassen in die Regelklassen kämen.

Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung auf den Elbinseln ist groß - offenbar größer als im übrigen Hamburg. „Ich bin beeindruckt und stolz, welch enorme Hilfsbereitschaft es in Wilhelmsburg gibt“, sagte Andy Grote. Das sei einzigartig im Bezirk Mitte. Die Einrichtungen und Initiativen auf den Elbinseln würden sich gut kennen und besser vernetzt sein als in anderen Stadtteilen. Volker Schulz von der Arbeitsloseninitiative bietet an, 150 Flüchtlinge zur Weihnachtsfeier einzuladen.

Im Bezirksamt soll ab sofort Silke Kümeke vom Fachamt für Sozialraummanagement die Initiativen zur ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe koordinieren.