Überflutungen: Schlappes Schöpfwerk, marode Schleuse und kompliziertes Stauwehr behindern die Wasserregulierung

Neuland. Mit dem Bau des S-Bahntunnels vor gut 30 Jahren von Neuland zum Harburger Bahnhof hatte das Unheil begonnen. Der südliche Abschnitt der Wohnsiedlung Neuland war um mehrere Zentimeter abgesackt. Und seitdem funktioniert am Fuldastieg und am Weserstieg bei starkem Regen auch die Entwässerung durch die Straßengräben nicht mehr einwandfrei, weil das Wasser bergauf nicht ausreichend abfließen kann. Bewohner mehrerer Siedlungshäuser bekommen dann nasse Füße und die Siedlungsgemeinschaft Neuland wird nicht müde, die zuständigen Abteilungen im Bezirksamt und im Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) zu drängen, die Missstände an den Gräben zu beseitigen. Wirksame Abhilfe ist bislang ausgeblieben.

Und nun sagt auch Rolf Nagel, erster Vorsitzender des für die Wasserstandsregulierung zuständigen Schleusenverbands Neuland, dass der Verband unter den gegebenen Voraussetzungen den von den Hamburger Behörden geplanten „Logistikpark Neuland 23“ in Bezug auf zusätzliche zu erwartende Entwässerungprobleme äußerst kritisch sieht. Zudem wünschen die Behörden, dass auf Neuländer Gebiet, östlich der Autobahn A1, eine weitere Fläche ökologisch aufgewertet werden soll – als Ausgleich für Flächen, die durch den geplanten Bau der Autobahn A 26 zwischen der Hamburger Landesgrenze bei Neu Wulmstorf und der A 7-Anschlussstelle bei Moorburg verloren gehen werden. Nagel: „Östlich der A 1 ist ein Teil des Wiesengeländes bereits Ausgleichsfläche mit deutlich höheren Wasserständen in den Gräben als in unserem übrigen Verbandsgebiet. Bei Starkregen treten die Gräben leicht über die Ufer.“

Nagel nennt drei Problemzonen im Verbandsgebiet für die rasch Lösungen gefunden werden müssen, bevor der Verband weiteren baulichen Veränderungen im Gebiet zustimmen kann. Erste Problemzone ist das in seiner Pumpleistung unzureichende Schöpfwerk am Neuländer Hauptdeich. Nagel: „Es sollten stärkere Pumpen mit höherer Förderleistung eingebaut werden. Es wurden aber lediglich die drei alten Elektromotoren aufgearbeitet und mit größeren Flügelrädern versehen. Im Herbst vergangenen Jahres, als erst eine der drei Pumpen aufbereitet war, war die Leistung völlig unzureichend. Da konnte bei Starkregen nicht ausreichend Wasser aus der Neuländer Wettern und der Fünfhausener-Landweg-Wettern in die Elbe gepumpt werden. Das stand die Neuländer Straße an der Autobahn-Anschlussstelle unter Wasser. Wir sind davon überzeugt, dass im erneuten Ernstfall auch die nun zur Verfügung stehenden drei aufbereiteten Pumpen keine ausreichende Leistung bringen werden.“

Als zweite Problemzone nennt Nagel das Stauwehr am Neuländer Brack, das derzeit von manueller auf automatische Wasserstandsregelung umgebaut wird. Zudem ist am Wehr eine Fischtreppe installiert worden, deren Wasserdurchfluss die Funktion des Stauwehrs negativ beeinflusst. Nagel: „Über die Sinnhaftigkeit einer Fischtreppe in einem technischen Be- und Entwässerungssystem läßt sich streiten.“ Sobald die automatische Steuerung betriebsbereit ist, wollen sich Vertreter des LSBG und des Schleusenverbands bei Regenwetter vor Ort treffen, um die Wirksamkeit der Entwässerung beurteilen zu können. Nagel: „Es ist unserer Ansicht nach nicht davon auszugehen, dass das automatisierte Wehr in Zukunft auch nur ansatzweise dazu beitragen kann, dass der Siedlungsabschnitt am Fuldastieg und am Weserstieg nicht mehr überschwemmt wird.“

Der Schleusenverband drängt in der Angelegenheit auf eine technische Klärung. Nagel: „Wir haben bei früheren Messungen bereits das Abwärtsgefälle in der Grabensohle festgestellt. So ist das Wasser in Richtung Brack und Schöpfwerk nicht ausreichend fließfähig. Das Bezirksamt hat uns nun signalisiert, dass es tätig werden will, zunächst aber zur Beurteilung noch die möglichen Veränderungen durch das automatisierte Wehr abwarten will.“

Als dritte Problemzone nennt Nagel die Schleuse Ost an der Hamburg-Niedersächsischen Landesgrenze bei Over-Bullenhausen. An der Schleuse sind Rohrleitungen defekt und das Schleusentor ist nicht mehr dicht und lässt auch in geschlossenem Zustand Wasser aus der Elbe in die Wettern fließen. Die Schleuse wird noch von Hand bedient: Das Tor wird geöffnet, um bei Hochwasser der Elbe die Wettern zu fluten oder um bei Regen und Niedrigwasser der Elbe, Wasser aus den Wettern in die Elbe abfließen zu lassen. Nachdem der 90 Jahre alte bisherige Schleusenwärter im Frühjahr gestorben war, hat seine Frau die ehrenamtliche Aufgabe der Schleusenbedienung übernommen. Nagel: „Der LSBG kennt die Defekte an den Schleusenklappen seit langem. Ich bin seit 2011 Vorsitzender des Schleusenverbands, und bereits zwei meiner Vorgänger hatten auf eine Instandsetzung der Schleuse gedrängt. Nun hat der LSBG mir zugesagt, dass nach dem Ende des Winters und der Sturmflutgefahr kommendes Frühjahr 2015 mit der Instandsetzung begonnen werden soll. Die Schleuse soll ebenfalls automatisiert werden.“