Landesbetrieb Erziehung schafft in Harburg zwei Erstversorgungsunterkünfte für minderjährige Asylbewerber

Harburg. Die Freie und Hansestadt Hamburg wird in Harburg zwei zusätzliche Unterkünfte zur Erstversorgung von minderjährigen Flüchtlingen einrichten, die ohne Eltern nach Deutschland gekommen sind und hier ohne Erziehungsberechtigten leben. Vorgesehen sind insgesamt 84 Plätze in dem Gebäude Nöldekestraße 17 und in Leichtbauhäusern auf dem städtischen Gelände Cuxhavener Straße 186-188. Das berichtete der Geschäftsführer des Landesbetriebes Erziehung und Beratung, Klaus-Dieter Müller, am Montagabend im Sozialausschuss der Bezirksversammlung Harburg.

In dem Gebäude Nöldekestraße 17 will der Landesbetrieb Erziehung demnach drei Etagen mieten und insgesamt 36 minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge, wie sie im Behördenjargon genannt werden, betreuen. Voraussichtlich im Frühjahr 2015 soll die Unterkunft in Betrieb gehen.

Auf dem städtischen Gelände Cuxhavener Straße 186-188 sollen 48 minderjährige Flüchtlinge Platz finden. Wie Klaus-Dieter Müller berichtete solle dem Kfz-Handel, der sich noch auf dem Grundstück befindet, gekündigt werden. Vorgesehen ist, die Unterkunft im März 2015 in Betrieb zu nehmen.

In den Unterkünften zur Erstversorgung halte sich die jungen Flüchtlinge in der Regel drei bis fünf Monate auf. Anschließend kommen sie in sogenannten Folgeunterkünften unter, meist bis sie eine Schulausbildung oder eine Ausbildung abgeschlossen haben.

Zurzeit betreibt der Landesbetrieb Erziehung und Beratung Erstversorgungsunterkünfte für minderjährige Flüchtlinge an insgesamt neun Standorten in Hamburg. Davon gibt es bislang noch keinen in Harburg. Dagegen befinden sich bereits dauerhafte Unterkünfte für junge Leute, die ohne Eltern nach Deutschland gekommen sind, an zwei Standorten in Harburg: an der Stader Straße und an der Cuxhavener Straße.

Ähnlich stark wie die Anzahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge steigt, nimmt auch die Anzahl der Minderjährigen zu, die ohne Erziehungsberechtigte ins Land kommen. Habe Hamburg im Jahr 2008 weniger als 20 minderjährige Flüchtlinge ohne Begleitung aufgenommen, so Klaus-Dieter Müller, seien es in diesem Jahr bereits annähernd 400.

Meist sind es 16 bis 17 Jahre alte Jungen, die sich allein nach Deutschland aufmachen und eine Perspektive suchen. Mehr als 90 Prozent der minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlinge, die Hamburg aufnimmt, sind männlich. Die meisten stammen aus nordafrikanischen Staaten, Ägypten, Marokko und Algerien. Knapp ein Viertel von ihnen kommt aus Afghanistan, mehr als ein Fünftel aus Ostafrika. Hier sind es vor allem die in Bürgerkriegen zerrütteten Statten Somalia und Eritrea, aus denen die jungen Männer flüchten.

Nicht wenige junge Flüchtlinge gelten als traumatisiert. Deshalb ist der Personalaufwand in den Erstversorgungsunterkünften hoch. Nach Angaben des Landesbetriebs Erziehung werde in Harburg jeweils ein Sozialpädagoge drei junge Leute betreuen. Mehrere Sozialausschussmitglieder äußern Zweifel, dass sich bei der großen Nachfrage wegen des Flüchtlingsstroms zurzeit überhaupt genügend qualifiziertes Personal für eine Betreuung am Tag und am Abend finden lasse.

Klaus-Dieter Müller räumt ein, dass der Landesbetrieb Erziehung auch auf semi-professionelles Personal setze, etwa Dolmetscher, die Zugang zu den Flüchtlingen gefunden haben. „Wir stellen fast täglich Personal ein“, sagt Klaus-Dieter Müller.

Die Bedenken einiger Bezirkspolitiker, die Sammelunterkünfte mit jungen Flüchtlingen könnten zu Unruhe in der Nachbarschaft führen, teilt Klaus-Dieter Müller nicht: „Wir haben bisher in Hamburg keine Konflikte in der Nachbarschaft gehabt“, sagt er. Tagsüber gingen die in Harburg untergebrachten jungen Leute zur Schule, verteilt in ganz Hamburg. Die allermeisten von ihnen seien wissbegierig und wollten eine Perspektive entwickeln, sagt Müller. Er räumt ein, dass einzelne sich mit Tagesstrukturen schwer täten und eine besondere Betreuung bräuchten.

Brit-Meike Fischer-Pinz (CDU) hält die geplante Unterkunft in der Nöldekestraße für problematisch. Dort, sagt sie, sei ein sozialer Brennpunkt und die jungen Flüchtlinge seien gefährdet, zu Drogen verführt zu werden.