Das Traditionsunternehmen könnte aus der Insolvenz gerettet werden. Gläubiger sollen am 8. November entscheiden

Winsen. Den 8. November hat sich Markus Klein im Kalender rot angestrichen. Dann wird das Amtsgericht Tostedt den Gläubigerausschuss der Schneekoppe GmbH zusammenrufen. Die Mitglieder müssen dann über Kleins Sanierungsplan für das insolvente Unternehmen entscheiden. Nur wenn die vier- bis fünfköpfige Gruppe zustimmt, zu der auch ein Mitarbeiter-Vertreter gehört, haben Schneekoppe und die 16 Beschäftigten in Buchholz und Wien wieder eine Zukunft. Für Klein steht dabei nicht nur sein Arbeitsplatz auf dem Spiel. Er ist mit fünf Prozent an der Gesellschaft beteiligt. Die Mehrheit mit 85 Prozent hält der Krefelder Investor Gerald Wagener über seine Gesellschaft Selva Aurea. Der Peter Kölln KGaA aus Elmshorn gehören zehn Prozent.

Der gelernte Industriekaufmann Klein ist optimistisch, „extrem zuversichtlich“ sogar, wie er sagt. Denn er hat, seit er im April 2012 von der Tabakfirma Dannemann zu Schneekoppe nach Buchholz wechselte, an einer neuer Vision für das Unternehmen gearbeitet. „Wir werden ein Angebot machen, bei dem die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten, einen anderen Teil aber erhalten werden“, versichert er. Doch allein die Wünsche von Lieferanten, Mitarbeitern und Dienstleistern zu befriedigen, werde nicht reichen. „Zudem muss das Unternehmen genügend finanziellen Freiraum behalten, um sich für die Zukunft aufstellen zu können.“

Seit dem 8. August ist Schneekoppe insolvent. Allerdings verzichtete das Amtsgericht in Tostedt auf den Einsatz eines Insolvenzverwalters und ließ den Geschäftsführer in einem Schutzschirmverfahren im Amt. Denn Klein konnte über einen Wirtschaftsprüfer nachweisen, dass Schneekoppe einen positiven Trend eingeschlagen hatte und die Erlöse wieder zulegten. An seiner Seite steht nun mit dem Rechtsanwalt Malte Köster ein vorläufiger Sachwalter, der die Interessen des Gerichts vertritt und prüft, ob im Sinne der Gläubiger gehandelt wird. Andreas Liebaug, ein weiterer Jurist, berät Klein als Sanierungsgeschäftsführer bei juristischen Fragen. Die Mitarbeiter werden für drei Monate über das Insolvenzausfallgeld von der Arbeitsagentur bezahlt.

Klein hat seine Strategie abgesteckt. Mit seinem Wechsel nach Buchholz hat der dem 1927 gegründeten Unternehmen eine Rückbesinnung auf seine Wurzeln als Naturkosthändler verordnet. Jetzt setzt Schneekoppe wieder auf kalt gepresstes Leinöl, Leinsaaten und ein Kürbiskernöl, das sich auch für Salate eignet. Zudem wurde mit VITAsan eine neue Linie für den freien Verkauf in Apotheken aufgelegt, deren Produkte die Kunden zum Abnehmen nutzen können. „Wir wollen unsere Kompetenz in der Ernährung deutlich machen“, sagt Klein. Schließlich ist da noch der Export, vor allem nach Osteuropa sowie nach Asien etwa nach China, nach Taiwan oder jetzt auch in die Mongolei. Mit dem Konzept kann der Geschäftsführer wieder auf steigende Wachstumraten und ein verbessertes operatives Ergebnis verweisen. Erst im Juli brachte Klein dann noch vier neue Müslisorten in den Handel.

Die kleine Belegschaft konzentriert sich auf das Marketing, die Betreuung von Großkunden im Handel, im Ausland und bei den Apotheken, entwickelt neue Produkte und kümmert sich um die Finanzierung und das Controlling. Aufgaben wie die Logistik für die Belieferungen der Kunden hat Klein ausgelagert und an externe Dienstleistungsfirmen vergeben. Die Zahl der Beschäftigten ging bei Schneekoppe seit 2012 von 30 auf gut die Hälfte zurück. In gleichen Maß hatte sich der Umsatz von 30 auf 15 Millionen Euro verringert. Nun soll der Trend wieder gewendet werden.

Hintergrund für die Schwierigkeiten von Schneekoppe waren vor allem zwei Entwicklungen. So ist seit 2012 die neue Diätverordnung in Kraft, nach der nicht mehr mit dem Aufdruck „Für Diabetiker geeignet“ für Produkte geworben werden darf. Als Markführer in diesem Bereich wurde Schneekoppe, das für die betroffenen Menschen auf den Packungen sogar den Verzehr in Broteinheiten umgerechnet hatte, stark getroffen. „Der Handel war verunsichert und die Verbraucher verloren die Orientierung“, sagt Klein. Gleichzeitig sorgte die Pleite der Drogeriekette Schlecker, eine der wichtigsten Absatzkanäle von Schneekoppe, für Umsatzeinbußen. Letztlich blieb Klein nichts anderes übrig, als zum Amtsgericht zu gehen.

Am 8. November müssen die Gläubiger nun entscheiden, wie es mit dem Traditionsunternehmen weiter gehen soll, das der 1889 bei Breslau geboren Fitz Klein am Fuße des Riesengebirges gegründet und nach seinem höchsten Berg benannt hatte. Immerhin: Keiner der deutschen Lieferanten, die für rund 90 Produkte für Schneekoppe verantwortlich zeichnen, hat bislang seine Zusammenarbeit mit den Buchholzern aufgekündigt. „Unser Verhältnis ist weiter gut“, versichert Klein.

Wenn alles klappt, wird künftig auch wieder genug Geld für den Werbeslogan der Firma bereitstehen, der vier von fünf Deutschen vertraut ist: „Schneeeekoppe“.