In Hollenstedt soll eine neue archäologische Grabung Rückschlüsse auf den Bau der Hammaburg liefern

Hollenstedt. Mitten zwischen Feldern und Wäldern, am Rand der Este gelegen, schlummert ein Schatz, der mehr als tausend Jahre zurück in die Vergangenheit weist. Geht man ein paar Schritte durch einen Wald, öffnet sich eine große runde Rasenfläche, die eingerahmt ist von einem bewachsenen Wall. In der Mitte deuten geflochtene Zäune die Umrisse eines Gebäudes an. Für gewöhnlich herrscht hier idyllische Stille, doch zurzeit wird der Frieden durch viele Menschen gestört, die mit Spaten und Grabungsutensilien an einer Stelle des Walls arbeiten. Es sind Dr. Jochen Brandt von der Abteilung Bodendenkmalpflege des Archäologischen Museums in Harburg und sein Team, die hier die Befestigung genau unter die Lupe nehmen, denn was sich heute nur noch andeutet, war im frühen Mittelalter eine Burg.

Bekannt ist sie unter dem Namen Karlsburg. „Aber wir gehen davon aus, dass Karl der Große nie hier war“, sagt Brandt. Fest steht, daß sich der Frankenkönig im Jahre 804 in Hollenstedt aufgehalten hat – und hier mit slawischen Gesandten und dem dänischen König Göttrik zusammen kam, um politische Verhandlungen zu führen. Bei einer ersten Grabung an der alten Burg zwischen 1968 und 1972 fand man allerdings nicht nur Keramikscherben – vermutlich von Sachsen, die im frühen Mittalter hier siedelten, sondern auch aus der Slawenzeit. Slawen regierten die Region Nordelbien von 808 bis 817 und zahlten dafür Tribute an Karl den Großen. Brandt vermutet sogar, dass die Burg noch etwas jünger ist und aus der Zeit um 880 stammt.

Bei der ersten Grabung Ende der 60er-Jahre stand vor allem die Innenfläche der Burg im Fokus der Forschung. Bei einem Durchmesser von 80 Metern gab es hier genug Platz für ein Landhaus und kleine Wohngebäude. Am Innenrand des Walls fand man damals Scherben, Vorratsgefäße, Mühlsteine und verkohltes Getreide. Vermutlich gab es an dieser Stelle Kasematten, die die Bewohner als Vorratsräume nutzten. „Wahrscheinlich war dieser Ort eine Fluchtburg für die Bauern in der Umgebung“, spekuliert Brandt.

Bei der neuen Grabung konzentrieren sich die Archäologen auf den Ringwall. Bisher haben sie einen Querschnitt an der alten Grabungsstelle von 1968 vorgenommen und untersuchen auch den davorliegenden Graben. Deutlich zu sehen sind die vielen Erdschichten, die sich im Laufe der Jahrhunderte abgelagert haben. Die untersten Bodenzonen weisen verkohlte Holzstückchen auf, dazwischen schimmern dicke Feldsteine durch.

Für die Fachleute ist besonders interessant, wie der Ringwall gebaut wurde. Es gab eine Unterkonstruktion aus Holz, die mit Erdreich aufgefüllt und mit Grassoden und Steinen befestigt wurde. Der Wall war an die vier Meter hoch und acht Meter breit, so das man darauf laufen und nach Feinden Ausschau halten konnte. „Vermutlich wurde die Burg nur 30 bis 40 Jahre genutzt“, spekuliert Brandt. Dass ein Blitzschlag die Anlage in Brand gesetzt hat, glaubt er nicht. Er vermutet, dass die Burg überfallen und angezündet wurde, denn bei der aktuellen Grabung haben die Forscher eine Pfeilspitze und einen menschlichen Oberschenkelknochen gefunden.

Wie genau die Holzkonstruktion aussah, ist auch deshalb so spannend, weil dies Rückschlüsse auf eine viel prominentere Burg zulassen würde: der Hammaburg, Keimzelle Hamburgs. Die Archäologen glauben, dass die Hollenstedter Anlage als Vorbild diente, „Man kannte sich und stand in Kontakt“, erläutert Prof. Dr. Rainer-Maria Weiss, Direktor des Archäologischen Museums. Inzwischen weiß man, daß der zuerst vermutete Standort der Hammaburg nicht am Speersort liegt, sondern ein Stück weiter am Hopfenmarkt. Das Problem: Durch die städtische Besiedelung wurde der Boden immer wieder abgetragen und überbaut. „Der gesamte Wall ist verschwunden. Es existieren nur noch Reste des Ringgrabens. Um so spannender werden die Ergebnisse aus Hollenstedt sein“, sagt Weiss.