Eine Glosse von Manfred Scholz

Man sollte nicht allzu oft in alten Fotoalben blättern. Es trübt die gute Laune und es kränkt die Eitelkeit – und zwar gewaltig. Was war ich doch früher für ein Wonneproppen! Ein Traumkörper, im Training gestählt, mit den Muskelpartien an den richtigen Stellen. Und heute? Ein Bild des Jammers! Mit den Jahren kamen nämlich die Pfunde – ganz langsam, Gramm für Gramm. Warum, ist mir heute auch klar. Ich bin ein Genussmensch. In fröhlichen Tischrunden greife ich gern zu. Ich mag es deftig. Essen ist für mich pure Sinnlichkeit. Und weil ein gesunder Appetit nicht ohne Folgen bleibt, ist es mir deutlich anzusehen. Dazu hat Schokolade, die in Griffweite liegt, bei mir keine hohe Überlebenschance. Merke: Alles, was im Leben Spaß macht, kostet Geld, ist verboten oder macht rund.

Ich schleppe mich also mit paar Pfunden zu viel durchs Leben. Zurück zum Idealgewicht? So etwas geht nur mit eisernem Verzicht. Diäten? Kann man vergessen! Da werden einem frappierende Erfolge in wenigen Tagen versprochen. Das Erfolgsrezept stammt entweder von Mönchen aus Tibet oder aus den Labors der US-Weltraumbehörde. Kein qualvolles Fasten, keine Hungergefühle beim Abnehmen und kinderleicht zurück zur alten Traumfigur: Die vollmundige Werbung verspricht die schnelle Rückkehr ins Paradies. Alles Papperlapapp!

Trost spendet eine ernst zu nehmende Studie aus Amerika. Wissenschaftler haben nachgewiesen, dass fitte Dicke gesünder sind als schlappe Schlanke. Ihre weitere Feststellung: Menschen mit leichtem bis mittlerem Übergewicht leben länger. Mit dieser Erkenntnis kann ich gut leben. Na dann: Guten Appetit!